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Kalte Freundschaft

Titel: Kalte Freundschaft Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Simone van Der Vlugt
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Signal einer eingehenden MSN-Nachricht. Nadine dreht sich um. Die Versuchung, einen kurzen Blick darauf zu werfen, ist zu groß.

    Wir sehen uns am Montag! Ruben.
    »Ruben«, sagt Nadine laut. Mit Blick auf den Bildschirm wartet sie, ob von Ruben noch etwas kommt, aber es tut sich nichts mehr.
     
    Es ist Samstagmittag und mit neunundzwanzig Grad drückend warm. Die Bootsterrassen am Nieuwe Rijn sind brechend voll, und in der Fußgängerzone drängen sich die Menschenmassen.
    Nadine streicht sich eine Haarsträhne aus dem erhitzten Gesicht und stellt ihr Rad ab. Trotz des Gewimmels wirkt das sommerlich-bunte Treiben ansteckend.
    Durch eine Seitenstraße erreicht sie die Haarlemmerstraat. Ohne ein bestimmtes Ziel lässt sie sich im Strom der Einkaufsbummler treiben und betritt schließlich eine Boutique. Beim Anblick der Ständer voller farbenfroher Kleider bekommt sie plötzlich Lust, sich etwas zu kaufen, und klappert nacheinander die Modegeschäfte in der Haarlemmerstraat ab.
    Sie hält sich gerade einen Rock an, als hinter ihr eine bekannte Stimme ertönt: »Hallo, Nadine!«
    Sie dreht sich um. »Sigrid! So ein Zufall! Dass du auch in der Stadt bist …«
    »Ein Wahnsinn, bei diesem Wetter! Wir sind wohl nicht ganz bei Trost, was? Aber die Zeiten, als ich mich stundenlang am Strand gesonnt habe, sind vorbei. So viel Aufwand für das bisschen Sonnenbräune! Und an Weihnachten sind wir sowieso alle wieder gleich weiß.«

    »Und haben jede Menge Falten mehr. Ich bin auch vorsichtiger als früher«, sagt Nadine.
    »Du brauchst ja kaum in die Sonne und wirst schon braun, wenn du nur die Nase ins Freie hältst. Ich dagegen mit meiner hellen Haut …« Demonstrativ hält Sigrid ihren nackten Arm an den von Nadine.
    »Tja, das Schicksal der Rothaarigen. Aber so eine makellos helle Haut hat auch was, obwohl heute jeder möglichst braun werden will.«
    »Du sagst es. Was ist, gehen wir was trinken, oder willst du dich hier noch weiter umsehen?«
    »Nein, lass uns in ein Café gehen.« Nadine hängt den Rock zurück. Gemeinsam verlassen sie das Geschäft und gehen die Einkaufsstraße entlang.
    »Marielle sagte, du hast gestern Abend angerufen.«
    »Ich hatte ganz vergessen, dass du freitagabends immer ausgehst. Es gab nichts Besonderes, ich wollte nur fragen, ob du am Wochenende schon was vorhast oder vielleicht Lust hast, mit mir bummeln oder ins Straßencafé zu gehen …«
    Nadine lacht.
    »Tja, das war dann wohl Gedankenübertragung«, stellt Sigrid fest.
    Nach langem Suchen finden sie einen freien Tisch am Wasser, bei »Annie’s« schräg gegenüber der Stadtwaage. Die Gäste beobachten die vorbeifahrenden Boote, und manche füttern die Schwäne, die nahe an die Terrasse heranschwimmen.

    »Jetzt erzähl mal: Was treibt dich bei dieser Bullenhitze in die Stadt?«, fragt Sigrid, als der Kellner Fladenbrote mit Ziegenkäse und Honig sowie Eistee serviert hat.
    »Irgendwie bin ich nervös«, seufzt Nadine. »Mein Buch ist fertig, aber ich traue mich nicht, es an Verlage zu schicken.«
    »Wie? Du bist fertig? Das ist ja fantastisch!« Sigrid zieht ihre Sonnenbrille aus der Tasche und setzt sie auf. »Aber warum traust du dich nicht, es loszuschicken?«
    »Solange man keine Ablehnung bekommen hat, kann man weiterträumen. Schickt man es weg, beginnt die Ungewissheit. Man wartet ungeduldig auf eine Mail, einen Anruf oder die Post … und ist bitter enttäuscht, wenn es wieder nichts wird.«
    »Ich fürchte, da musst du durch, wenn du Erfolg haben willst«, meint Sigrid. »Außerdem hast du doch diesen Schreibkurs besucht. Dadurch verbessert sich deine Chance, bei einem Verlag auf Interesse zu stoßen. Unangenehm ist nur das Warten, bis Antwort kommt.«
    »Vielleicht geht es diesmal ja schneller.« Nadine erzählt von ihrer Begegnung mit Eelco. »Wir haben uns nett unterhalten, und er hat mir seine Visitenkarte gegeben. In der Kneipe wusste ich noch nicht, dass er Verleger ist. Das wurde mir erst klar, als ich mir die Karte heute Morgen genauer angesehen habe.«
    Sigrid späht über den breiten Rand ihrer Sonnenbrille. »Und? Hast du ihn angerufen?«

    »Na klar.« Nadine berichtet von ihrem Gespräch mit Eelco, und Sigrid mustert sie eingehend. »Der Typ scheint dir zu gefallen«, stellt sie fest, als Nadine geendet hat. »Nein, bemüh dich nicht: Leugnen zwecklos - ich seh das!«
    »Was siehst du?«
    »Du strahlst, deine Augen leuchten.« Sigrid lächelt, aber dann wird sie ernst. »Nadine, versprich mir, dass du aufpasst!

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