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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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Ansicht. »Ich habe bei Google einen Artikel gefunden: Demnach hat Herzberg seine Praxis vor ein paar Monaten schließen müssen. Es gab wiederholt Beschwerden seiner Patienten. Alkohol war im Spiel. Irgendwann hat die Ärztekammer einen Riegel vorgeschoben.«
    »Laut Polizeicomputer sind seine Eltern gestorben. Seine Schwester Christina Ângelo lebt in Barcelona«, ergänzte Gesing. »Verheiratet ist er seit drei Jahren mit Tania Herzberg, der Journalistin. Sie hat ihn ein Mal wegen häuslicher Gewalt angezeigt. Allerdings wurde die Anzeige wieder zurückgezogen.«
    »Sie hat ihn vor etwa sechs Monaten vor die Tür gesetzt«, sagte Babicz. »Das hat er offenbar nicht verkraftet.«
    »Hat er sie bedroht?«
    »Mehrmals. Nach dem, was sie mir erzählt hat, scheint es sich um einen eindeutigen Fall von Stalking zu handeln.«
    »Kommt mir bekannt vor«, murmelte Gesing.
    »Entschuldigung?« Der Psychologe sah ihn irritiert an.
    Gesing schilderte in wenigen Worten den Fall Adile Gökcan.
    »Es gibt allerdings einen Unterschied«, bemerkte Babicz. »Im Fall Lahnstein war nicht die Ehefrau das Opfer, sondern ein alter Bekannter von ihr. Frank Lahnstein ist nämlich …«
    »Ja, ein ehemaliger Mitschüler von Frau Herzberg. Das haben wir inzwischen auch herausgefunden«, erklärte Gesing. »Sie sind zusammen aufs Gymnasium gegangen. Jetzt fragen wir uns natürlich: Haben die beiden sich in jüngster Zeit getroffen?«
    »Nach Aussage von Frau Herzberg nicht«, sagte Babicz. »Sie hat jetzt übrigens einen neuen Freund.«
    »Aber sie hält es für möglich, dass ihr Mann den Mord begangen hat?«
    »Sie wollte es nicht ausschließen, aber es ergibt keinen Sinn für sie.«
    »Und was glauben Sie, Dr. Babicz?«, erkundigte sich Sera.
    »Das fragen ausgerechnet Sie mich?« Babicz deutete ein Lächeln an. »Also erst einmal: In den Augen eines Mörders macht die Tat immer einen Sinn, so unsinnig sie für Außenstehende auch erscheinen mag.«
    »Klingt wie aus einem Psychologie-Lehrbuch.«
    »Ist es auch.«
    »Und was ist Ihre persönliche Erfahrung?«
    »Ralf Herzberg passt in das Täterprofil: Darf ich Sie an das erinnern, was ich Ihnen heute Morgen während der Konferenz erklärt habe? Die Motive des Täters scheinen Wut und Rache zu sein. Er möchte mit seinen Taten Macht demonstrieren. Und genau das ist auch das Ziel eines Stalkers: Er möchte Macht und Kontrolle über sein Opfer erlangen. Außerdem … Nach Angaben seiner Frau ist Ralf Herzberg einen Meter sechsundachtzig groß und trägt Schuhgröße zweiundvierzig –das deckt sich mit den Spuren, die die Kriminaltechniker am Fundort der Leiche vorfanden. In der Summe machen ihn diese Fakten zumindest verdächtig.«
    Sie parkten vor einem grauen Haus unweit der S-Bahn-Station Hohenzollerndamm. Die Lampe über der Tür war defekt, die Klingelschilder mehrfach überklebt, der Name Herzberg nur schlecht zu lesen. Auf ihr Läuten hin öffnete niemand. Gesing versuchte es bei den Nachbarn.
    »Ja?«, hustete es aus dem Lautsprecher.
    »Polizei. Würden Sie bitte aufmachen?«
    »Endlich kommt mal jemand«, schimpfte die heisere Stimme.
    In der zweiten Etage empfing sie eine gebrechliche alte Frau mit schiefer Nase, löchrigem Gebiss, lilafarbener Küchenschürze und ungepflegten Gamaschen. »Ich habe mich schon so oft über den Müll beschwert.«
    Im Flur stapelten sich Pappkisten. Aus einem der Kartons quollen Kleidungsstücke, neben einem anderen ringelten sich Maden. Gesing streifte sich Handschuhe über und klappte die Kiste auf. In zerbrochenen Konservengläsern hatte sich eine regelrechte Kolonie von Insektenlarven häuslich eingerichtet.
    »Und das gehört Herrn Herzberg?«, fragte Sera.
    »Können Sie nicht lesen?«, wetterte die Frau. »Steht doch da an der Tür … Herzberg ! Der wohnt schon ein halbes Jahr hier, aber glauben Sie, der würde vielleicht mal den Müll wegräumen?«
    »Bei wem haben Sie sich beschwert?«
    »Na, bei der Hausverwaltung. Aber die interessiert sich ja für nichts. Was glauben die denn? Nur weil das Sozialwohnungen sind, brauchen sie sich nicht kümmern und …«
    »Kennen Sie Herrn Herzberg?«, warf Babicz ein.
    »Nee, ich habe ihn nur ein paarmal gesehen. Aber wissen Sie was? Ich bin ganz froh darüber. Er hat mir Angst gemacht …« Sie trat näher an die Beamten heran. »Kann gut verstehen, dass ihn seine Frau vor die Tür gesetzt hat.«
    »Er hat von seiner Frau gesprochen?«
    »Er hat sie mal erwähnt. War nicht gut auf sie zu

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