Kalte Spur
Ranch!«
Marie, die zierlich, dunkelhaarig und auf angenehme Weise attraktiv war, klatschte in die Hände. Ihre Augen strahlten. Marybeth freute sich sehr für sie.
»Und wer ist es?«, fragte Marie.
Cam lachte. »Ich hab doch gerade gesagt, dass es ein geheimer Interessent ist.«
»Ich weiß, ich weiß …«
»Wie ernst ist es ihm denn?«, wollte Marybeth wissen.
Cam drehte sich zu ihr um. Mit seinem hellen, welligen Haar und den cleveren blauen Augen sah er gut aus. Er war auf eine Art ehrgeizig, die andere dazu brachte, ihm die Daumen zu drücken. Das galt jedenfalls für Marybeth. Er wirkte auf sie aufrichtig und tatkräftig, auch wenn er etwas übermotiviert zu sein schien. Er wollte nicht nur des Geschäfts und der Familie wegen erfolgreich sein, sondern auch, um etwas zu beweisen. Marie hatte Marybeth erzählt, Cam sei als Jüngster auf einer Ranch außerhalb von Saddlestring aufgewachsen. Seine Eltern hatten einen Narren an Cams älterem Bruder Eric gefressen und die Ranch buchstäblich verpfändet, um dessen Medizinstudium zu finanzieren, damit er Chirurg werden konnte. Die Timberline Ranch der Schwestern Overstreet hatte sich den Besitz der Logues einverleibt, und Cams Eltern kauften sich eine kleine Ranch im westlichen South Dakota nahe dem Pine Ridge Reservat. Als der Rindfleischpreis in den Keller ging, war kein Geld mehr für Cam übrig, der zur staatlichen Black-Hills-Universität ging (wo er Marie kennenlernte) und ins Maklergeschäft einstieg. Cams Umzug nach Saddlestring war also eine Art Heimkehr.
Selbst wenn Cam die Ironie nicht entgangen war, die es beinhaltete, wenn er nun das Anwesen verkaufte, auf dem er groß geworden war, so ließ er sich Marybeth gegenüber nichts davon anmerken.
»Er meint es ernst«, sagte er, »legt aber gebührende Sorgfalt an den Tag. Er ist kein Strohmann.«
»Gebührende Sorgfalt?«, fragte Marie.
Cam nickte. »Er weiß alles über die Gasbohrungen und das viele Wasser, das dabei aus der Erde tritt. Obwohl ihm klar ist, dass er keine Bodenrechte erwirbt, will er es testen lassen, um sicher zu sein, dass es nicht belastet ist. Er fürchtet, Umweltschützer oder die Anrainer flussabwärts könnten ihn als den Landbesitzer verklagen, falls damit etwas faul ist.«
»Das ist klug«, sagte Marybeth.
»Er ist ein ziemlich kluger Typ.«
Marie setzte sich auf Cams Stuhl. »Und wenn mit dem Wasser etwas faul ist?«
»Damit ist nichts faul, Marie«, sagte er, als würde er mit einem Kind reden. »Das Wasser ist prima. Es wurde vor Beginn der Bohrungen untersucht, und es ist tadellos – süß wie Honig.«
»Aber warum …?«
»Marie«, erwiderte Cam scharf, »das ist kompliziert. Die bisherigen Tests wurden unabhängig voneinander jeweils vor einer neuen Bohrserie erstellt. Sie sind nicht einheitlich, weil sie von verschiedenen Firmen zu verschiedenen Zeitpunkten im Laufe der letzten Jahre durchgeführt wurden. Unser Käufer will das Wasser aller Bohrlöcher der Timberline Ranch erneut geprüft haben, um sicherzustellen, dass die Werte in Ordnung sind. Um Gewissheit zu haben, dass sie seit den ersten Tests nicht auf schlechtes Wasser gestoßen sind, nehme
ich an. Aber du brauchst dir keine Sorgen zu machen. Die Befunde werden eins a sein.«
Marybeth fand Cam etwas zu gereizt. Sie hatte ihn noch nie so aufgekratzt erlebt.
»Unsere … Schwierigkeiten könnten bald ausgestanden sein«, sagte Marie mehr zu sich. Cam warf ihr ein Lächeln zu und wandte sich dann an Marybeth. Dabei wurde er unvermittelt ernst.
»Aber wir müssen Stillschweigen bewahren«, erklärte er. »Das hat strengstes Geschäftsgeheimnis zu bleiben.«
Marybeth nickte. Der Verkauf eines Anwesens dieser Größenordnung würde das Tal elektrisieren – das war ihr klar. Andere Makler würden Cam den ungenannten Käufer abjagen und sein Interesse für Ranchs wecken wollen, die reizvoller lagen oder weniger Bohrlöcher aufwiesen. Eigentümer, die bisher nur mit dem Gedanken an den Verkauf ihres Grundstücks gespielt hatten, konnten plötzlich beschließen, ihren Besitz anzubieten.
»Es wird schwer sein, das geheim zu halten«, sagte Marie lächelnd. »Aber wir schaffen das schon.«
»Marybeth?«, fragte Cam.
»Ich werde es meinem Mann erzählen.« Sie sah den beiden in die Augen. »Wir haben keine Geheimnisse voreinander. Aber sonst wird niemand davon erfahren.«
Da beide Logues schwiegen, fühlte Marybeth sich zu einer Erklärung genötigt. »Er erzählt mir auch Dinge von seiner
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