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Kalte Fluten

Kalte Fluten

Titel: Kalte Fluten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ralph Westerhoff
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Dann wandte er sich mit einem charmanten Lächeln dem unerwarteten Besuch zu. »Mit wem habe ich das Vergnügen?«
    Wiebke zückte ihren Ausweis. »Kommissarin Wiebke Sollich von der Kripo Rostock«, sagte sie und hielt ihn hoch.
    »Nicht doch«, wehrte er ab. »Sie werden sich doch wohl kaum diese Mühe machen, wenn Sie nicht autorisiert sind.«
    Autorisiert war Wiebke schon. Aber eigentlich nicht zuständig. Zielkow hatte diesen Einsatz außerhalb ihres eigentlichen Zuständigkeitsbereiches auf Bitten des Generals genehmigt. »Ausnahmsweise«, wie er betonte. »Ausnahmsweise.« Eine Bitte des Generalstaatsanwalts wagte nicht einmal Zielkow auszuschlagen.
    »Lassen Sie uns in mein Büro gehen und allein miteinander sprechen.«
    Wiebke folgte ihm. Sie ahnte, was kommen würde. Schließlich hatte sie sich das hier alles ausgedacht. Sie verspürte eine diebische Vorfreude.
    In Kleinerts Büro nahm sie Platz, lehnte, wie in solchen Situationen üblich, die angebotenen Erfrischungen ab und kam zur Sache.
    »Die Polizei und die Staatsanwaltschaft ermitteln gegen Sie und Ihre Firmengruppe aufgrund eines anonymen Hinweises. Dieser Hinweis hat in den letzten Tagen derart viele Indizien für eine verschleppte Insolvenz, Hinterziehung von Steuern und Sozialversicherungsbeiträgen, Betrügereien und all den anderen unschönen Konsequenzen eines niedergehenden Geschäftes ergeben, dass der Richter diesen Durchsuchungsbeschluss unterzeichnete.«
    »Und welcher Staatsanwalt führt die Ermittlungen?«, fragte Kleinert scheinheilig.
    »Oberstaatsanwalt Günter Menn«, sagte Wiebke mit einem unschuldigen Augenaufschlag. »Sie werden ihn gleich kennenlernen, er ist auf dem Weg hierher. Oder kennen Sie ihn bereits?«
    »Natürlich. Wir haben zusammen studiert.«
    »Tatsächlich? Interessant. Ehrlichkeit ist in Ihrer Situation das Beste, was Sie tun können. Herr Menn hat nämlich von Ihrem Beeinflussungsversuch erzählt.«
    »Er hat was?« Panik stand in Kleinerts Augen. Er hatte plötzlich Schweiß auf der Stirn, und sein Puls raste. »Das glaube ich nicht«, sagte er atemlos.
    »Doch«, erwiderte Wiebke äußerlich ruhig und innerlich feixend. »Er hat mir erzählt, dass Sie ihm eine hübsche Stange Geld angeboten haben, damit er die Ermittlungen so gestaltet, dass Sie allenfalls mit dem berühmten blauen Auge davonkommen. Hunderttausend Euro, um genau zu sein.«
    »Wissen Sie, dass Ihr Oberstaatsanwalt ein Arschloch und eine miese kleine Ratte ist?«
    »Werden Sie mal nicht unverschämt«, regte sich Wiebke künstlich auf. »Oberstaatsanwalt Menn ist ein untadeliger Beamter.«
    »Das werden wir ja sehen«, giftete Kleinert. Er stand auf und wollte seinen Tresor öffnen.
    »Stopp!«, befahl Wiebke. »Sie fassen hier gar nichts mehr an.«
    »Dann öffnen Sie doch den Tresor. Sie werden erstaunt sein, was Sie darin finden werden.«
    »Ich werde jetzt erst einmal den Einsatzbefehl geben.«
    »Tun Sie, was Sie nicht lassen können.«
    Wiebke stand auf, ging zur Tür und brüllte laut auf den Gang hinaus: »Kollegen, es geht los.« Dann schloss sie die Tür wieder, blickte Kleinert tief in die Augen und sagte: »Sie dürfen jetzt die Kombination eingeben. Unter meiner Aufsicht.«
    »Sehr wohl.« Er öffnete den Stahlschrank.
    Wiebke blickte auf säuberlich nebeneinanderstehende Leitz-Ordner. »Und was soll ich hier finden?«
    »Nehmen Sie den Ordner, der mit ›Günter‹ beschriftet ist.«
    »Diesen Ordner hier?«, fragte sie unschuldig.
    »Ja, genau den.«
    Wiebke nahm den besagten Ordner heraus, setzte sich auf den Chefsessel und blätterte die Unterlagen durch.
    »Na, da staunen Sie, oder, Frau Kommissarin?«, fragte Kleinert befriedigt. Zwar stand er ganz entgegen seiner Planung am Abgrund, aber er würde Günter mit sich hinabreißen und wenigstens nicht allein scheitern. Es gibt nichts Schlimmeres, als allein zu scheitern.
    »Ich bin ja kein Jurist«, sagte Wiebke. »Aber der Inhalt dieses Ordners berührt mich jetzt nicht sonderlich.«
    »Na, hören Sie mal«, sagte Kleinert aufgeregt. »Wissen Sie eigentlich, was das bedeutet, was da steht?«
    »Was ich hier sehe, ist ein Vertrag aus dem Jahr 1990, mit dem Sie sich für den Gegenwert von dreitausendfünfhundert Mark verpflichten, für unseren heutigen Oberstaatsanwalt Günter Menn Hilfsmittel für die bevorstehenden Klausuren zum zweiten Staatsexamen zu erarbeiten. Außerdem gibt es vergilbte Kopien von mit einer alten Schreibmaschine geschriebenen Zetteln. Ich würde diese als

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