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Kalt

Kalt

Titel: Kalt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dean R. Koontz
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worum geht es da? «
    » Darum, diese Nacht zu überleben. «
    » Das kleine Halbe klingt genauso deprimierend wie das große Ganze. «
    » Überhaupt nicht. Wir müssen bloß eine Höhle finden, in der wir uns verkriechen können, um nachzudenken. «
    Die Kellnerin brachte Shepherds Essen.
    Was Dylan bestellt hatte, richtete sich nach dem Geschmack seines Bruders und dem möglichst geringen Schwierigkeitsgrad, das Gericht so anzupassen, dass es Shepherds kulinarischen Bedürfnissen entsprach.
    » Aus Sheps Sicht ist die Form wichtiger als der Geschmack «, erklärte Dylan. » Er mag Quadrate und Rechtecke, Rundes mag er nicht. «
    Im Zentrum des Tellers lagen zwei ovale Scheiben Hackbraten. Mit Sheps Messer und Gabel schnitt Dylan die Ränder ab, sodass Rechtecke entstanden. Nachdem er die Reste auf Sheps Brotteller deponiert hatte, schnitt er beide Scheiben in mundgerechte Quadrate.
    Als er das Besteck ergriffen hatte, war ein Summen spürbar gewesen, aber es war ihm abermals gelungen, es unter die Bewusstseinsschwelle zu drücken.
    Die Pommes frites hatten abgeschrägte statt stumpfe Enden. Rasch schnitt Dylan die Spitzen von jedem knusprigen Kartoffelstück ab, um einfache Rechtecke zu bilden.
    » Shep isst die Spitzen «, erklärte er, während er die kleinen goldbraunen Reste neben die umgeformten Fritten häufte , » aber nur, wenn sie extra sind. «
    Da die Karotten bereits gewürfelt waren, stellten sie kein Problem dar. Hingegen musste Dylan die Erbsen zur Seite schieben, zerdrücken und zu mundgerechten Quadern formen.
    Statt eines Brötchens hatte Dylan Brot bestellt. Die Scheiben waren an drei Kanten gerade, an einer gewölbt. Diese Rundungen schnitt Dylan ab und legte sie zu den Fleischrändern.
    » Glücklicherweise ist die Butter nicht in Form von Röllchen oder Kugeln. « Dylan befreite drei Butterstückchen von ihrer Folie und stellte sie aufrecht neben das Brot. » Fertig. «
    Als Dylan endlich den Teller vor Shepherd schob, legte dieser sein Buch beiseite. Er nahm das Besteck entgegen und aß dann sein geometrisches Mahl mit denselben Scheuklappen, die er trug, wenn er Dickens las.
    » Muss man das jedes Mal machen, wenn er was isst? «, fragte Jilly.
    » Das oder etwas Ähnliches. Manche Gerichte folgen anderen Regeln. «
    » Und was ist, wenn du diesen Zirkus nicht mitmachst? «
    » Für Shep ist das kein Zirkus. Es geht ihm darum … Ordnung ins Chaos zu bringen. Shep hat die Dinge gern ordentlich. «
    » Aber wenn du ihm das Essen einfach vor die Nase stellst und sagst: › Iss! ‹?«
    » Dann rührt er es nicht an «, sagte Dylan.
    » Wenn er hungrig genug ist, schon. «
    » Nein. Mahlzeit um Mahlzeit, Tag für Tag würde er sich davon abwenden, bis sein Blutzucker so weit absinkt, dass er umkippt. «
    Den Blick, den sie ihm nun zuwarf, interpretierte er lieber als Anteilnahme statt als Mitleid. » Du gehst nicht oft mit Frauen aus, was? «
    Er antwortete mit einem Achselzucken.
    » Ich brauche noch ein Bier «, sagte Jilly, als die Kellnern mit Dylans Essen kam.
    » Ich muss noch fahren «, meinte Dylan und lehnte eine zweite Runde ab.
    » Mag sein, aber so, wie du heute gefahren bist, kann ein zweites Bier nur hilfreich sein. «
    Vielleicht hatte sie Recht, vielleicht auch nicht; jedenfalls beschloss Dylan, sich einem untypischen Leichtsinn hinzugeben. » Zwei «, sagte er zur Kellnerin.
    Während Dylan mit anarchischer Missachtung gegenüber der Form und Größe der einzelnen Bissen sein Huhn mit Waffeln verzehrte, sagte Jilly: » Also, nehmen wir mal an, wir fahren ein paar hundert Meilen in Richtung Norden, suchen uns dort einen Schlupfwinkel und denken nach. Worüber denken wir da eigentlich genau nach – außer über die rabenschwarze Tinte, in der wir sitzen? «
    » Sei doch nicht immer so negativ. «
    Jilly fuhr hoch wie von der Tarantel gestochen. » Ich bin nicht negativ. «
    » So guter Dinge wie der Dalai Lama bist du aber auch nicht. «
    » Nur damit du ’ s weißt, als Kind war ich ein Nichts, ein reiner Waschlappen. Schüchtern, zittrig, vom Leben so dünnhäutig geworden, dass ich fast geglaubt hab, ich bin lichtdurchlässig. Ich hätte einer Maus beibringen können, was es heißt, ängstlich zu sein. «
    » Muss lange her sein. «
    » Du hättest keinen einzigen Dollar gegen eine Million gesetzt, dass ich je eine Bühne betrete oder auch nur in einem Chor singe. Aber ich hatte Hoffnung, große Hoffnung, ich hatte den Traum, etwas zu werden, jemand zu werden, diesen

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