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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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Jäger unterwegs zu sein. Bevor Joe zum nächsten Patrouillenstandort wechselte, ging er die Kanäle seines Funkgeräts durch. Während er normalerweise die Frequenz der Jagd- und Fischereibehörde von Wyoming eingeschaltet hatte, die seine Behörde sich allerdings mit den Herdbuchprüfern und den Angestellten des Staatsparks teilte, hielt er sich doch auch gern darüber auf dem Laufenden, was bei anderen Ordnungshütern geschah. So wurde er Zeuge, wie ein Autobahnpolizist mit der Telefonistin flirtete, die dreihundert Kilometer von seinem einsamen
Standort südlich von Jeffrey City am Mikrofon saß, und wie die Polizei von Saddlestring ihre Mitarbeiter zu einem Familienstreit schickte. Seit dem Zustrom der Gasarbeiter kam es verstärkt zu solchen Reibereien.
    Als er auf die Frequenz wechselte, die alle Behörden nutzten, um sich in Krisen oder Notfällen zu verständigen, stellte er fest, dass dort reger Betrieb herrschte.
    Zunächst erkannte er O. R. »Bud« Barnum, den langjährigen Sheriff von Twelve Sleep County.
    »Wiederholen Sie das«, sagte er. Allein der Klang seiner Stimme machte Joe nervös. Im Laufe der Jahre hatte er den Sheriff zu hassen begonnen – ein Gefühl, das auf Gegenseitigkeit beruhte.
    »Sie werden es nicht glauben«, erwiderte Barnums Erster Hilfssheriff Kyle McLanahan. »Wir haben zwölf tote Kühe auf der Hawkins Ranch. Sieht so aus, als wären sie … na ja … operiert worden.«
    »Was heißt operiert?«, fragte Barnum.
    »Schwer zu beschreiben«, erwiderte McLanahan. »Ihr halbes Gesicht ist verschwunden. Und, äh, ihre Pimmel fehlen anscheinend.«
    Das klang Joe erschreckend vertraut.
    »Ihre Pimmel?« Barnum klang verärgert.
    »Falls sie welche besaßen«, berichtete McLanahan. »Wenn es sich um Kühe handelte, wurden ihnen die weiblichen Teile weggeschnitten.«
    Weitere Trophäen, dachte Joe und ließ seinen Wagen an. Die Hawkins Ranch war eine Stunde weit entfernt, und die Straßen dorthin waren schlecht.

Viertes Kapitel
    In Saddlestring sah Marybeth Pickett hinter dem ramponierten Schreibtisch, der zur Einrichtung ihres angemieteten Büros gehörte, schwungvoll auf die Uhr. Sie hatte noch zwanzig Minuten, um die Cashflow-Tabelle für das Immobilienbüro Logue zu beenden und auszudrucken, sie ihren Auftraggebern zu übergeben, Laptop und Akten einzupacken und ihre Kinder von der Schule abzuholen. So ist das jetzt also, dachte sie. Ich hetze von Termin zu Termin.
    Vormittags war sie mit dem Buchhalter von Barretts Apotheke die ausstehenden Forderungen durchgegangen und hatte dann mit dem Präparator Sandvick an einem neuen Abrechungssystem gearbeitet. Beim Zusammenpacken ihrer Sachen hatte Marybeth ihn auf die Verletzungen angesprochen, die Joe am Vortag an dem toten Elch entdeckt hatte.
    »Ja, so etwas kenne ich«, hatte Matt Sandvick geantwortet und hinter der dicken Brille große Augen bekommen.
    »Woher?«
    »Aus dieser Serie, die früher im Fernsehen lief – Akte X«, hatte er gelacht.
    Nach einem raschen Mittagessen mit ihrer Freundin Marie Logue, der Miteigentümerin von Logue Immobilien, hatte Marybeth ihre Arbeitsutensilien in einem schäbigen Hinterzimmer der Firma aufgebaut und sich unter der nackten Glühbirne an die Arbeit gemacht. Wenn die Temperatur unter fünfzehn Grad fiel, sprang ein kleiner Heizlüfter aus Metall an und blies mit seinen orangefarbenen Rotorblättern staubige Hitze in den Raum.
    Von ihren vier Kunden arbeitete Marybeth am liebsten für die Logues, obwohl deren Abrechnung die größte Herausforderung
darstellte. Zwar gab sie sich alle Mühe, die vertrackten Finanzen der Firma auf Vordermann zu bringen, doch Wunder konnte auch sie nicht vollbringen. Dennoch hatte sie die beiden zu schätzen und zu bewundern gelernt und wollte tun, was sie konnte, um ihnen bei der Rettung des Unternehmens zu helfen. Dazu gehörte auch, ihnen nicht das volle Honorar zu berechnen, denn Marybeth wusste, dass sie diese Kosten im Moment nicht stemmen konnten.
    Wenn Sheridan und Lucy allerdings wie geplant studieren sollten, benötigten sie zwei volle Einkommen. Joe verdiente gerade so viel, um die Familie durchzubringen und Sheridans Interesse an Basketball, Volleyball und Rhetorik sowie Lucys Klavier- und Tanzstunden und ihre Mitgliedschaft im Jungautorenklub zu finanzieren. Die Immobilienmaklerlizenz schuf möglicherweise das Polster, das sie für ihre Familie brauchten. Wenn es um den Hochschulbesuch der Mädchen ging, würde man sie als Geringverdiener

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