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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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ihm etwas anzuhängen und so Druck auf ihn auszuüben? Damit Cleve in die Arbeitsgruppe kam … Wie verachtenswert es wäre, Deena so zu benutzen! Es sei denn natürlich, sie wäre mit von der Partie.
    »Das ist mir im Moment zu viel.« Marybeth drückte zum Abschied seine Schulter. »Der Abend war ohnehin schlimm genug. Bis gleich im Bett. Wir müssen versuchen, etwas zu schlafen.«
    Joe saß noch ein paar Minuten lang da. Wie sollte er auf die Mail reagieren? Sollte er sie Hersig zeigen? Jemanden anrufen? Er kam nicht umhin anzunehmen, dass Deena in Schwierigkeiten steckte und Garrett sie auf schreckliche Weise missbrauchte. Auch wenn sie das zuließ – und Joe fand das angesichts ihres Alters und ihrer Lage sehr wahrscheinlich –, bedeutete es nicht, dass sie nicht gerettet werden musste. Aber was konnte er tun? Mit der Schrotflinte zum Riverside Park
rasen und die Wyoming-Variante der berühmten Szene aus Taxi Driver hinlegen?
    Schließlich schloss er sein Mailprogramm und schaltete den Computer aus.

    Zurück im Bett starrte Joe an die Decke und wartete auf das Klingeln des Weckers. Zwei Stunden lang lag er so, und als er endlich läutete, schaltete er ihn sofort aus.
    Marybeth drehte sich seufzend zu ihm um und tastete mit warmer Hand nach seiner Brust. Er rückte näher, doch seine Gedanken waren anderswo.
    Nate Romanowski. Er musste ihn finden, mit ihm sprechen und seine Meinung zu alldem einholen.
    Joe glitt aus dem Bett. Marybeth bewegte sich.
    »Du bist früh auf«, murmelte sie.
    »Ich mach uns Kaffee.«
    »Als du in der Nacht unten warst, hast du da nach den Pferden gesehen?«
    »Ja.«
    »Und es geht ihnen gut?«
    »Alles in Butter.«
    Sie öffnete die Augen. »Und dir geht’s auch gut?«
    Er zögerte kurz und log dann: »Bestens.«
    Das Klingeln des Telefons erschreckte sie beide. Er nahm den Hörer vom Nachttisch.
    »Joe Pickett.«
    »Sind Sie der Typ von dieser Arbeitsgruppe?« Der Mann klang gehetzt.
    »Ich bin in der Arbeitsgruppe, ja.«
    »Die Telefonistin im Sheriffbüro sagte, Barnum ist wegen einer neuen Verstümmelung unterwegs, diesmal an einem
Pferd. Und sie meinte, ich soll Sie anrufen, weil Sie auch im Team sind.«
    »Wie kann ich Ihnen helfen?«
    »Na ja, so schlimm wie Mord oder Verstümmelung ist es nicht«, sagte der Mann.
    »Da bin ich froh.«
    Schweigen. »Haben Sie mal von Kornkreisen gehört?«
    Diese Frage überraschte Joe. »Das denk ich doch.«
    »Tja, ich glaube, ich habe einen auf meiner Weide. Heute Morgen hab ich ihn entdeckt.«

Achtzehntes Kapitel
    David Thompson – der Mann, der am Morgen bei Joe angerufen hatte – besaß achtzig Hektar Land nahe den exklusiven Elkhorn Ranches, einer Siedlung in den Vorbergen der Bighorns. Wie sie war auch Thompsons »Ranch« durch Parzellierung der weit größeren V/U-Ranch entstanden, die dem verstorbenen Anwalt Jim Finotta gehört hatte. Gemessen an dem in Wyoming Üblichen handelte es sich bei Thompsons Anwesen eigentlich nur um ein hübsches Haus mit wirklich großem Rasen.
    Dennoch hatte Thompson offensichtlich viel Geld für das aus Drehkiefer gefertigte Schild mit der Aufschrift »Bighorn View Ranch« investiert, an dem Joe nun vorbeikam. Die Straße schlängelte sich über einen mit Salbeisträuchern bestandenen Hügel in eine grüne, landschaftsgärtnerisch gestaltete Mulde, in die das neu errichtete Haus zwischen Kiefern und junge Pappeln gebettet war.
    Auf der Fahrt zu Thompson versuchte Joe sich auf das wenige zu besinnen, das er über Kornkreise wusste. Als Kind hatte er ein Buch aus der Reihe »Unglaubliche Welt« gelesen, in dem es unscharfe Schwarz-Weiß-Luftaufnahmen englischer oder schottischer Orte gegeben hatte, an denen das Gras kreisförmig plattgedrückt war. Andere Fotos zeigten Felder, in denen angeblich über Nacht komplizierte Muster aufgetaucht waren, gewöhnlich begleitet von Berichten über zigarrenförmige Flugobjekte.
    Diese Gedanken stimmten ihn mürrisch, und er konnte kaum erwarten, das als Aberglauben abzutun, was auch immer er hier antreffen mochte.
    Joe bog auf den Ranchhof und stellte fest, dass David
Thompson ihn schon erwartete. Er war ein dunkelhaariger, gepflegter Mann Anfang sechzig, der sich angeblich von den übrigen Eigentümern einer Internetfirma in Austin Monate vor dem Bankrott des Unternehmens hatte auszahlen lassen. Mit seinem neuen Vermögen hatte er für den Winter ein Haus in Galveston, Texas, für den Sommer die Bighorn View Ranch erworben. Er züchtete Miniaturpferde und

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