Kalte Schulter, Heißes Herz
sein ganzes Umfeld verachtete und in dem sie verantwortlich für das Wohlergehen ihrer Großmutter war. Einfach ausgeschlossen. Alles war weit, weit weg. Es gab nur sie selbst und Leon in diesem Kokon, in diesem kleinen, höchst privaten Raum.
Gefangen von dieser neuen Vorstellung nahm Flavia seine Präsenz noch viel stärker wahr. Ein sachtes Brandyaroma mischte sich mit dem herbfrischen Duft seines Rasierwassers, seine dunklen Wimpern kamen ihr mit einem Mal viel länger vor und sein Haar einen guten Ton dunkler. Ihre Sinne waren aufs Äußerste geschärft und saugten jedes Detail auf.
Flavia musste sich darauf konzentrieren, ruhig weiterzuatmen, weil ihr sonst schwindelig wurde. Mit einer Hand hielt sie sich am Haltegriff des Wagens fest, mit der anderen umklammerte sie ihre kleine Handtasche. Und es gelang ihr nicht, den Blick von Leon loszureißen.
Wie in Zeitlupe, so kam es ihr jedenfalls vor, drehte er ihr den Kopf zu und begegnete ihrem hilflosen Blick. Sie hörte, wie er mitten in einem Telefongespräch abbrach und verstummte. Ganz langsam ließ er das Handy wieder in seiner Tasche verschwinden, und seine gesamte Aufmerksamkeit galt dabei nur Flavia.
Sie konnte nicht anders, als die Luft anzuhalten, als er plötzlich die Lippen zu einem Lächeln verzog. Aber keines von den unpersönlichen, höflichen von gerade eben, sondern ein sinnliches, intimes Lächeln. Eine Körpersprache, in der nur sie beide kommunizierten, und die Welt um sie herum kam zum Stillstand.
Der Wagen war an einer roten Ampel stehen geblieben, und das kräftige Rumoren des Motors vibrierte durch Flavia, bis sie glaubte, ihr Herzschlag wäre für das laute Geräusch verantwortlich. Innerlich fielen alle Blockaden, alle Zweifel von ihr ab, und sie musste sich noch fester an den Haltegriff krallen, um nicht vom Ledersitz zu gleiten.
Wortlos und ohne sie zu berühren, zwang dieser Mann Flavia dazu, seine Macht über ihre Libido zu akzeptieren. Die Macht seiner eigenen Begierde …
Ausschließlich darum geht es hier, stellte Flavia atemlos fest. Und wie ich ihn auch als Mensch finden mag, kein anderer Mann hat mich jemals so gereizt und erregt wie er!
Das hätte sie niemals für möglich gehalten. Sie könnte sich wehren, es verleugnen und dagegen ankämpfen – aber dafür fehlte ihr mittlerweile jegliche Kraft und Entschlossenheit. Sie fühlte sich ausgeliefert, verwundbar und auch ein bisschen neugierig auf das Abenteuer, das sie erwartete.
Regungslos saß sie da und wartete ab, was geschehen würde. Sie rührte sich auch nicht, als Leon einen Arm ausstreckte und mit dem Handrücken über ihre Wange streichelte. Die Nerven unter ihrer zarten Haut spielten verrückt, und es fühlte sich an, als würden Leons Finger sie verbrennen. Doch Flavia ließ es zu. Sie erlaubte ihm, seine Hand um ihren Hals zu legen.
Leon spreizte die Finger, sodass sie Flavias Hinterkopf umfassten, dann murmelte er etwas Unverständliches und zog sie zu einem Kuss heran. Zu einem sehr langen Kuss, den Flavia erst allmählich erwiderte, als ihre Starre sich endlich löste. Es dauerte trotzdem eine Weile, bis ihr Gehirn begriff, was gerade passierte.
Doch anstelle ihres Verstandes übernahm nun ihr Körper die Regie. Flavia schnallte sich mit einer Hand ab und ließ sich von Leon enger an ihn heranziehen. Er verstärkte den Druck auf ihren Hinterkopf, und der Kuss wurde forscher und intensiver. Erschrocken bemerkte Flavia, dass er sich mit seiner zweiten Hand schon bis zu ihren Brüsten vorgetastet hatte. Ihre Erregung wuchs, als er kreisend eine Brustwarze mit den Fingerspitzen liebkoste, sofort wünschte sie sich, seine Zunge würde die Finger bei ihrer süßen Aufgabe ablösen …
Der Gedanke ließ sie aufstöhnen.
„Das wollte ich tun, seit ich dich zum ersten Mal gesehen habe“, murmelte er heiser, und einen Moment lang sahen sie sich schweigend in die Augen.
Ihre Herzen schienen im Takt zu schlagen, so eins fühlte Flavia sich mit dem Mann, dessen Fängen sie vor wenigen Minuten dringend entfliehen wollte. Und seine Hand ruhte immer noch auf ihrer Brust.
„Komm heute mit zu mir“, bat er leise. „Und bleib die Nacht!“
Sein Tonfall war die pure Verführung. Es klang so reizvoll, so verlockend und … so wahnsinnig selbstsicher.
Abrupt zog Flavia sich zurück und atmete aus. Er wollte nach ihr greifen, doch sie drückte sich fest in den Autositz und schüttelte den Kopf.
Erschrocken über ihre Reaktion rückte Leon näher. Es konnte doch
Weitere Kostenlose Bücher