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Kalte Spur

Kalte Spur

Titel: Kalte Spur Kostenlos Bücher Online Lesen
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Vieh vergriffen? Und an dem Elch? Und an dem Cowboy? Das kommt mir unmöglich vor.«
    Joe wusste nicht, was er sagen sollte, doch in seinem Kopf arbeitete es mächtig.

    Auf der Rückfahrt nach Saddlestring rief Joe Marybeth im Maklerbüro an.
    »Alles in Ordnung heute?«
    »Ja.« Sie klang fröhlicher als erwartet. »Allerdings ist Marie noch immer krank. Seit drei Tagen hab ich sie nicht gesehen. Langsam mach ich mir Sorgen, Joe. Ich hab Cam gefragt, wie es ihr geht, und er meinte, sie kommt Ende der Woche wieder ins Büro.«
    »Du hast also mit Cam gesprochen?« Er spürte Wut in sich aufsteigen.
    »Natürlich«, gab Marybeth tadelnd zurück. »Er ist mein Chef. Von unserem gestrigen Gespräch war keine Rede mehr. Vermutlich schämt er sich der ganzen Sache ein wenig. Ich bin nicht weiter beunruhigt darüber, Joe.«
    »Du rufst mich an, wenn wieder was vorfällt, ja?«
    »Natürlich. Aber ich komme damit schon allein klar. Ich bin ein großes Mädchen und höllisch smart.«

    »Stimmt«, sagte Joe, obwohl er Cam noch immer am liebsten einen Faustschlag ins Gesicht verpasst hätte.
    »Aber du rufst nicht nur deshalb an, oder?«, neckte sie ihn.
    Sie kennt mich wirklich gut, stellte er fest. »Vielleicht könntest du etwas für mich recherchieren. Das lässt sich vermutlich im Internet und mit ein paar Anrufen erledigen.«
    »Ist Bewegung in die Sache gekommen?« Sie klang begeistert.
    »Kann sein, aber ich bin mir noch nicht sicher.«
    »Mittags hab ich etwas Zeit. Was brauchst du?«
    »Hast du Papier und Bleistift parat?«

    Am Spätnachmittag tauchte Saddlestring auf. Zwischen den absinkenden Rücken der Bighorns wirkte es aus der Distanz unbedeutend. Joe sah einige Gebäude über die jungen Bäume ragen und den Twelve Sleep River durch Tal und Stadt mäandrieren. In der Nähe kreuzten sich zwei schimmernde Schnellstraßen.
    Er hatte auf dem Rückweg zu verarbeiten versucht, was er in Cody erfahren hatte, und endlich darauf zu kommen, was sie noch immer übersahen, obwohl es direkt vor ihrer Nase lag.
    Allmählich bekam er Kopfweh davon. Aber vielleicht würden die neuen Erkenntnisse von selbst an die richtige Stelle rücken.
    Dann kam ihm eine Idee. Sie war überaus naheliegend, wenn auch riskant, denn sie konnte die Untersuchung auf dem frisch eingeschlagenen Weg entscheidend voranbringen oder sie für immer in den Sand setzen.
    Warum wählte er nicht einfach die Nummer mit der Vorwahl
910 und wartete, wer sich meldete? Fayetteville, fragte er sich, was ist in Fayetteville?
    Er nahm sein Handy aus der Halterung am Armaturenbrett und griff nach seinem Notizbuch, um die Nummer nachzuschlagen, als es klingelte.
    »Joe, hier ist Trey Crump.«
    Seit Bildung der Arbeitsgruppe hatte Joe nicht mehr mit seinem direkten Vorgesetzten gesprochen, sondern ihn in EMails über die Fortschritte (oder vielmehr deren Ausbleiben) auf dem Laufenden gehalten.
    »Was gibt’s?«
    »Sie werden es nicht glauben, aber ich habe gerade einen Anruf von den Bärenjungs im Yellowstone Park bekommen. Offenbar haben sie ein Signal von unserem vermissten Grizzly aufgefangen.«
    Joe ahnte, was kommen würde.
    »Sie haben ihn an einer Stelle geortet, die fast in Ihrem Vorgarten liegt, in den Breaklands, gleich östlich der Berge. Er scheint seine Wanderung unterbrochen zu haben, denn das Signal ist deutlich und bewegt sich nicht vom Fleck.«
    Joe nahm sein Notizbuch vom Sitz und schlug eine neue Seite auf.
    »Haben Sie die GPS-Koordinaten?«
    »Klar. Sind Sie bereit?«
    »Sicher.« Joe brachte die Daten zu Papier.

    Während er durch Saddlestring raste und auf die Breaklands zuhielt, rief Joe bei Nate Romanowski an, bekam aber, wie üblich, nur seinen unzuverlässigen AB an den Apparat. Er sprach eine Nachricht darauf.
    »Wir haben den Bären geortet. Wenn du diese Nachricht
bekommst, fahr sofort zur Dreadnought Road. Er soll mitten in dem großen Gebiet sein, das dem Landverwaltungsamt gehört, ungefähr zehn Kilometer nördlich der Straße. Halt nach meinem Pick-up Ausschau.«

Sechsundzwanzigstes Kapitel
    Die Breaklands jenseits der Dreadnought Road markierten die geologische Grenze, ehe das Land langsam zu den Vorbergen und dann steil zu den Bighorns anstieg. Auf den ersten Blick wirkte die Gegend flach und weit, tatsächlich aber gab es viele Spalten im Boden und bröckelnde, gelbweiße Inseln, deren grasbedeckte Ebenen für Pronghorns, Maultierhirsche und Rancher attraktiv waren. Vor dem Einbruch der Preise für Wolle und Lammfleisch in

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