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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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leer gestanden und verfallen, bis die Logues es letzten Winter gekauft hatten. Marie hatte Marybeth kürzlich durch den Bau geführt und sich immer wieder für seinen Zustand entschuldigt. Bisher waren erst zwei Zimmer renoviert – die Küche und ein Bad. Der Rest sah noch immer aus wie beim Tod des langjährigen Urkundsbeamten von Twelve Sleep County im Alter von siebenundsiebzig Jahren Ende der 1980er. Gerüchte besagten, er habe Akten im Haus und in den Nebengebäuden gelagert und dafür vom Landkreis Miete kassiert.
    Vielleicht, dachte Marybeth, während sie Lucy und Jessica
davonflitzen sah, haben Cam und Marie ja demnächst Geld genug, um die Renovierung ihres Hauses zu beschleunigen.
    »Mom?«, fragte Sheridan von der Rückbank. »Sie ist kein Baby mehr. Du musst mit dem Weiterfahren nicht warten, bis sie im Haus ist.«
    »Ich bin nur noch nicht daran gewöhnt«, erwiderte Marybeth. »Ihr zwei habt inzwischen so viel um die Ohren – ich hab einfach Schwierigkeiten mit dem Loslassen.«
    »Denkst du an meinen Unterricht?«
    Als Marybeth losfuhr und nach links auf die Centennial Street Richtung Bighorn Road bog, klingelte ihr Handy. Joe war am Apparat und erzählte ihr von dem Funkruf mit den verstümmelten Kühen, den er mitgehört hatte. Er sagte, er käme vermutlich verspätet zum Abendessen.
    Abendessen, dachte Marybeth und bekam erneut ein schlechtes Gewissen. Sie hatte gar nicht daran gedacht, etwas vorzubereiten.

Fünftes Kapitel
    Die Hawkins Ranch war ein Flickenteppich aus Privateigentum und vom Staat Wyoming und dem US-Landverwaltungsamt dazu gepachteten Flächen. Sie lag im Windschatten der Bighorn-Vorberge, und Joe musste sieben Stacheldrahttore passieren, um sie zu erreichen. Von einigen langgestreckten Hochwaldausläufern abgesehen, die von den Bergen über die Hügel bis in die Ebene reichten, war das Gelände mit Salbeisträuchern und Eichengebüsch, Büffelgras und Präriekerzen bewachsen.
    Er bog auf den geschotterten Hof, der von Gebäuden umgeben war. Das Hawkins-Anwesen war ein traditioneller Erwerbsbetrieb, unterschied sich also von den Hobbyranchs, die sich in Wyoming immer mehr breitmachten. Die großen Wellblechhallen dienten als Fahrzeugschuppen, Scheunen und Gerätelager. Ein Koppellabyrinth grenzte an das kleine, weiß gefasste Ranchhaus. Nirgends sollte Dekoration den Eindruck erwecken, der Hof sei etwas anderes als das, was er war: der Mittelpunkt einer großen Rindfleisch- und Heuproduktion.
    Joe wandte sich dem Ranchhaus zu, auf dessen Veranda aus rohem Holz Mrs. Hawkins trat und streng auf die Berge wies. Also beschloss er, keinen Halt einzulegen, querte den Hof und folgte dem ausgefahrenen Feldweg, der direkt zum acht Kilometer entfernten Wald führte. In den Furchen vor ihm waren die frischen Reifenprofile mehrerer Autos zu erkennen.

    Als Joe sich dem Tatort näherte, bemerkte er die beiden Streifenwagen des Sheriffbüros von Twelve Sleep County sowie
einen hellblauen Ford Pick-up, die Stoßstange an Stoßstange auf dem Feldweg parkten, wo das Gestrüpp sich lichtete und die Kiefern begannen. Rechts der Fahrzeuge standen drei Gestalten inmitten einer anscheinend von Findlingen übersäten Fläche.
    Als er anlangte, hob sich die Schnauze seines Pick-ups plötzlich, und Landkarten purzelten ihm von der Sonnenblende entgegen. Maxine verlor den Halt am Armaturenbrett, kletterte an ihren Platz auf dem Beifahrersitz zurück und sah ihn vorwurfsvoll an.
    »Ein Stein«, nuschelte er. »Hab ich übersehen.«
    Die Gestalten erwiesen sich als Hilfssheriff Kyle McLanahan, Sheriff Barnum und ein sichtlich erregter Don Hawkins. Was Joe für Findlinge gehalten hatte, waren Rinderkadaver, mindestens ein Dutzend. Der süßsaure Verwesungsgestank drang durch alle Öffnungen in sein Führerhaus und ließ Maxine stocksteif aufsetzen und besorgt die Stirn runzeln.
    Selbst auf diese Entfernung erkannte Joe, dass Barnum ihn anfunkelte. Der Blick des Alten bohrte sich durchs Gestrüpp hindurch in die Windschutzscheibe seines Pick-ups. Mit einer 35mm-Kamera am Handgelenk stand McLanahan neben Barnum und blickte vom Sheriff zu Joes Wagen und zurück. Ein Halstuch vor Mund und Nase, schritt Don Hawkins zwischen den toten Kühen herum.
    »Bleib hier, Mädchen«, sagte Joe zu Maxine, hielt neben den Streifenwagen, setzte seinen grauen Stetson auf und ging um die Polizeifahrzeuge herum. Zum Glück stanken die Kühe weniger durchdringend als der Elch.
    »Wer hat Sie gerufen?«, fragte Barnum. Seine tief

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