Kalte Freundschaft
Gassen. Außerdem ist es angenehm ruhig. Hin und wieder esse ich im ›Dartel‹, dem Restaurant da drüben. Es ist nicht groß, aber nett.«
»Dann lass uns reingehen«, sagt Eelco.
Sie setzen sich an einen Fenstertisch mit Blick auf die alten Bäume vor der Kirche.
Die ersten zehn Minuten sind sie mit der Speisenauswahl beschäftigt. Erst nachdem der Kellner ihre Bestellung aufgenommen und die Getränke gebracht hat, sehen sie sich an. Sie prosten sich zu,
dann sagt Eelco unvermittelt: »Ich habe dein Buch gelesen.«
Nadine stellt das Glas Rotwein ab, das sie gerade zum Mund führen wollte. Sie mustert Eelco, versucht, seine Gedanken zu lesen.
Er lässt den Wein im Glas kreisen. »Ich muss sagen …«, beginnt er langsam, »… du hast mich nicht enttäuscht.«
Ist das nun ein Kompliment oder eine verkappte Beleidigung? Anscheinend steht ihr der Zweifel ins Gesicht geschrieben, denn Eelco fährt rasch fort: »Die rund dreißig Manuskripte, die ich wöchentlich bekomme, kann man fast alle vergessen. Und falls mich doch mal eines interessiert, heißt das noch lange nicht, dass wir es auch herausbringen. Es muss ins Programm passen und die Investition wert sein.«
»Und bei meinem Buch ist das nicht der Fall?«
Eelco stellt sein Glas ab und sieht sie ernst an. »Du kannst schreiben, Nadine, aber das weißt du selbst. Du formulierst gut und sorgfältig, und deine Geschichte ist enorm spannend. Das passt also.«
Ihr Herz setzt einen Schlag aus, denn das Aber ist ihm deutlich anzusehen.
»Das Problem ist nur«, fährt er fort, »dass der Roman nicht bei uns ins Programm passt. Ich weiß, das klingt jetzt wie eine Standardabsage, ist aber überhaupt nicht so gemeint. De Boekanier veröffentlicht üblicherweise harte Actiontitel und keine romantisch angehauchten Thriller wie dein Buch.«
Nadine nimmt einen Schluck von ihrem Wein, der
mit einem Mal ein wenig bitter schmeckt. Sie muss sich damit abfinden, durch die vielen Absagen hat sie sich ein dickes Fell zugelegt. Eelco arbeitet schließlich für einen Verlag und nicht für eine Wohltätigkeitsorganisation. Er nennt ihr einen plausiblen Grund für die Absage, ohne um den heißen Brei herumzureden, also was soll’s?
Er mustert sie. »Jetzt bist du enttäuscht, was?«
»Klar bin ich enttäuscht.«
»Dazu besteht kein Grund. Dein Buch ist wirklich gut, Nadine, und ich würde liebend gern einen Vertrag mit dir machen. Aber ich muss ehrlich sein, auch mir gegenüber. Es passt nun mal nicht in das Programm von De Boekanier. Aber romantische Spannungsromane mit einem guten Plot sind derzeit sehr gefragt. Deshalb wird dein Buch bestimmt veröffentlicht.«
»Aber nicht bei De Boekanier.«
»Nein, nicht bei uns.«
Minutenlang bleibt es still. Um das Gesicht zu wahren, greift Nadine nach ihrem Weinglas. Eelco sieht sie schweigend an, anscheinend will er ihr Zeit lassen, die Nachricht zu verdauen.
»Wo dann?«, fragt sie schließlich.
»Darauf wollte ich als Nächstes zu sprechen kommen. Ich kenne ein paar Verlage, zu denen es gut passen würde. Aurora zum Beispiel. Die Verlegerin ist eine gute Bekannte von mir, und ich weiß, dass sie Autoren wie dich sucht. Wärst du damit einverstanden, dass ich ihr dein Manuskript schicke?«
Nadine schöpft wieder Zuversicht - also besteht doch noch Hoffnung!
»Sicher bin ich damit einverstanden. Auf jeden Fall! Wann schickst du es ihr?«
»Ich rufe morgen an und maile ihr dann das Manuskript. Vielleicht kommt sie noch diese Woche dazu, es zu lesen.«
»Du bist ein Schatz. Danke, dass du das für mich tust!«
»Dein Buch ist gut und hat eine Chance verdient. Aber du hast recht, ein Schatz bin ich auch.« Er grinst.
Erst als das Essen kommt, merken sie, wie nah ihre Gesichter sich gekommen sind. Sie müssen sich aufrichten, damit der Kellner die Teller abstellen kann. Als er weg ist, hebt Eelco das Glas.
»Auf einen glücklichen Ausgang!«, sagt er. Nadine stößt mit ihm an: »Auf einen glücklichen Ausgang!«
»Ich kann natürlich für nichts garantieren, aber mein Gefühl sagt, dass es klappt.«
»Warum hast du dich überhaupt für mein Buch interessiert?«, fragt Nadine. »Froukjes und meinen Erzählungen nach wusstest du doch, dass es kein Actionthriller ist.«
»Stimmt«, gibt Eelco zu. »Ehrlich gesagt, habe ich von Anfang an vermutet, dass dein Roman nicht in unser Programm passt.« Nach kurzem Zögern fügt er hinzu: »Aber auch, dass wir beide sehr gut zusammenpassen.«
Ihre Blicke treffen sich, und
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