Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Kalte Stille - Kalte Stille

Titel: Kalte Stille - Kalte Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
Vom Netzwerk:
hatte.«

    »Also muss es dort etwas geben, was ihm wertvoller war als Geld«, schlussfolgerte Jan.
    »Natürlich hat er niemandem davon erzählt, da ihm sein Vater ja eingetrichtert hatte, ihn würden sonst die Kommunisten holen. Und so wusste kaum einer vom heimlichen Grundbesitz der Wagners.« Rauh beugte sich ein wenig zu Jan vor und sah ihm tief in die Augen. »Zu der Zeit, als Ihr Freund Marenburg angegriffen wurde, war ich auf dem Vermessungsamt. Genauer gesagt beim Leiter der Behörde, den ich schon seit der Schule kenne. Ich habe mir Luftaufnahmen und Karten des Fahlenberger Forsts geben lassen und das Grundstück der Wagners herausgesucht. Öffnen Sie mal das Handschuhfach.«
    Jan öffnete die Klappe und nahm einige Kopien heraus, die in einer Klarsichthülle steckten. Er sah die Linien und Markierungen, die den Parkplatz auswiesen, auf dem sie jetzt standen.
    »Sehen Sie sich das zweite Blatt an«, sagte Rauh. »Vor allem den Wegverlauf.«
    Jan nahm das Blatt heraus und erkannte den eingezeichneten Forstweg, der sich von der Straße aus in den Wald schlängelte und sich dort verzweigte.
    Mit seinem manikürten Fingernagel tippte Rauh auf die Kopie. »Mein Schulfreund hat mir zu dieser Stelle hier etwas Hochinteressantes erzählt. Etwas, das nur die wenigsten Fahlenberger wissen. Diesen Parkplatz hier gibt es schon seit sehr vielen Jahren. Anfangs war es noch ein Ablageplatz für Holzstämme, aber dann, gegen Ende des Zweiten Weltkriegs, wurde diese Fläche betoniert und die Umgebung zum militärischen Sperrgebiet erklärt. Man vermutet, dass die Straße nach Kössingen als geheime Startbahn für Kampfflugzeuge gedacht war. Etwas Ähnliches gab es ungefähr zwanzig Kilometer von
hier entfernt, nahe der Autobahn. Diese große Betonfläche war eine Art Hangar, von dem seinerzeit ein Teil überdacht gewesen sein muss, höchstwahrscheinlich mit einer hölzernen Tarnkonstruktion.«
    Jan sah aus dem Fenster, und auf einmal erschien ihm dieser riesige Parkplatz mitten im Wald in völlig neuem Licht. Früher hatte er gedacht, man habe ihn für die Forstarbeiter und Touristen gebaut und sich so die Größe dieser freien Fläche erklärt. Nun aber erschienen ihm hier für einen Moment die geisterhaften Schemen der Flugzeuge und der Männer, die an dieser Stellung ihren Dienst verrichtet hatten. Piloten, Soldaten, vielleicht auch Fluglotsen und Funker.
    »Gleich daneben grenzt Wagners späterer Grundbesitz an«, sagte Rauh, der noch immer auf die Kartenkopie deutete. »Und das Stück, das an den Parkplatz anschließt, hat Alfred behalten. Ist immer noch recht beachtlich, aber bei weitem kleiner als der ursprüngliche Besitz. Wie gesagt, ihm blieb am Ende etwas weniger als die Hälfte.«
    »Ich glaube, ich verstehe, auf was Sie hinauswollen«, sagte Jan und sah zu den Büschen am Ende des Parkplatzes hinüber. Dahinter ragte dichter Mischwald auf. »Wenn dies hier eine geheime militärische Stellung gewesen ist und es einen Unterstand für die Flugzeuge gegeben hat, dann muss es hier auch ein Quartier für die Mannschaft gegeben haben. Einen … Bunker.«
    Den Blick starr auf die Bäume gerichtet, flüsterte er das Wort mit kaum hörbarer Stimme.
    Rauh nickte. »Wenn er gut getarnt ist, dann wäre es nicht verwunderlich, dass man ihn damals nicht gefunden hat, als man mit Hundestaffeln den Wald nach Ihrem Bruder abgesucht hat.«

    »Die Unterirdischen«, sagte Jan. »Das hat Alfred gemeint. Sven sei jetzt einer der Unterirdischen. Er muss in diesem Bunker gewesen sein.«
    »Was ist«, fragte Rauh und nahm eine Taschenlampe aus dem Handschuhfach, »helfen Sie mir beim Suchen?«

60
    Zu Fuß folgten Jan und Rauh dem Zufahrtsweg, der sich immer tiefer in den Wald wand. Mit Rauhs Wagen wären sie nicht weit gekommen, denn der Weg war von den tiefen Reifenfurchen der Forstfahrzeuge durchzogen und für einen normalen Pkw unpassierbar.
    Die beiden Männer hielten sich in der Mitte des Weges, wo der Boden noch am besten begehbar war. Um sie herum waren nur die Wintergeräusche des Waldes zu hören. In weiter Ferne krächzte eine Krähe, hie und da fielen kleine Schneehaufen aus dem Geäst, und gelegentlich hörte man ein Knacken im Unterholz.
    »Wird nicht einfach sein, hier etwas zu finden«, sagte Rauh und blieb stehen. Er vergrub die Hände in den Jackentaschen und ließ den Blick umherschweifen.
    Jan behielt Rauhs verborgene Hände im Blick. Rauh musste dies bemerkt haben. Er stieß den Atem durch die Nase aus, der in der

Weitere Kostenlose Bücher