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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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liegt?«
    »Nein.«
    »Conrad und Dupeyer. Das ist in Pondera County im Nordwesten von Montana. Östlich von Great Falls.«
    »Okay …«
    »Sechzehn verstümmelte Rinder, von Juli letzten Jahres bis Januar«, fuhr Avery fort. »Vielleicht waren es acht mehr, doch wir sind uns nicht sicher, weil die Kadaver zu alt waren. Insgesamt also womöglich zwei Dutzend Kühe. Sie wurden bis auf ein paar Ausnahmen in Gruppen zu vier bis sechs Tieren gefunden. Keine Spuren, keine Hinweise auf Fahrzeuge in der Gegend. Leider wurde nie ein frisch getötetes Tier gemeldet – alle waren aufgebläht und alt.«
    »Und haben sich Aasfresser über die Kadaver hergemacht?«
    Dave schwieg lange und sagte dann: »Nein.«
    »Und das Blut? War es abgezapft?«
    »Das sieht nur so aus. Die Gerinnung erweckt den Eindruck, die Tiere seien blutleer. Wenn man Tests macht, stellt man fest, dass dem nicht so ist.«
    »Du hast die Proben also bekommen, die ich dir geschickt habe«, sagte Joe.
    »Die hab ich im Labor.«
    Joe wartete. Er hörte eine Chris-LeDoux-CD im Hintergrund und jemanden mitsingen, wohl Daves neue Frau.
    »Und?«, fragte er schließlich.
    »Ich hab sie noch nicht analysiert, Joe, doch ich weiß, was ich finden werde.«

    »Nämlich?«
    »Absolut nichts. Na ja, eins immerhin, denke ich, aber das ist wohl nicht wichtig. Glaub mir, wir haben hier neun Monate lang Gewebeproben untersucht. Meine Tiefkühlung ist voller Kuhköpfe und verstümmelter Analzonen.«
    »Von Rinderverstümmelungen bei euch hab ich nicht das Geringste gehört«, bekannte Joe.
    »Das erstaunt mich nicht weiter. Conrad ist ziemlich abgelegen. Außerdem sind es ja nur Kühe.«
    Darüber lächelte Joe. Er erinnerte sich an eine Seminararbeit, die Dave an der Uni geschrieben und in der er vorgeschlagen hatte, neunzig Prozent der Rinder im westlichen Amerika durch Bisons zu ersetzen. Die Untersuchung war an der Universität von Wyoming mit ihrer berühmten Football-Mannschaft, den Wyoming Cowboys, nicht besonders gut angekommen.
    »Trotzdem«, fuhr Avery fort und hob verärgert die Stimme, »haben mich von überallher Verrückte angerufen. In der Great Falls Tribune erschienen Berichte, die natürlich auch im Internet kursieren, und Geisteskranke aus dem ganzen Land haben sich dafür interessiert. Die sind wie Eisenbahnfans, Joe. Man weiß gar nicht, dass sie unter uns Normalen leben, doch dann kommt ein seltener Zug durch die Stadt, und sie stürmen ans Gleis.«
    »Was ist mit Wild?«, fuhr Joe fort. »Ich hab einen genauso verstümmelten Elchbullen gefunden.«
    »Hmmm – tatsächlich?«
    »Von dem stammen die Proben, die ich dir geschickt habe.«
    Schweigen. »Ich schau sie mir morgen an.« Avery klang ernst.
    »Es hat also niemand verstümmeltes Wild gemeldet?« Joe spürte, dass Avery ihm etwas verschwieg.

    »Es gab zwar ein paar Meldungen, aber sie waren nicht gerade glaubhaft.«
    »Von wem kamen sie denn?«
    Avery seufzte. »Joe, hier oben war ein Typ, ein selbst ernannter Fachmann fürs Paranormale. Er ist einfach aus dem Nichts mit seinem fahrbaren Labor aufgetaucht, einem nachgerüsteten Wohnmobil mit allen möglichen Geräten und Schikanen. Er hat behauptet, eine Stiftung in Arizona oder New Mexico zu vertreten, die ihn mit Geldern für seine Forschungen ausstattet. Er heißt Cleve Garrett« – Avery stieß den Namen wie ein Schimpfwort aus – »und ist mir praktisch den ganzen Sommer über auf der Nase rumgetanzt. Er hat alle möglichen Theorien darüber, dass es sich um Entführungen durch Außerirdische handelt und ich mit der Regierung unter einer Decke stecke, um alles unter den Teppich zu kehren. Dieser dämliche Trottel. Dieser Idiot.«
    »Du magst ihn nicht besonders, was?«, scherzte Joe.
    »Hah!«
    »Und er hat totes Wild gemeldet?«
    Joe hörte Avery vor seiner Antwort einige Schlucke trinken. »Er behauptet, es gebe jede Menge Wildverstümmelungen – an der Autobahn, im Wald, überall. Wir wüssten nur deshalb nichts davon, weil wir nicht auf die Idee kämen, darauf zu achten. Jedes vierte angeblich auf Straßen getötete Stück Rotwild sei in Wirklichkeit verstümmelt und liegen gelassen worden, doch niemand habe das bemerkt. Er redet liebend gern mit Journalisten darüber.«
    Joe dachte angestrengt über Averys Worte nach. Wie viel Rotwild und wie viele Wapitis, Elche, Füchse und Pronghorns lagen tot an Autobahnen und Landstraßen? Hunderte, vielleicht Tausende. Und wer käme schon auf die Idee, überfahrene Tiere zu

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