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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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dahintersteckt, als man zunächst denkt. Und auch weniger, schätze ich.« Sie blickte auf und lächelte eindringlich, als teilte sie ihm ein Geheimnis mit.
    Leider wusste Joe nicht, was sie meinte.
    »Sie verstehen mich nicht, oder?«
    »Nein.«
    Sie blickte verstohlen über die Schulter Richtung Airstream, als rechnete sie durch, wie viel Zeit ihr blieb.
    »Haben Sie eine Mailadresse?«
    Er nickte.

    »Dann schick ich Ihnen eine Nachricht. Wir haben hier nicht Zeit genug, darüber zu sprechen. Ich hab einen E-Mail-Account, von dem Cleve nichts weiß.«
    »Deena, wirst du gegen deinen Willen festgehalten? Brauchst du eine Bleibe?«
    Sie lächelte eisig und schüttelte den Kopf. »Es gibt keinen Ort auf Erden, ja im Universum, an dem ich lieber wäre als hier und jetzt. Ich bin keine Gefangene. Cleve wird helfen, Dinge geschehen zu lassen, und ich möchte dabei sein, um das zu erleben. Das andere Zeug ist ziemlich unwichtig.«
    »Welches andere Zeug? Und was wird Cleve geschehen lassen?«
    Sie löste sich von dem Stamm, an dem sie gelehnt hatte, und entfernte sich von Joe.
    »Ich kann mit Cleve umgehen, keine Sorge.« Sie lächelte provozierend. »Ich werde mit den meisten Männern fertig. Das ist wirklich nicht so schwer.«
    Joe wollte etwas sagen, doch sie hob die Hand. »Ich muss los. Sie bekommen eine Mail von mir.«
    Er schrieb seine Adresse auf die Rückseite seiner offiziellen Visitenkarte und gab sie ihr.
    »Danke für die Jacke.« Sie schüttelte sie ab und ging zum Airstream zurück.
    Als er das Kleidungsstück wieder anzog, roch er sie im Innenfutter. Make-up und Zigarettenrauch, doch da war noch etwas anderes. Etwas Medizinisches, überlegte er. Eine Salbe oder Lotion.
    Als er aufsah, war sie verschwunden.

    Beim Queren der Brücke warf Joe einen raschen Blick übers Geländer. Jack, einer der beiden Rentner, angelte flussaufwärts
bei einer Sandbank. Nicht-Ike war noch immer unten an seinem Platz und warf seine Schnur weit und in hohem Bogen in kleine Wellen, von wo aus sie in eine tiefe, strömungsarme Stelle des Flusses treiben würde, wo sich, wie Joe wusste, gern einige große Fische aufhielten. Fünfundfünfzig bis sechzig Zentimeter lange Braunforellen, die drei, vier Pfund wogen und groß genug waren, um von den erfahrenen Anglern »Mastschweine« genannt zu werden. Nicht-Ike blickte auf, sah Joe und winkte. Joe winkte zurück und nahm sich erneut vor, seine Angelerlaubnis zu überprüfen. Aber erst, nachdem er geklärt hatte, was gerade im Riverside-Resort-und-Wohnmobilpark geschehen war. Später, wenn er wieder Jagdaufseher sein konnte.

Sechzehntes Kapitel
    »Ich habe mit Cam um zehn Dollar gewettet, dass ich Sie heute dazu bringe, mehr als nur ein Wort zu sagen«, meinte Marie Logue am Abend zu Joe. Sie waren auf der Longbrake Ranch zum Essen eingeladen und warteten auf den nächsten Gang.
    »Verloren«, witzelte Joe trocken.
    Marie wirkte erst enttäuscht, ja etwas erschrocken, wechselte dann aber einen Blick mit Marybeth, und beide Frauen lachten auf. Joe lächelte.
    »Er hat jahrelang darauf gewartet, diesen Spruch zu bringen«, erklärte Marybeth vergnügt. »Du hast ihm die Steilvorlage dafür geliefert.«
    »Guter Witz«, sagte Cam quer über den Tisch. »Muss ich mir merken.«
    »Ich wüsste nicht, dass du auch Probleme mit dem Reden hättest«, gab Marie mit aufgesetztem Lächeln zurück. »Außer mir gegenüber. Vor allem in letzter Zeit.«
    Cam verdrehte die Augen und sah weg, um ihr zu demonstrieren, dass das Thema für ihn erledigt war.
    Oha, dachte Joe und merkte, dass dies auch Marybeth nicht entgangen war. Neulich erst hatte sie ihm von zunehmenden Spannungen im Maklerbüro erzählt: Cam tue zwar viele Ranches, Häuser und gewerbliche Liegenschaften zum Verkauf auf, könne aber nichts davon losschlagen.
    Seit Missys Einzug bei Bud war das Abendessen auf der Longbrake Ranch zu einem vierzehntägig stattfindenden Großereignis geworden. Über Joe, Marybeth und ihre beiden Enkelinnen hinaus lud sie oft andere, durchweg einflussreiche Gäste ein: Rancher, Geschäftsleute, den Herausgeber des Roundup sowie Mitglieder des Senats und des Repräsentantenhauses
von Wyoming. An diesem Abend allerdings waren nur die Picketts und die Logues da. Joe musste widerwillig anerkennen, dass Missy eine großartige Gastgeberin war. Für diese Rolle war sie geradezu geboren und blühte darin stets auf. Die Abende begannen mit einem Drink unter den alten Pyramidenpappeln hinterm Haus oder (bei kaltem,

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