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Kalte Haut

Kalte Haut

Titel: Kalte Haut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcel Feige
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schluckte schwer, »vorhin schon meinen Bruder angerufen.«
    »Ist er auf dem Weg zu Ihnen?«
    Ihre Antwort war nicht zu verstehen, da sie gleichzeitig sprach und sich in ein Taschentuch schnäuzte. Ihre Augen fielen auf das Foto der Freundin und bekamen einen verträumten, entrückten Glanz. Dann wurde ihr Blick wieder klar. Abrupt zerknüllte sie das Tuch und schleuderte es in den Mülleimer. »Sie wollte doch nur ihre Ruhe haben.«
    »Adile hat sich vor drei Wochen von ihrem Mann getrennt?«
    »Ja, endlich … viel zu spät. Diese Ehe war doch sowieso eine Schnapsidee – von Anfang an. Adile hat Amiel in der Disko kennengelernt. Sie war ziemlich verschossen in ihn. Klar, er ließ ja auch den Charmeur raushängen. Als er dann Adile fragte, ob sie ihn heiraten würde, hat sie sofort eingewilligt. Ich habe sie gewarnt; und nicht nur ich, auch ihre Geschwister und sogar ihre Eltern, die sehr aufgeschlossene Türken sind, haben ihr abgeraten. Auch wenn das nicht jedem in der Familie gefallen hat, vor allem nicht der Verwandtschaft der Mutter …«
    »Zum Beispiel den Alpzomans, dem Großonkel Osman und seiner Frau Fatma«, sagte Gesing. »Wir haben sie gerade kennengelernt.«
    »Ja, sie kommen mit dem modernen Lebenswandel der Verwandtschaft nicht zurecht. Aber Adiles Vater ist davon unbeeindruckt geblieben. Er hat immer gesagt, seine Töchter sollen selbst herausfinden, welchen Weg sie im Leben gehen wollen. Adile wollte studieren, Lehrerin werden und …«
    Eva ging zum Kühlschrank, entnahm ihm eine Dose Cola light .
    »Als ich sie warnte, hat sie gelacht, wirklich, sie hat gelacht. Sie meinte sogar, ich sei nur eifersüchtig, weil Amiel doch so nett, gut aussehend und betucht ist. Sein Vater ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, betreibt Bäckereien und so eine Teestube. Aber Amiel? Amiel ist doch nur ein Blender. Der hat nichts aus eigener Kraft geschafft, stattdessen hat er im Knast gesessen. Irgendwas mit einem Wettbetrug. Aber Adile war so verliebt, sie wollte nichts davon hören. Sie sagte, Amiel habe nichts mehr damit am Hut, er habe sich gebessert.«
    Sie schnaubte abfällig. »Er half in den Bäckereien seines Vaters aus. Da konnte er den großen Zampano raushängen lassen, der Juniorchef.« Zischend öffnete sie die Getränkedose und sah dann die Beamten an. »Entschuldigung, möchten Sie auch?«
    Sera und Gesing verneinten dankend.
    Nachdenklich betrachtete Eva die Cola. Ohne einen Schluck genommen zu haben, erklärte sie: »Schon bald nach der Hochzeit begann er Adile zu drangsalieren. Zuerst ging es ums Weggehen. Er wollte nicht mehr, dass sie die Disko besucht. Er behauptete, das würde sich für seine Ehefrau nicht schicken.«
    Eva lachte, aber in ihrem Gesicht spiegelte sich keine Freude.
    »Dass er sie in der Disko kennengelernt hatte, spielte plötzlich keine Rolle mehr für ihn. Er selbst ging natürlich weiter aus, wann und wohin es ihm passte. Später machte er ihr Vorschriften, was ihre Kleidung betraf, das Studium und die Arbeit, Freunde und Freundinnen, Zukunftspläne. Von Monat zu Monat wurde es schlimmer. Er wollte auch nicht, dass sie mich weiterhin trifft. Ich hätte einen schlechten Einfluss auf sie. Ich als Deutsche. Also haben wir uns nur noch heimlich gesehen. Wenn er dahinterkam, hat er sie geschlagen. Auch wegen anderer Sachen, die ihm nicht an ihr passten.« Sie knirschte mit den Zähnen. »Es hat lange gedauert, aber vor drei Wochen hat sie ihn endlich verlassen.«
    Gesing beugte sich vor. »Wie hat er reagiert?«
    »Er hat sie angerufen, manchmal fünfzig Mal am Tag. Er hat ihr E-Mails geschickt, bis ihr Postfach voll war. Er hat ihr aufgelauert, und …«, sie hielt inne, fuhr mit den Händen nervös über ihre Jeans, »und dann hat er die Sache mit Basti herausgefunden.«
    »Ist das Basti?« Sera tippte auf den kräftigen, hellhäutigen jungen Mann hinter Adile auf dem Foto.
    »Ja, das ist Sebastian, mein Bruder.« Evas Finger schabten noch schneller über ihre Hose. »Ich glaube, ich allein hätte Adile niemals die Kraft geben können, die sie brauchte, um diesen Scheißkerl zu verlassen. Aber Basti …« Sie machte eine Pause, rang mit sich, ob sie die ganze Wahrheit erzählen sollte, dann krallte sie die Finger in die Jeans. »Die beiden hatten sich verliebt. Eigentlich sollte niemand davon erfahren. Deshalb ist Adile ja auch erst einmal zu mir gezogen. Aber als ihr Mann dahinterkam … Erst die Trennung, dann auch noch ein deutscher Freund. Da sind bei ihm alle

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