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Kalte Stille - Kalte Stille

Titel: Kalte Stille - Kalte Stille Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wulf Dorn
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mitgebracht«, sagte Jan und legte eine Plastiktüte auf den Tisch. »Zwei Stangen, wie vereinbart.«
    Liebwerks Grinsen wurde noch breiter. Er spähte in die Tüte und nickte zufrieden.
    »Die Vereinbarung war, dass ich die Akte suche , nicht wahr? Nun, dann haben wir jetzt beide unseren Teil erfüllt.«
    »Wie meinen Sie das?«
    Liebwerk ließ die Zigaretten in einer der Schubladen verschwinden. »Die Patientin hieß Alexandra Marenburg, richtig? Das Jahr war 1985?«

    »Ja. Und?«
    »Ich bin sämtliche Kartons dieses Jahrgangs durchgegangen, aber eine Alexandra Marenburg war nicht dabei.«
    Jan schüttelte verwundert den Kopf. »Das kann nicht sein. Sie war 1985 Patientin in dieser Klinik, das weiß ich sicher.«
    »Trotzdem gibt es keine Akte«, sagte Liebwerk und griff mit seinen dürren Fingern nach dem Zigarettenpäckchen, das auf dem Tisch lag. »Entweder wurde damals keine Akte angelegt, oder sie hat nie den Weg ins Archiv gefunden. Das heißt …«, er ließ sein Feuerzeug aufschnappen, »in der langen Zeit kann natürlich mal etwas abhandenkommen.«
    Jan stieß einen enttäuschten Seufzer aus. In der Tat konnte es passieren, dass ein Arzt vergaß, eine Akte ins Archiv zu schicken, aber es erschien ihm doch ziemlich seltsam, dass es ausgerechnet Alexandras Akte war, die fehlte.
    »Könnte es nicht sein, dass die Akte, nun ja, einfach falsch abgelegt worden ist?« Jan versuchte, es nicht wie einen Vorwurf klingen zu lassen.
    Liebwerk legte den Kopf schief. »Hören Sie, junger Mann, es sieht vielleicht nicht danach aus, aber ich habe den Laden hier im Griff. Hier wird nichts falsch abgelegt .«
    »Nein, so war das nicht gemeint«, wehrte Jan ab. »Aber jeder kann mal Fehler machen.«
    Liebwerk sog an seiner Zigarette und sah dabei aus, als wolle er sie mit einem Zug bis zum Filter niederrauchen.
    »Man lässt mich hier unten zwar versauern, aber eins wird Ihnen jeder Klinikmitarbeiter bestätigen: Wenn ein
Hieronymus Liebwerk etwas anpackt, dann macht er das gewissenhaft.«
    »Falls ich Sie beleidigt haben sollte, tut es mir leid«, sagte Jan und meinte es auch so. »Es erscheint mir nur merkwürdig, dass ausgerechnet diese Akte verschwunden sein soll. Gibt es irgendeine Möglichkeit herauszufinden, was aus der Akte geworden ist?«
    »Nein«, entgegnete Liebwerk. »Heutzutage kann ich in meinen schlauen Computer schauen und sehen, ob eine Akte angelegt wurde und wo sie sich befindet, aber diese alten Fälle wurden nie erfasst. Wie gesagt, wenn der Aktenvernichter funktionieren würde, gäbe es den Kartonberg nebenan längst nicht mehr.«
    Er brach in einen Hustenanfall aus, ehe er hinzufügte: »Die beiden Stangen werde ich trotzdem behalten. Hat mich fast drei Stunden gekostet, diese staubigen Schachteln durchzusehen. Aber dafür haben Sie etwas bei mir gut.« Wieder brach er in Husten aus.
    »Sie sollten das Rauchen aufgeben«, konnte Jan sich nicht verkneifen anzumerken. »Man hört das Rasseln Ihrer Lunge schon ohne Stethoskop.«
    »Ach was«, Liebwerk grinste wieder. »Rauchfleisch hält länger. Nicht gewusst?«
    Auf dem Rückweg zur Station musste Jan an einen Reim aus seiner Jugend denken.
    Siehst du die Leichen unten im Tal?
    Das waren die Raucher von Reval.
    Siehst du die Leichen am Wegesrand?
    Das waren die Raucher von Stuyvesant.
    Siehst du die Leiche dort im See …
    Die Leiche im See.
    Alexandra.

    Warum war ausgerechnet ihre Akte nicht mehr vorhanden? War das auch nur so ein merkwürdiger Zufall, so wie die verblüffende Ähnlichkeit zwischen Alexandra und der jungen Frau von der Brücke? Für Jans Gefühl waren das eindeutig ein paar Zufälle zu viel.

18
    Von: Nathalie Köppler
An: Carla Weller
Betreff: !!!
    Carla! Wo steckst Du???? Ich finde Deine verdammte Handynummer nicht. Melde Dich!!! Ich weiß nicht mehr, was ich tun soll. Es gibt ihn wirklich!!! Es war keine Einbildung! Der Dämon aus meinem Kopf ist real!!! Er ist in mir!!! Ich halt das nicht mehr aus. Mit ihm kann ich nicht darüber reden, er schickt mich sonst zurück. Was soll ich bloß machen???? Carla, meld Dich bitte!!!!!!
     
    Mit ernster Miene studierte Polizeihauptmeister Kröger den Ausdruck der E-Mail. Dabei ließ er sich Zeit, als wolle er jedes einzelne Satzzeichen in Nathalies Nachricht auswendig lernen.
    Carla rutschte nervös auf dem unbequemen Besucherstuhl hin und her. Sie fröstelte. Im Fahlenberger Polizeipräsidium schien die Heizung auf Sparflamme zu laufen, und Carla hatte sich noch nicht von den

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