Kalte Spuren (German Edition)
gegenwärtige Position zeigte. Demnach befand sich die La Lumière irgendwo nordöstlich der schottischen Küste. Markus hatte nicht die geringste Ahnung, wohin sie fuhren. Er lauschte dem Gespräch der beiden und sah, dass sie eine Art Bildtelefon benutzten. Zwischen Narwicks und Juliettes Körpern konnte er den Schirm und das Gesicht einer Blondine erkennen.
»Guten Abend, Inga«, sagte Narwick.
»Hallo, Jae.«
»Wie war es beim Fischen?«
Die Blonde – Inga – lächelte. Sie sprach fast akzentfreies Englisch. Markus tippte, dass sie aus dem skandinavischen Raum stammte. Schweden oder Norwegen.
»Uns ist ein kleiner Fisch ins Netz gegangen«, sagte sie. »Aber als Köder dürfte er zu einem größeren Brocken führen.«
»Die Leitung ist sicher, Sir«, sagte der Erste Offizier.
Narwick nickte in seine Richtung und wandte sich dann wieder dem Bildschirm zu. »Wir können frei reden. Also, schieß mal los. Habt ihr Hannigan?«
Hannigan!
Markus merkte, wie ihm ein Schauder über den Rücken lief. Unwillkürlich stieg vor seinem geistigen Auge das Bild der Frau auf, das Veronica ihm gezeigt hatte. Eileen Hannigan. Sie waren hinter ihr her?
»Wir haben eine Stylez aufgegabelt«, sagte Inga.
Narwick räusperte sich. »Eine? Also stimmt unser Verdacht, dass es mehr von ihnen gibt?«
Inga schnalzte mit der Zunge. »Zumindest haben wir in Atlanta eine weitere gefunden. Tot. Versteckt in der Toilette einer Gaststätte in der Hannigan zuvor gewesen ist. Sie gleicht unserem Fang bis aufs Haar.«
Narwick drehte den Kopf in Juliettes Richtung. »Sie klonen sie. Genau wie die Generäle.«
»Vielleicht«, sagte der weibliche Bodyguard. »Vielleicht ist es aber auch etwas anderes. Wenn sie geklont sind, müssten sie alle zum gleichen Zeitpunkt gezeugt worden sein. Wir haben fünfzehn Zellen des Verbunds lokalisiert. Es erscheint mir unwahrscheinlich, dass man vor knapp dreißig Jahren damit angefangen hat, gezielt diese Stylez zu züchten. Und was ist mit den Generälen?«
»Keine Ahnung.« Narwick zuckte die Achseln. Er wandte sich wieder Inga zu. »Hat sie geredet?«
Die Blonde schüttelte den Kopf.
»Wird sie kooperieren?«
»Eher wird sie sterben«, sagte Inga. »Aber wir haben ihr Mobiltelefon und die Nummer Hannigans. Ich glaube nicht, dass Hannigan sie im Stich lassen wird. Wir haben die beiden von Lynchburg bis Charlottesville verfolgt. Sie haben bisher zusammengearbeitet.«
»Gut, dann lockt sie heraus. Sobald ihr Hannigan habt, gebt mir Bescheid. Wir sind auf dem Weg nach Neufundland und dürften«, Narwick blickte auf seine Uhr, »morgen am Spätnachmittag in St. John’s eintreffen. Das dürfte dann etwa Mittag eurer Zeit sein. Seht zu, dass ihr Hannigan mitbringt.«
»Wir tun unser Bestes.«
»Das weiß ich.«
»Was, wenn sie nicht kooperativ ist?«, fragte Inga.
»Wir werden unser Ziel nicht aus den Augen verlieren«, sagte Narwick. »Ganz gleich, ob mit Hannigan an Bord oder ohne sie.«
Markus schob sich wieder die Wand entlang zurück, als er merkte, dass der Erste Offizier in seine Richtung kam. Er lief geduckt bis zur nächsten Luke, öffnete sie und verschwand in dem Gang dahinter. Erst dann blieb er stehen und holte tief Luft.
Sie waren also hinter Eileen Hannigan her. Und unsere Reise geht nach St. John’s, Neufundland. Er wusste zwar nicht, wo das genau lag, hatte jedoch eine ungefähre Vorstellung von der kanadischen Nordostküste.
Markus kehrte über Umwege zurück zu der Luke, von der er gestartet war. Von dort aus war es leicht, zu seinem Quartier zurückzufinden. Er hielt kurz inne und überlegte, ob er Veronica aufsuchen und ihr von seiner Entdeckung erzählen sollte. Einer plötzlichen Eingebung folgend entschied er sich dagegen. Seit ihrer Ankunft auf dem Schiff hatte sie sich nicht bei ihm blicken lassen. Ihm erschien es sogar, als ginge sie ihm absichtlich aus dem Weg. War sie etwa bereit, sich Jae Narwick anzuschließen?
Ganz toll!
Markus kehrte in sein Quartier zurück und hockte sich wieder auf die Couch.
Neufundland. Hannigan. Er hoffte, dass Hannigan sich ihm und Veronica anschloss. Und dann? Er wusste es nicht. Markus blickte auf die Uhr. Es war halb zwei durch. Vielleicht sollte er doch noch versuchen, etwas Schlaf zu finden. Er genehmigte sich noch einen Schluck Wodka und schlenderte dann ins Schlafzimmer.
Charlottesville, Virginia
13. November, 19:27 Uhr EST
Eileens Hände legten sich um die heiße Tasse Kaffee. Sie starrte vor sich hin
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