Kalte Freundschaft
Problem.«
»Hast du entdeckt, dass du noch verheiratet bist?«
»Nein, das ist es nicht. Ich habe dich nie angelogen, Nadine. Mit einer anderen Frau hat das nichts zu tun.«
»Womit dann?«
Sein Blick irrt zum Fenster, wo der Wind Sand vorbeitreibt.
Allmählich verliert Nadine die Geduld. Wie lange will er sie noch auf die Folter spannen? Erwartet er etwa, dass sie die Initiative ergreift?
»Nadine, ich …« Er bricht wieder ab, den Blick aufs aufgewühlte Meer gerichtet. Seine Hände liegen, zu Fäusten geballt, auf dem Tisch.
»Nun sag schon!« Ihr Tonfall ist ungewollt scharf. Zum ersten Mal sieht er ihr direkt ins Gesicht. »Ich liebe dich.«
Mit allem hat sie gerechnet, aber damit nicht. Erleichtert seufzt sie auf und will nach seiner Hand greifen, aber sein Blick lässt sie zögern.
»Das ist die gute Nachricht, nehme ich an«, sagt sie. »Und die schlechte?«
Seine Züge verhärten sich. »Wir können trotzdem nicht mehr zusammen sein.« Sie merkt, dass es ihm ernst ist und zugleich ungeheuer schwerfällt, diesen Satz zu sagen.
»Und warum nicht?«, fragt sie mit äußerster Selbstbeherrschung.
»Das kann ich dir nicht sagen. Es tut mir furchtbar leid, Nadine, aber zwischen uns ist es aus.«
Jedes weitere Wort scheint überflüssig, denn er geht sichtbar auf Distanz - lehnt sich mit verschränkten Armen zurück, verzieht den Mund zu einem schmalen Strich.
Nadine will es nicht wahrhaben, kann nicht fassen, was er da soeben gesagt hat. Dass er sie liebt und trotzdem Schluss machen will! Am liebsten würde sie ihn anflehen, bei ihr zu bleiben, doch sie weiß, dass es keinen Sinn hat. Außerdem wäre es unter ihrer Würde.
Also lehnt sie sich ebenfalls zurück. »Das war’s dann wohl«, sagt sie leise.
Er nickt, tiefe Verzweiflung im Blick.
Nadine steht auf. Ein kurzes Zögern …
Eelco hat das Gesicht zum Fenster gewandt, schaut auf die windgepeitschten Wellen.
Sie zieht die Jacke an, knöpft sie zu und schultert die Umhängetasche.
Keine Reaktion.
Grußlos verlässt sie das Café. Als sie draußen vorbeigeht, sieht sie ihn am Fenster sitzen, das Gesicht in den Händen vergraben.
31
Nadine versucht, Eelco aus ihren Gedanken zu verbannen, so als hätte er nie eine Rolle in ihrem Leben gespielt. Aber der Schmerz bleibt, lässt sie die Welt wie durch einen grauen Schleier wahrnehmen.
Den ersten Weihnachtstag verbringt sie mit Marielle bei ihren Eltern, am zweiten kommt Sigrid zu Besuch.
»Hab ich einfach nur Pech, oder liegt es vielleicht doch an mir, dass keine Beziehung hält?«, fragt Nadine, als sie am Abend bei einem Glas Wein zusammensitzen.
»Du hast ein besonderes Talent, immer wieder an den Falschen zu geraten«, meint Sigrid. »Auf den ersten Blick hat Eelco sehr nett gewirkt, aber letztlich war das wohl ein Irrtum. Mir geht es im Grunde nicht viel anders. Mit dem einzigen Unterschied, dass mir nicht unbedingt an einer festen Beziehung gelegen ist. Im Gegenteil: Ich mag es lieber unverbindlich.«
»Aber doch nicht auf Dauer, man kann doch nicht das ganze Leben …«
»Warum nicht? Bisher habe ich jedenfalls noch
keinen Mann getroffen, für den ich meine Freiheit aufgeben würde. Mir geht es sehr gut als Single. Ich kann tun und lassen, was ich will, habe eine schöne Wohnung und nette Freunde, die Arbeit macht Spaß … Warum sollte ich all das wegen eines Mannes aufgeben?«
»Das brauchst du doch gar nicht.«
»Aber sicher! Wenn man eine feste Beziehung hat, will man mit dem Mann zusammenleben. Und damit fängt der Ärger an. Er will keine Blümchentapeten, sondern überall weiße Raufaser und statt einer hellen Sitzgarnitur schwarze Ledersessel im Wohnzimmer. Du hättest es gern ländlich-verspielt, er sachlich-modern. Also lässt du dich auf Kompromisse ein, mit denen du im Grunde unglücklich bist. Das Gleiche gilt für die Freizeitgestaltung: Er will sich am Samstagabend das Fußballspiel im Fernsehen anschauen, du möchtest lieber ausgehen. Und welcher Mann mag es schon, wenn seine Frau am Wochenende ohne ihn um die Häuser zieht? Umgekehrt ist das schon eher akzeptabel. Bis jetzt hat jedenfalls noch jeder Mann versucht, mich einzuschränken. Und darauf habe ich schlichtweg keine Lust. In einer Beziehung bestimme ich, wie es läuft.«
»Und zwar?«
»Jeder darf und soll nach seiner Fasson glücklich werden. Kein Mann ist es wert, dass ich mich unterordne und kompromisslos an ihn binde.«
»Ich hätte mich gern an Eelco gebunden.« Nadine stützt den Ellbogen auf
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