Kalte Spuren (German Edition)
dass wir Hazarder einsetzen, um Renegade zu beschaffen. Ich bin der Erste, der einen Hazarder zur Verfügung hatte. Alles andere widerspricht der Vereinbarung.«
Der Gesprächspartner hob abwehrend eine Hand. »Ich habe mich an die Vereinbarung gehalten. Die Gorbatschow wurde zurückbeordert.«
»Und warum befindet sich dann ein elektronisches Störfeld über der Insel?«, fragte der General. Er merkte, dass er wütend wurde. Seine Brüder im Verbund waren nicht immer einfach. Jeder spann seine eigenen Fäden im großen Flickwerk der Geschichte. Jeder wollte an erster Stelle sein und seine Ideen umsetzen. Jeder war neidisch auf den anderen. Und dennoch waren sie nur an den Punkt angelangt, an dem sie heute standen, indem sie gemeinsame Entscheidungen getroffen hatten.
»Ich bitte dich, den Standort des U-Bootes noch einmal zu überprüfen«, sagte der General. »Kann es sein, dass sich der Kommandant geweigert hat?«
»Unwahrscheinlich. Er ist überaus loyal.«
»Gab es sonst wen an Bord, der sich quergestellt haben könnte?«
Der Mann in St. Petersburg grinste. »Deine Fantasie geht mit dir durch.«
»Ich habe in den letzten vier Tagen so einiges erlebt«, sagte der General. »Einer der unseren wechselt die Seiten, seine Stylez verbündet sich mit einem abtrünnigen Hazarder, meine Stylez ist tot, die Fortschritte von Gaia’s Dawn sind erschreckend. Ich rechne mit allen Eventualitäten. Also?«
»Moment, ich nehme Kontakt zum Kommandanten auf.«
Das Bild des anderen verschwand und machte dem Wartelogo einer russischen Agrarfirma Platz. Eine Tarnung. Wie alles innerhalb des Verbundes. Die Generäle traten niemals öffentlich in Erscheinung.
Eine Minute verstrich. Dann zwei.
Auf einmal flackerte das Bild wieder und zeigte das hübsche Gesicht einer jungen, blonden Frau, die eindeutig eine Spur zu viel Make-up aufgelegt hatte. Galina Stylez.
»Entschuldigen Sie bitte, Sir«, sagte die Assistentin des Generals aus St. Petersburg. »Wir haben im Moment Schwierigkeiten, die Gorbatschow zu erreichen.«
Der General sog an seiner Zigarre. »Warum wundert mich das jetzt nicht?«
»Sir?«
»Ach nichts.« Er wusste, was gespielt wurde. Das russische U-Boot befand sich noch immer in der Nähe von Devon Island und stand unter derselben Funkglocke wie der ganze Rest. Kein Signal kam heraus, keines ging hinein. »Haben Sie eine Personalliste?«
Mrs Stylez nickte. »Benötigen Sie die ganze Liste oder suchen Sie jemand Bestimmtes?«
Der General blies den Rauch aus und widmete sich einem anderen Computer, auf dessen Display er sich die Liste der Hazarder aufrief. Er hatte einen Verdacht und hoffte, dass er sich irrte.
»Semenova?«, fragte er.
Mrs Stylez blickte auf einen Bildschirm und schien eine Suchabfrage über eine Tastatur außerhalb des Kamerabereichs zu machen. Dann sah sie wieder den General an. »Kristina Semenova. FSB .«
FSB stand ausgeschrieben für den russischen Inlandsgeheimdienst: Federalnaja Sluschba Besopasnosti Rossijskoj Federazii.
Semenova war eine Hazarder und befand sich an Bord der Michail Gorbatschow .
Verdammt! Der General knallte eine Faust auf den Tisch und drückte die Zigarre im Ascher aus, so fest, dass nur noch ein kleiner Stummel von ihr übrig blieb und der Rest Tabakblätter in seiner Hand zerkrümelte.
»Sie wissen, was das bedeutet, Mrs Stylez?«
Die Frau auf dem Bildschirm sah ihn ausdruckslos an. »Sir, wir wussten nichts davon.«
»Ist Semenova aktiviert?«
Mrs Stylez schüttelte den Kopf. »Nein. Wir haben sie bisher nicht ausfindig machen können.«
»Jetzt wissen Sie, warum.«
Plötzlich teilte sich der Bildschirm und das Gesicht des russischen Generals erschien neben dem seiner Assistentin. »Was sollen wir unternehmen?«, fragte er. »Ich könnte ein Geschwader von einer der nördlichen Basen schicken.«
Der General winkte ab. »Das könnte ich auch. Es sind jetzt Navy SEAL s, U.S. Marines, ein russisches U-Boot und die Leute von Gaia’s Dawn vor Ort. Und wir haben, kurz bevor der Funkkontakt abbrach, einen Bericht von der kanadischen Luftraumüberwachung erhalten, dass eine B52 auf dem Weg nach Devon Island ist. Wenn wir noch jemanden dort aufkreuzen lassen, werden wir einen Krieg provozieren. Das lässt sich nicht mehr so ohne Weiteres vertuschen. Wir können von Glück sagen, wenn wir es jetzt noch können.«
Der Mann auf dem Schirm beugte sich vor. »Wir könnten das ganze Gebiet mit einem nuklearen Gefechtskopf atomisieren.«
Der Kopf von Mrs Stylez
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