Kalte Spuren (German Edition)
feiern.
»Es wäre nicht notwendig gewesen, mir gleich die Präsidentensuite zu geben«, sagte Markus. »Ich bin doch nur ein kleines Licht.«
»Deswegen bekommen Sie auch nur das Kabuff.« Sie zwinkerte ihm zu. »Kleinere Quartiere haben wir nicht an Bord. Alles wurde auf den Luxus und Komfort der Wissenschaftler und Techniker ausgerichtet, die für uns arbeiten. Machen Sie es sich einfach bequem. Wir rufen Sie, wenn wir Sie brauchen oder es etwas gibt, das Sie wissen müssten.«
Markus betrat den Raum. Hübsch war es ja, das konnte er nicht abstreiten. An den Wänden hingen Poster von Walen und Delphinen. Drei Bullaugen ließen Tageslicht in die Suite. Sie wurden von kleinen roten Schals eingerahmt. Von der Decke hing ein kleiner Leuchter, dessen sechs Halogenspots jeden Winkel des Raumes fluteten. Markus erkannte am Ende des Zimmers eine Tür, die vermutlich zum Schlafraum und Bad führte.
Er drehte sich um.
»Ich hoffe, es gefällt Ihnen«, sagte Sandra. »Bedienen Sie sich an der Bar. Dinner gibt es um sechs in der Messe.« Sie musterte ihn kurz, dann nickte sie mit dem Kinn zu der Tür am Ende des Raumes. »Im Schlafzimmerschrank finden Sie etwas zum Anziehen. Sollte Ihnen passen.«
»Bin ich Gefangener oder Gast?«
Sandra lächelte und ließ die Tür ins Schloss fallen. Da sie nicht verriegelt wurde, beantwortete das Markus’ Frage zumindest zum Teil. Aber selbst wenn er sich als Gefangenen betrachten sollte – fliehen konnte er nirgendwohin. Es war unwahrscheinlich, ein Beiboot kapern zu können. Genauso wenig konnte er den Hubschrauber fliegen. Damit war er ein Gefangener.
Markus stieß die Luft aus, schlenderte zur Bar und beugte sich über den Tresen. Er griff nach einer Wodkaflasche, schenkte sich zwei Fingerbreit davon in ein Glas und kippte den Inhalt in einem Zug hinunter.
Was für zwei beschissene Tage!
Er goss etwas Wodka nach, besah sich Glas und Flasche und nahm beides mit zu der gepolsterten Rundecke, auf die er sich niederließ. Markus streifte die Schuhe ab und rümpfte die Nase, als sich ein Schwall üblen Schweißgestanks von den Füßen in seine Richtung ausbreitete. Hastig leerte er das Glas und schenkte erneut nach. Dann stellte er die Flasche auf dem Tisch neben der Couch ab, legte die Füße hoch und griff nach der Fernbedienung. Er kam noch dazu, den Einschalter zu betätigen, aber welches Bordprogramm G-Dawn auch immer bieten mochte, Markus bekam es nicht mehr mit. Vor Erschöpfung entglitt ihm die Fernbedienung und er schlief übergangslos ein.
14. November, 01:11 Uhr MEZ
Er konnte nicht mehr einschlafen. Es war zum Verrücktwerden. Bis zum Abendessen hatte Markus durchgeschlafen, dann war er von Sandra geweckt worden. Nach einer kurzen Dusche schlüpfte er in frische Sachen aus dem Schlafzimmerschrank. Er entschied sich für Jeans, einen grauen Strickpullover und bequeme Sportschuhe. Die Kleidung passte tatsächlich. Wem auch immer sie vorher gehört haben mochte, er musste in etwa von Markus’ Statur sein.
Das Abendessen war eher belanglos. In der Messe gesellten sich zu Narwick und den beiden Leibwächterinnen noch der Kapitän der La Lumière, sein Zweiter Offizier und eine dritte Frau, die genauso wie Sandra und Paula in enge Stretchhosen, einen schwarzen Rolli und kniehohe Lackstiefel gekleidet war. Sie war größer als die beiden anderen, vielleicht 1,78 Meter, sehr schlank und trug ihr langes, brünettes Haar genauso gelockt wie Sandra. Ihr Gesicht war oval mit hohen Wangenknochen. Sie wirkte distanzierter als die beiden anderen Leibwächterinnen, dennoch nicht minder attraktiv. Jae Narwick stellte sie Veronica und Markus als Juliette vor.
Multikulturell, der kleine Lord, dachte Markus, während er sich an den Tisch neben Veronica setzte. Eine Deutsche, eine Britin und noch eine Französin.
Es gab verschiedene Speisen, angefangen von Seezunge bis hin zu einem Filetsteak. Die Speisekarte der La Lumière war außerordentlich großzügig. Markus, der sich seit drei Tagen nur von ein paar Happen bei McDonald’s ernährt hatte, langte ordentlich zu. Aus den Gesprächen zwischen Narwick und Veronica erfuhr er kaum etwas Neues. Der britische Lord erzählte großspurig von den hohen Zielen G-Dawns zur Rettung und Verbesserung der Welt. Er ließ jedoch offen, wie genau diese Ziele erreicht werden sollten.
Markus war von dem Essen und dem Wein schläfrig geworden und zog sich rasch wieder zurück in sein Quartier. Doch statt einzuschlafen, blieb er wach auf der
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