Kalte Spuren (German Edition)
Schutzanzug um. Er schaute nach Westen. Eileen folgte seinem Blick. Eine Rauchfahne zog sich den Himmel empor. Die Schüsse waren verstummt.
»Ich hab ein mieses Gefühl«, sagte Vandengard.
»Ganz Ihrer Meinung.« Eileen wandte sich wieder ab. »Gehen wir, ehe uns noch der Himmel auf den Kopf fällt.«
Sie stapfte durch den Schnee und folgte den deutlich sichtbaren Spuren ihrer Vorgänger. Die beiden Leichen der Marsmissionsteilnehmer hatten sie längst hinter sich gelassen. Ebenso den Toten in der russischen Uniform. Vor ihnen lagen nur jungfräuliche Spuren von Simmons’ Team. Eileen erkannte vier Paare an verschiedenen Abdrücken im Schnee. Der Gegner war in der Überzahl und es handelte sich um ausgebildete SEAL s. Eileen wünschte sich einmal mehr, sie wären mit einer größeren Gruppe aufgebrochen.
» Crap!«, sagte Vandengard plötzlich und hielt inne. Er hob eine Hand und streckte sie mit der Handfläche nach oben aus.
Eileen bemerkte eine Sekunde vor Juliette, was der ehemalige SAS -Soldat meinte. Es begann zu schneien. Feine Flocken schwebten aus dem blaugrauen Himmel, der sich über ihnen immer weiter zuzog.
Schnee. Das bedeutete, es wurde wärmer. Und das wiederum hieß, Renegade konnte sich entfalten. Fortpflanzen.
Eileen fuhr sich mit der Zunge über die Lippen. Die Luft, die durch die Atemflasche auf dem Rücken ihres Schutzanzugs in den Helm strömte, schmeckte fade und abgestanden. Was, wenn ihr Anzug nicht dicht war? Eileen dachte an Narwicks Worte, was das Supervirus, die Kombination aus Renegade und Defector, ausrichten konnte. Der Schutzanzug wäre in diesem Fall völlig wirkungslos und konnte den kleinen Bastard nicht davon abhalten, Eileen oder die anderen zu infizieren.
Sie atmete tief durch, regulierte die Luftzufuhr und ließ mehr Sauerstoff in den Helm rauschen. Eileen ermahnte sich zur Ruhe. Sie durfte keinesfalls in Panik verfallen. Um ihren Puls zu beruhigen, bediente sie sich einer Atemtechnik und sog langsam die Luft ein, behielt sie für ein paar Sekunden bei sich, ehe sie sie genauso langsam wieder ausatmete. Es half.
»Ganz fantastisch«, sagte Vandengard. Er berührte die Schneeflocken auf seinem Visier und nahm dann die MP7 in beide Hände.
Eileen deutete auf die Wand keine dreißig oder vierzig Meter entfernt. Sie markierte den Beginn eines Gebirgszugs im Norden der Insel, der sich bis zur polaren Küste hinzog. Hier war er bereits mit Schnee und Eis bedeckt und einige Hundert Meter hoch.
Vandengard sah sie fragend an, doch Juliette hatte verstanden. Ihr Blick folgte den Spuren im Schnee, die in einer leichten Kurve direkt zum Ausläufer des Gebirges hinführten.
Durch das dichter werdende Schneetreiben war jedoch nicht zu erkennen, wohin genau sie verliefen und ob es dort irgendetwas gab, das Simmons’ Aufmerksamkeit auf sich gezogen hatte. Ihnen blieb nichts anderes übrig, als den Fußstapfen zu folgen. Im Moment gaben sie noch ein leichtes Ziel auf dem offenen Terrain ab, aber der Schnee beeinträchtigte mittlerweile ihre Sicht, sodass andererseits auch jemand, der dort an der Wand auf sie wartete, sie nicht unbedingt sofort sehen konnte. Eine Schneewehe versperrte ihnen den Weg. Die Spuren endeten davor. Offenbar war inzwischen so viel Neuschnee gefallen, dass er begann, die Fußstapfen zu verwischen. Der Himmel hatte sich zugezogen.
Eileen sah besorgt nach oben. Soviel sie wusste, schneite es hier im Sommer bei gemäßigten Temperaturen, nicht aber Mitte November, wenn der größte Teil der Insel vereist war. Irgendetwas stimmte hier nicht.
Sie umgingen die Schneewehe und fanden wieder die schwachen Spuren der Vorgänger auf dem weißen Teppich. Kurz vor der Eiswand des Berges machten sie einen Knick nach Osten und führten entlang des Gebirgsfußes weiter.
Der Wind heulte hohl um Eileens Helm. Aus dem Schneegestöber schien langsam, aber sicher ein Sturm zu werden. Sie konnte keine fünfzig Meter mehr vorausschauen.
Das war jedoch auch nicht notwendig. Im nächsten Moment blieb Juliette stehen und deutete nach vorn. In der Eiswand gab es einen dunklen Fleck. Ein Eingang!
Vorsichtig näherten sie sich dem Zugang. Vandengard überholte Juliette und lief geduckt voran. In dem Schutzanzug hatte seine Bewegung jegliche Ästhetik verloren und wirkte nur plump und unbeholfen. Sein Verhalten nutzte ihm überhaupt nichts, wenn irgendwo im Höhleneingang jemand aus Simmons’ Team auf der Lauer lag und nur darauf wartete, dass jemand in den Tunnel
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