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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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Vorfälle der letzten Zeit gab. Und wie sie auch lauten mochte: Sie lag klar zutage und wartete nur darauf, von ihm oder jemand anderem gefunden zu werden. Er hoffte nur, dass dies geschah, ehe weitere Tiere – oder Menschen  – starben.

Neunzehntes Kapitel
    Während Joe auf schlaglochreicher Piste zu Nate Romanowskis Steinhütte am Ufer des Twelve Sleep Rivers fuhr, hielt er nach Falken Ausschau, doch der Himmel war leer.
    Nates ramponierter Jeep stand neben dem Haus. Joe parkte parallel dazu und schaltete den Motor aus. »Du bleibst hier«, sagte er zu Maxine und schloss die Tür. Hätte er sie rausgelassen, wäre sie sofort zu dem Stall gelaufen, in dem Nate zwei, drei Raubvögel hielt, und hätte sie mit ihrem Rumschnüffeln aufgestört.
    Joe klopfte an die unbehandelte Holztür und öffnete sie einen Spaltbreit. Drin war es dunkel, doch es roch nach Kaffee und kürzlich zubereitetem Frühstück. Er rief nach Nate. Keine Antwort. Das war nicht ungewöhnlich, da er oft zu Fuß oder auf dem Pferd lange Touren in die zerklüftete Landschaft unternahm, die sein Haus umgab. Joe sah im Stall und auf der Koppel nach. Kein Nate.
    Romanowski hatte die Angewohnheit, mitunter wochenlang zu verschwinden. Er begab sich auf heimliche Reisen in die umliegenden Bundesstaaten (zumal nach Idaho), bisweilen sogar nach Übersee. Joe und Sheridan fütterten dann seine Vögel. Nate erzählte Joe kaum etwas über den Zweck seiner Reisen, und Joe fragte nicht nach. Nate war in Dinge verwickelt, von denen er nichts wissen wollte – angesichts ihrer kurzen gemeinsamen Geschichte hatten sie ohnehin genug Leichen im Keller. Ihre Beziehung war ungewöhnlich, aber seltsam angenehm, wie Joe fand. Dafür, dass er Nates Unschuld an einem Mord bewiesen hatte, hatte der ihm Treue gelobt, und fertig. Joe hatte nicht darum gebeten, und es hatte ihn etwas erstaunt und eingeschüchtert, dass Nate standhaft
geblieben war und den Schutz sogar auf seine Familie ausgeweitet hatte. Joe und Marybeth sprachen nie über das, was sie von Nate Romanowski wussten. Über die Jahre, in denen er nicht aktenkundig war, sondern für eine geheimnisvolle Bundesbehörde gearbeitet hatte, über den Mord an zwei Männern, die ihn in Montana aufspüren sollten und über den Tod eines korrupten FBI-Agenten behielten sie genauso Stillschweigen wie über seine Verwicklung in Melinda Stricklands Selbstmord im letzten Winter. Sheridan verehrte Nate und lernte bei ihm das Falknern. Sheriff Barnum, seine Hilfssheriffs, FBI-Agent Portenson und sogar Robey Hersig fürchteten Nate und beargwöhnten, dass Joe mit ihm befreundet war. Damit konnte er leben.

    Aufgrund der merkwürdigen Ereignisse im Tal suchte Joe mit nagendem Angstgefühl nach Nate. Das Bild des entstellten Pferds auf der Longbrake Ranch hing ihm noch immer nach. Es belastete ihn stärker als alles, was er in letzter Zeit gesehen hatte. Selbst der Anblick der Überreste von Tuff Montegue hatte ihm nicht so zugesetzt.
    »Nate!« Sein Ruf kam als Echo von der tiefroten Felswand am anderen Ufer zurück und hallte noch zweimal in der Stille wider, bevor es erstarb.
    War da nicht eben eine Antwort? Er lauschte reglos. Das Geräusch war vom Fluss gekommen.
    »Nate, bist du da unten?« Er musterte die Ufer flussabwärts, bis eine Biegung ihm die Sicht nahm, konnte aber niemanden entdecken. Er legte den Kopf in den Nacken und blickte nach oben, doch auch am klaren, blauen Himmel bemerkte er nichts Besonderes.
    Plötzlich fiel ihm drei Meter vom Ufer entfernt ein dünner
Plastikschlauch auf, der aus dem Wasser ragte. Er näherte sich dem Fluss und erkannte schließlich einen dunklen Umriss unter der Oberfläche. Langes, blondes Haar trieb sanft in der Strömung wie Seetang. Nate war auf Tauchstation gegangen und nutzte den Schlauch als Schnorchel.
    Joe schüttelte den Kopf, setzte sich auf ein großes Stück Treibholz, nahm den Hut ab und fuhr sich durchs Haar. Ihm fiel auf, dass das Holz hohl war und Nates mächtige Handfeuerwaffe  – eine .454er Casull – samt Holster darin steckte, damit er bei Bedarf rasch darauf zugreifen konnte.
    »Nate«, fragte er, »hast du kurz Zeit?«
    Nate versuchte, durch den Schlauch zu reden, doch es drang nur dasselbe nasale Kauderwelsch herauf, das Joe kurz zuvor nach seinem Rufen vernommen hatte.
    »Soll ich ein andermal wiederkommen?«
    Im nächsten Moment kräuselte sich das Wasser, und Nate tauchte auf. Strähnen klebten ihm im Gesicht, und sein Neoprenanzug glitzerte in der

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