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Kalte Herzen

Kalte Herzen

Titel: Kalte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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wollte und es nicht gekonnt hatte.
    Sie dachte vor allem an Pete, der immer zehn Jahre alt sein würde.
    Victor Voss war im Begriff zu gewinnen. Er hatte gedroht, sie zu vernichten, und genau das würde er tun.
    Wehr dich! Sie mußte sich endlich wehren. Nur daß sie nicht wußte, wie. Sie war nicht clever genug. Der Brief brannte wie Säure in ihrer Hand. Sie überlegte und überlegte, wie sie Voss aufhalten konnte, doch sie hatte nichts, womit sie zurückschlagen konnte, abgesehen von der Tatsache, daß er sie in der chirurgischen Intensivstation zu Boden gestoßen hatte.
    Wehr dich. Du mußt dir etwas einfallen lassen! Der Pieper meldete sich. Es war ein Anruf aus der Chirurgie, und sie war absolut nicht in der Stimmung für Telefonate. Sie griff nach dem Telefon und tippte wütend die Nummer ein.
    »DiMatteo«, fauchte sie.
    »Doktor, wir haben ein Problem mit Mary Aliens Nichte.«
    »Was ist denn?«
    »Wir versuchen, Mary ihre Vier-Uhr-Dosis Morphium zu verabreichen, aber Brenda läßt uns nicht. Vielleicht könnten Sie –«
    »Bin schon unterwegs.« Abby knallte den Hörer auf die Gabel.
    Verdammte Brenda, dachte sie und stopfte den Brief in die Tasche. Sie nahm das Treppenhaus und rannte die beiden Stockwerke nach unten. Als sie die Station erreichte, atmete sie schwer, nicht aus Erschöpfung, sondern aus Wut. Sie marschierte direkt in Mary Aliens Zimmer.
    Drinnen redeten zwei Schwestern mit Brenda. Mary Allen lag wach im Bett, doch sie wirkte zu schwach und schien unter zu großen Schmerzen zu leiden, um etwas zu sagen.
    »Sie ist schon benebelt genug«, sagte Brenda gerade. »Sehen Sie sie an. Sie kann nicht mal mit mir reden.«
    »Vielleicht will sie nicht mit Ihnen reden«, erklärte Abby.
    Die Schwestern drehten sich erleichtert zu ihr um. Die Stimme der Autorität war eingetroffen.
    »Bitte verlassen Sie das Zimmer, Miss Hainey«, sagte Abby.
    »Das Morphium ist nicht notwendig.«
    »Das bestimme ich. Jetzt verlassen Sie das Zimmer.«
    »Sie hat nicht mehr viel Zeit. Sie braucht all ihre Kräfte.«
    »Wozu?«
    »Um den Herrn ganz anzunehmen. Wenn sie stirbt, ohne ihn angenommen zu haben –«
    Abby streckte die Hand aus und sagte: »Geben Sie mir das Morphium. Ich werde es selbst verabreichen.«
    Die Schwester gab es ihr. Als sie mit der Spritze in der Hand auf den Katheter zutrat, sah sie, wie Mary Allen schwach, aber dankbar nickte.
    »Wenn Sie ihr dieses Rauschgift geben, werde ich einen Anwalt verständigen«, sagte Brenda.
    »Tun Sie das«, erwiderte Abby und stach die Nadel in den Beutel. Sie wollte den Kolben gerade herunterdrücken, als Brenda vorstürzte und den Katheter aus dem Arm ihrer Tante riß. Blut tropfte zu Boden. Es waren diese hellroten Tropfen auf dem Linoleum, die Abby den Rest gaben.
    Eine Schwester tupfte Marys Arm mit Mull ab. Abby drehte sich zu Brenda um und wiederholte: »Verlassen Sie das Zimmer.«
    »Sie haben mir keine andere Wahl gelassen, Doktor.«
    »Raus!«
    Brenda riß die Augen auf und wich ein paar Schritte zurück.
    »Wollen Sie, daß ich den Sicherheitsdienst rufe, um Sie rauswerfen zu lassen?« Abby brüllte jetzt und kam auf Brenda zu, die Schritt für Schritt in den Flur zurückwich. »Ich möchte nicht, daß Sie in die Nähe meiner Patientin kommen! Ich will nicht, daß Sie sie mit Ihrem Bibelquatsch belästigen!«
    »Ich bin ihre Verwandte!«
    »Es ist mir vollkommen egal, wer Sie sind!«
    Brendas Unterkiefer klappte nach unten. Ohne ein weiteres Wort drehte sie sich um und ging weg.
    »Dr. DiMatteo, kann ich Sie kurz sprechen?«
    Abby drehte sich um und sah die leitende Oberschwester Georgina Speer hinter sich stehen.
    »Das war ganz und gar unangemessen, Dr. DiMatteo! So reden wir nicht in der Öffentlichkeit.«
    »Sie hat meiner Patientin gerade den Katheter aus dem Arm gerissen!«
    »Es gibt bessere Möglichkeiten, mit so etwas umzugehen.
    Rufen Sie den Sicherheitsdienst. Rufen Sie sonst jemanden zur Hilfe. Beleidigungen sind jedenfalls nicht die Art dieses Krankenhauses. Haben Sie mich verstanden?«
    Abby atmete tief ein. »Ich habe verstanden«, sagte sie und fügte flüsternd hinzu: »Es tut mir leid.«
    Nachdem sie Mary Aliens Infusion wieder in Gang gebracht hatte, zog Abby sich in den Bereitschaftsraum zurück und lag teilnahmslos auf dem Bett. Sie starrte zur Decke und fragte sich, was mit ihr los war.
    Sie hatte noch nie zuvor so die Kontrolle verloren. Sie war bisher niemals kurz davor gewesen, einen Patienten oder Verwandten anzuschreien. Ich

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