Kalte Schulter, Heißes Herz
Betrieb.
Endlich erschien Flavia in der Tür, und Leon stand zur Begrüßung auf. Er hatte ihr einen Fahrer geschickt und seitdem ungeduldig auf ihre Ankunft gewartet. Während sie von einem Kellner zu seinem Tisch geführt wurde, nahm Leon gierig ihre Erscheinung in sich auf. Er konnte sich gar nicht an Flavia sattsehen: eine perfekte Figur, klare und intelligente Augen, ein zauberhaft hübsches Gesicht und ein aufreizender Gang, dessen sie sich offenbar kaum bewusst war.
Wie am ersten Abend, als er sie kennengelernt hatte, trug sie ein dezentes, stilvolles Kleid, wenig Make-up und hatte die Haare zu einem festen Zopf gebunden. Die halblangen Ärmel und der hohe Kragen zeigten kaum Haut, und ihr einziger Schmuck bestand aus kleinen Perlen, die sie an den Ohrläppchen und um den Hals trug.
„Du bist gekommen“, sagte er überflüssigerweise, als er ihr den Stuhl zurechtrückte. Natürlich konnten sie nach ihrer letzten Begegnung deutlich vertrauter miteinander umgehen! Eine förmliche Anrede schien überflüssig zu sein, jetzt, wo sie sich persönlich gegenüberstanden.
Sie nickte stumm und faltete ihre Serviette auseinander. Auf ihrem Gesicht lag ein zurückhaltendes, höfliches Lächeln – mehr brachte sie einfach nicht zustande.
Dieser Mund hatte sich für ihn geöffnet, für seine Zunge … Flavia war in seinen Armen und unter seinen Händen … Leon schluckte und kniff die Augen kurz zusammen.
Wenn er es richtig anstellte, würde es bald wieder so weit sein. Schließlich begehrte sie ihn auch, sonst wäre sie wohl kaum hier. Also übte er sich in Geduld, ließ die Getränke bringen und die Bestellung aufnehmen. Und während der ganzen Zeit sprachen sie kein Wort miteinander, und Flavia sah ihn kein einziges Mal direkt an.
Sie war völlig verkrampft und wirkte zunehmend nervöser. Leon gefiel das, weil es ihm bewies, wie groß seine Wirkung auf sie war. Zu gern hätte er ihr versichert, dass er sie kein zweites Mal überrumpeln würde. Er gab ihnen beiden so lange Zeit, bis Flavia sich in seiner Gegenwart vollkommen entspannen konnte. Für zügellose Leidenschaft war danach noch genug Zeit. Jetzt lernten sie sich zuerst näher kennen, damit man eine Beziehung zueinander aufbauen konnte.
Flavia hatte keinen Schimmer, wie sie in dieser beklemmenden Situation einen Bissen herunterbekommen sollte. Ihr Hals war wie ausgetrocknet, und ihr ganzer Körper schien unterkühlt zu sein. Mit tauben Fingern tastete sie nach ihrem Wasserglas.
Seit sie den Raum betreten hatte, fühlte sie sich wie magnetisch von Leon angezogen. In ihrem Kopf waren wieder die Bilder präsent, wie sein Gesicht aus nächster Nähe aussah, wie seine Haut duftete und wie sich seine Hand auf ihren Brüsten anfühlte.
Für ihren Geschmack saß er im Augenblick viel zu weit weg von ihr. Und ganz allmählich – trotz der maßlosen Wut auf ihren Vater – begann das Eis in ihrem Inneren zu schmelzen. Sie schämte sich für die Lüge, die sie Leon aufgetischt hatte, indem sie vorgab, sich freiwillig mit ihm zum Dinner zu verabreden.
Ich muss ihm die Wahrheit beichten, dachte sie unglücklich. Warum ich heute hier bin, und dass mein eigener Vater mich erpresst.
Aber sie traute sich nicht. Wenn sie Leon gegen ihren Vater aufbrachte, würde er dem Alten mit Sicherheit nicht mehr aus der Klemme helfen. Und dann rächte sich ihr Vater, indem er Harford versteigern ließ, daran gab es keinen Zweifel.
„Auf uns beide.“ Leon prostete ihr lächelnd zu, nachdem er ihnen Wein nachgeschenkt hatte.
Den Blick zu Boden gesenkt, nahm Flavia einen kleinen Schluck.
„Ich möchte mich bei dir dafür bedanken, dass du meine Einladung angenommen hast“, fuhr er fort und war entschlossen, das Schweigen zwischen ihnen zu beenden.
Wieder fühlte sie sich an die Lüge erinnert, nur leider konnte sie nicht einfach zugeben, gegen ihren Willen hergekommen zu sein.
„Und ich will mich bei dir entschuldigen. Für mein Benehmen, als ich dich letztens nach Hause bringen sollte … und du den Eindruck hattest, vor mir die Flucht ergreifen zu müssen.“ So, er hatte es ausgesprochen, auch wenn es schwergefallen war.
Eigentlich fand er, mit Flavia müsse man offen und direkt umgehen. Doch als er die roten Flecken auf ihren Wangen bemerkte, kamen ihm Zweifel. Verdammt! Hatte er etwa schon wieder zu vorschnell gehandelt? Hätte er gar nicht davon anfangen dürfen? Er wollte sie doch nicht in Verlegenheit bringen.
Vielleicht war sie auch gar nicht aus freien
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