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Kalte Herzen

Kalte Herzen

Titel: Kalte Herzen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tess Gerritsen
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Vivian Chaos magische Hände besitzen würde.
    Als sie jetzt zusah, wie Vivian Karen Terrio untersuchte, fand sie die Effizienz dieser Hände zutiefst erschreckend.
    »Keine Reaktion auf Schmerzreize«, bemerkte Vivian.
    »Es ist noch zu früh.«
    »Vielleicht, vielleicht auch nicht.« Vivian zog einen Reflexhammer aus der Tasche und begann, die Sehnen abzuklopfen. »Sie ist AB positiv?«
    »Ja.«
    »Ein Glücksfall.«
    »Ich verstehe nicht, wie Sie so etwas sagen können!«
    »Mein Patient auf der Intensivstation ist AB positiv. Und er wartet seit einem Jahr auf ein Herz. Dies ist das passendste, was bisher eingegangen ist.«
    Abby sah Karen Terrio an und erinnerte sich wieder an die blau-weiße Bluse. Was hatte die Frau gedacht, als sie sie zum letzten Mal zugeknöpft hatte? Vielleicht ganz profane Gedanken. Bestimmt keine Gedanken an den Tod oder Gedanken an ein Krankenhausbett, Infusionsschläuche oder Maschinen, die Luft in ihre Lungen pumpten.
    »Ich würde gern eine lymphozytäre Kreuzprobe machen lassen, um sicher zu sein, daß beide Patienten kompatibel sind.
    Wir sollten auch eine Typisierung für die anderen Organe veranlassen. Ein EEG wurde schon gemacht, oder nicht?«
    »Sie ist nicht mehr meine Patientin«, wiederholte Abby. »Und ich halte es ohnehin für verfrüht. Bis jetzt hat noch nicht einmal jemand mit ihrem Mann geredet.«
    »Irgend jemand wird es tun müssen.«
    »Sie hat Kinder. Die werden Zeit brauchen, bis sie die grausame Realität wirklich begriffen haben.«
    »Die Organe haben nicht viel Zeit.«
    »Ich weiß. Ich weiß, daß es geschehen muß. Aber wir sind jetzt, wie gesagt, erst zehn Stunden nach der Operation.«
    Vivian ging zum Waschbecken, um sich die Hände abzuspülen.
    »Sie erwarten doch nicht ernsthaft ein Wunder, oder?«
    Eine Schwester der chirurgischen Intensivstation tauchte neben dem Bett auf. »Ihr Mann und ihre Kinder sind da. Sie warten darauf, sie zu sehen. Brauchen Sie noch lange?«
    »Ich bin fertig«, erklärte Vivian, warf das zerknüllte Papierhandtuch in den Mülleimer und verließ den Raum.
    »Kann ich sie reinschicken?« fragte die Schwester Abby.
    Abby sah Karen Terrio an. In diesem Augenblick begriff sie mit geradezu schmerzhafter Deutlichkeit, was ein Kind sehen mußte, wenn es auf dieses Bett blickte. »Warten Sie«, sagte Abby. »Noch nicht.« Sie trat rasch an das Bett und strich die Laken glatt. Sie befeuchtete ein Papierhandtuch und wischte den getrockneten Schleim von der Wange der Frau. Und sie hängte den Urinbeutel auf die andere Seite des Bettes, wo man ihn nicht sehen konnte. Dann trat sie einen Schritt zurück und warf einen letzten Blick auf Karren Terrio. Ihr wurde klar, daß weder sie noch sonst jemand irgend etwas tun konnte, was den Schmerz, der diesen Kindern bevorstand, lindern konnte.
    Abby seufzte und nickte der Krankenschwester zu. »Sie können jetzt reinkommen.«
    Um halb fünf an diesem Nachmittag konnte Abby sich kaum noch darauf konzentrieren, was sie schrieb. Sie hatte jetzt seit dreiunddreißigeinhalb Stunden Bereitschaft. Die Nachmittagsvisite war erledigt, es war endlich Zeit, nach Hause zu gehen.
    Doch als sie die letzte Krankenakte zuklappte, wanderte ihr Blick wieder zum Bett elf. Sie trat an das Fußende des Bettes, starrte wie benommen auf Karen Terrio und überlegte verzweifelt, ob nicht noch etwas, irgendwas getan werden konnte.
    Die Schritte in ihrem Rücken hörte sie nicht. Erst als eine Stimme sagte: »Hallo, schöne Frau«, drehte Abby sich um und sah Dr. Mark Hodell, der sie mit seinen blauen Augen strahlend anlächelte. Es war ein Lächeln, das allein Abby galt, und sie hatte es den ganzen Tag über schmerzlich vermißt. An den meisten Tagen schafften es Abby und Mark, eilig zusammen Mittag zu essen oder sich zumindest im Vorübergehen zuzuwinken. Heute jedoch waren sie sich noch gar nicht begegnet, und sein Anblick erfüllte sie mit stiller Freude.
    Er beugte sich herab, um sie zu küssen. Dann trat er einen Schritt zurück und musterte ihr zerzaustes Haar und ihren OP-Anzug. »Muß eine üble Nacht gewesen sein«, murmelte er mitfühlend. »Wieviel hast du geschlafen?«
    »Ich weiß nicht, eine halbe Stunde vielleicht.«
    »Ich habe läuten hören, daß du mit dem General über fünfzehn Runden gegangen bist.«
    Sie zuckte die Schultern. »Sagen wir, er hat mit mir nicht den Boden gewischt.«
    »Das ist schon ein Triumph.«
    Sie lächelte. Ihr Blick wanderte wieder zum Bett, und ihr Lächeln verblaßte. Karen

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