Kalte Schulter, Heißes Herz
Begehrens aus, was er äußerst anregend fand. Er hielt sie für einen unerträglichen Snob, aber in dieser Hinsicht hatte er ihr einiges voraus. Sie war in Bezug auf ihre Libido eine kleine Lügnerin, aber damit würde sie bei ihm nicht weit kommen …
Nachdem er Anita mit einer Floskel abgefertigt hatte, wandte er sich ganz Flavia zu. „Wenn Abende wie heute Ihren Geschmack nicht ganz treffen, wie verbringen Sie dann Ihre freie Zeit? Partys? Klubs?“
Absichtlich hatte er zwei Beispiele ausgewählt, die sie ganz bestimmt ebenfalls ablehnte. Er konnte sehen, wie es in ihrem Kopf arbeitete, während sie sich eine Antwort überlegte.
Ungefragt sprang der alte Lassiter für seine Tochter ein. „Oh, Flavia ist eine wahre Kulturliebhaberin“, erklärte er voller Stolz. „Wenn sie ein Stück von Shakespeare sehen kann, vergisst sie alles um sich herum.“
Überrascht zog Leon die Augenbrauen hoch. „Ach, ehrlich? Und haben Sie schon die laufende West-End-Produktion von Hamlet gesehen?“, fragte er Flavia.
„Nein.“ Ihre Kehle war staubtrocken, und sie räusperte sich leise.
„Dann würde ich Sie liebend gern dorthin ausführen“, bot Leon strahlend an.
„Mir gefällt der Hauptdarsteller nicht besonders“, kam es von ihr wie aus der Pistole geschossen.
„Im National läuft auch Was Ihr Wollt “, konterte Leon blitzschnell. So leicht gab er sich nicht geschlagen.
Übertrieben gelangweilt sah Flavia ihn an. „Bereits viel zu oft gesehen“, sagte sie gedehnt.
Auf keinen Fall wollte sie mit Leon Maranz ins Theater gehen. Außerdem ging es morgen sowieso gleich zurück nach Dorset.
„Die Inszenierung im National soll unwahrscheinlich innovativ sein“, versuchte Leon es noch einmal.
„Ich bevorzuge traditionelle Interpretationen.“
Es fiel ihr schwer, so abweisend und hart zu bleiben, während andere Zuhörer am Tisch saßen. Aber anders wurde sie diesen Kerl bestimmt nicht los. Er hatte es eindeutig auf sie abgesehen, und dagegen musste sie sich so früh wie möglich und vor allem so energisch wie nötig wehren!
Der Einwurf ihres Vaters, sie würde Shakespeare lieben, hatte ihre Alarmglocken wieder zum Schrillen gebracht. Augenscheinlich wollte er sie tatsächlich mit seinem potenziellen Geschäftspartner verkuppeln. Für Flavia war es das Letzte, sich verschachern zu lassen, um ihrem Vater damit einen beruflichen Vorteil zu verschaffen.
Auf diese Weise durfte sie niemand benutzen, und das würde auch heute nicht anders sein, nur weil es sich plötzlich um einen ungeheuer anziehenden Mann handelte. Und Leon Maranz hatte es gefälligst zu akzeptieren, wenn sie ihm einen Korb gab.
Wie um sich zu testen, wagte sie einen genaueren Blick auf sein schönes Gesicht – mit fatalen Folgen. Ihr stockte das Herz, der Puls ging sofort schneller, und Flavia spürte, wie sie innerlich schmolz. Warum ausgerechnet dieser Mann?
Er war in Geschäfte ihres Vaters verwickelt, der obendrein noch versuchte, seine eigene Tochter gewinnbringend zu verkuppeln. Von daher war es bedeutungslos, was sie von Leon Maranz hielt. Oder was sie mit ihm anstellen könnte, würden die Dinge zwischen ihnen anders liegen. Es ließ sich nicht ändern, diese Gelegenheit auf ein romantisches Abenteuer konnte und durfte Flavia nicht ergreifen, dafür hatte sie mehrere gute Gründe.
Daher konnte es ihr auch egal sein, wenn sie sich unpassend verhielt. Oder dass ihr Vater ganz bestimmt deswegen stinksauer auf sie war. Auch Anita funkelte sie wütend an. Und Leon Maranz wirkte, als wäre er inzwischen angewidert von ihr … Aber all das war ihr egal.
Für einen Moment überkam sie tiefe Traurigkeit und so etwas wie Selbstverachtung, denn Flavia schämte sich schon ein wenig für ihr Verhalten. Es war gar nicht Teil ihrer Persönlichkeit und fühlte sich fremd und unangenehm an. Aber seit sie wusste, dass ihr Vater von ihr erwartete, sie würde diesen Fremden umgarnen … seitdem konnte sie nicht anders, als sich wie ein widerspenstiges Biest aufzuführen.
Ja, es war ihr Vater, der diese Zwangslage provozierte und damit eine Eskalation der Dinge herbeiführte. Nie hatte er sich auch nur einen Dreck um seine Tochter oder deren Mutter geschert.
Oder um Grandma, ärgerte sich Flavia. Es ging immer ausschließlich um ihn, sein verdammtes Geld und seinen beruflichen Erfolg. Und wenn Leon Maranz mit so einem Mann Geschäfte machen will, kann er nicht viel besser sein! Kein Wunder, dass er mich für eine verweichlichte, faule
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