Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
Vom Netzwerk:
uns verständigen.«
    Gesing nahm sein Handy und rief Blundermann an, während Sera von außen das Haus von Amiel Gökcan inspizierte. In keinem der Zimmer brannte Licht. Sie drückte die Klingel, hatte aber wenig Hoffnung, dass jemand öffnete.
    »Sera?« Gesing reichte ihr sein Mobiltelefon. »David für dich.«
    »Mag er lieber mit mir reden?«
    »Bild dir bloß nichts ein.«
    »Zofft ihr euch mal wieder?«, drang es aus dem Handy. Es klang nicht sonderlich besorgt.
    Als Blundermann vor zwei Jahren zur Mordkommission gestoßen war, hatte er sich die ersten Wochen entsetzt gezeigt über die ständigen Sticheleien zwischen Sera und Gesing. Für Uneingeweihte klang es tatsächlich so, als seien sie sich spinnefeind. Doch der Eindruck täuschte. Gesing war zwar ab und zu schwer von Begriff – einige im Dezernat bezeichneten ihn als phlegmatisch –, aber er war aufrichtig, was Sera an ihm am meisten schätzte. Außerdem besaß er Humor, und so konnten sie untereinander Bissigkeiten austauschen, die ihnen halfen, den Widrigkeiten ihres Berufs zu trotzen.
    Nach einer Weile hatte auch Blundermann das erkannt. Er selbst war der Handwerker unter ihnen. Sein Ding waren Recherchen, Vernehmungen, Befragungen und deren Koordination. Manchmal reichte schon seine hünenhafte George-Clooney-Erscheinung, um Leute zum Reden zu bringen.
    »Ich habe Eva Fischers Aussage überprüft«, sagte er. »Tatsächlich wurde in den vergangenen drei Wochen mehrfach eine Streife in die Blücherstraße gerufen, nicht nur von Frau Fischer, sondern auch von anderen Hausbewohnern, die besorgt waren. Amiel Gökcan hat seine Ehefrau wiederholt belästigt, einige Nachbarn bezeugen sogar, dass er sie unverblümt bedroht hat. Frau Gökcan hat Anzeige gegen ihn erstattet, aber …«
    »Ich weiß, so etwas dauert.«
    »Und? Ist Gökcan zu Hause?«
    Sera spähte durch die Fenster im Erdgeschoss. Viel war in der hereinbrechenden Dunkelheit nicht zu erkennen. Der Esstisch war nicht abgeräumt, eine Blumenvase lag am Boden, der Teppich schlug Falten. Es herrschte kein Chaos, aber jemand schien es ziemlich eilig gehabt zu haben.
    »Habt ihr was in den Bäckereien erreicht?«, fragte Sera.
    »Ich habe Beamte in die Läden zur Mitarbeiterbefragung geschickt. Aber auch dort weiß niemand, wo Gökcan steckt.«
    »Dann schreiben wir ihn zur Fahndung aus. Kümmer dich um ein Bild von ihm, schick es an die Presse raus, und«, Seras iPhone klingelte, »und sorge bitte auch dafür, dass sein Haus observiert wird.« Sie warf Gesing sein Handy zu und presste schnell ihr eigenes ans Ohr. »Ja, bitte?«
    »Weißt du, worauf ich noch mehr Lust hätte?«
    Sera machte einen Satz über eine Pfütze. »Nicht jetzt!«
    »Wieso? Ist deine Familie immer noch da?«
    »Ich bin nicht mehr da.«
    »Was heißt das? Wo steckst du?«
    »Wo wohl?« Sie ließ sich auf den Beifahrersitz fallen.
    »Aber heute ist dein freier Tag«, bemerkte Gerry.
    Danke, dass du mich daran erinnerst. »Glaubst du, die Verbrecher in Berlin kümmert das?«
    »Also sehen wir uns heute nicht mehr?«
    »Lass uns später reden.« Sie beendete das Gespräch und schlug die Tür zu.
    Gesing startete den Wagen. »Dein Freund?«
    »Nein.« Sera nagte an ihrer Unterlippe. Sie hasste es, wenn sie das tat, es war ein untrügliches Zeichen ihrer Nervosität.
    »Also, um noch mal auf deine Mutter zurückzukommen«, begann Gesing wieder.
    Sera drückte sich tiefer in den Sitz.
    »Was ich heute Mittag schon sagen wollte: Ich hatte den Eindruck, deine Mutter dachte, ich sei dein Freund.«
    »Schon möglich.«
    »Aber wie kommt sie denn darauf? Das ist ja … Also nein!«
    Sera fragte sich, ob ihre Mutter das Schauspiel am Morgen in der Küche, nach dem Anruf von Gerry, nicht doch durchschaut hatte. Manchmal glaubte sie, dass Annecim etwas ahnte. Nichts Genaues zwar, aber so ein Gefühl … Sagt man nicht, Mütter hätten eine Antenne dafür? Falls ja, war Sera ihr sehr dankbar dafür, dass Annecim bisher kein Wort darüber verloren hatte.
    »Obwohl«, kicherte Gesing, »wenn ich mir das so vorstelle, du und ich …«
    »Träum weiter!«

14
    Tania hatte den Bericht fast fertig geschrieben, als sich unvermittelt eine Hand auf ihre Schulter legte.
    »Ich soll dir das hier geben. Ist gerade reingekommen.« Karrenbacher reichte ihr ein Fax.
    Ohne ihn weiter zu beachten, überflog Tania das Schreiben. Es war eine Agenturmeldung zur Stellungnahme der Deutschen Bahn zum S-Bahn-Chaos. Der zufolge hatte das Unternehmen deshalb

Weitere Kostenlose Bücher