Kalte Wut
mein Zimmer und mache mich ein bißchen frisch«, sagte sie. »Dann komme ich hierher zurück, wenn es Ihnen recht ist.«
»Ja. Kommen Sie, sobald Sie so weit sind. Ich frage mich immer noch, wieso Weatherby in diesem Zug war …«
Philip sah auf die Uhr, sobald er in seinem Zimmer angekommen war und seinen Rucksack in einem großen Kleiderschrank deponiert hatte. Er hatte eine halbe Stunde Zeit, um das Cafe Sigrist zu finden – den Ort, an dem er Ziggy Palewski finden konnte. Für heute war es schon zu spät – Palewski hatte gesagt, zwischen zehn und elf Uhr vormittags –, aber Philip wollte zumindest herausfinden, wo das Cafe war.
Er fuhr mit dem Fahrstuhl hinunter ins Erdgeschoß, verließ das Foyer aber nicht sofort. Er wollte erst sicher sein, daß Paula ihm nicht folgte. Sie war durchaus imstande, auf sich selbst aufzupassen, aber wenn sie in der Nähe war, würde er ständig das Gefühl haben, sie beschützen zu müssen.
Er beschäftigte sich ein paar Minuten damit, ein paar alte, gerahmte Drucke an der Wand zu betrachten. Er hatte sich ausgerechnet, daß er für seine Suche nach dem Cafe Sigrist ausreichend Zeit haben würde, wenn er über die Fußgängerbrücke ging. Er warf einen Blick nach links und sah, wie ein Motorradfahrer mit seinem Helm in der Hand auf die Rezeption zuging. Er konnte deutlich hören, was er sagte.
»Haben Sie vielleicht eine Nachricht für Magda Franz?«
Philip stand ganz still da. Magda Franz, hatte Tweed gesagt, war der Name der Frau, die Captain Sherwood umgebracht hatte.
Der Mann an der Rezeption öffnete eine Schublade.
»Ja, hier ist eine Nachricht für Madame Franz.«
Er händigte dem Motorradfahrer einen verschlossenen Umschlag aus, den dieser in eine Tasche stopfte. Dann eilte er, seinen Helm wieder aufsetzend, aus dem Hotel. Philip folgte ihm rasch.
Er fluchte innerlich, als er den Motorradfahrer bereits auf dem Sattel seiner Maschine sah; er trat den Kickstarter nieder und brauste gleich darauf davon. Philip hielt Ausschau nach einem Taxi, aber es war nirgends eines in Sicht – wie gewöhnlich, wenn man dringend ein Taxi brauchte. Philip tröstete sich mit dem Gedanken, daß ein Taxi ohnehin nicht schnell genug gewesen wäre, um mit einem Motorradkurier Schritt zu halten.
Er kehrte zu den Fahrstühlen zurück, fuhr hinauf und klopfte an die Tür von Tweeds Suite. Paula ließ ihn ein.
»Eine unerfreuliche Neuigkeit«, sagte Philip und erstattete ihnen Bericht.
»Also ist Teardrop jetzt in Salzburg«, sagte Tweed nachdenklich. »Und ich glaube, ich weiß, auf wen sie es abgesehen hat. Ziggy Palewski.«
»Zumindest habe ich ihn vor ihr gewarnt.«
»Ja, aber wir haben es mit einer sehr cleveren Frau zu tun.
Philip, können Sie sich mit Palewski in Verbindung setzen?«
»Nicht vor zehn Uhr morgen früh im Cafe Sigrist, wie ich Ihnen schon sagte.«
»Dann bleibt uns nichts anderes übrig, als bis dahin zu warten.«
»Ich werde nicht warten«, sagte Philip. »Ich lasse das Mittagessen ausfallen und wandere statt dessen in der Altstadt herum. Vielleicht habe ich ja Glück und sehe Palewski. Bis später …«
»Sie haben nicht versucht, ihn zurückzuhalten«, bemerkte Paula überrascht, als sie allein waren.
»Absichtlich. Philip braucht ständig etwas, das seine Gedanken beschäftigt. Er kann auf sich selbst aufpassen. Und wir beide gehen jetzt hinunter zum Essen.«
Philip, eingemummt in Lammfellmantel, Motorradhandschuhen und Pelzmütze, überquerte raschen Schrittes die Fußgängerbrücke über die Salzach. Von den Bergen wehte ein bitterkalter Wind über den Fluß und ließ seine Wangen erstarren. Er war so darauf versessen, in die Altstadt zu gelangen, daß er es kaum bemerkte.
Als er die jetzt menschenleere Promenade entlangging, hatte er das starke Gefühl, daß ihm jemand folgte.
Er wurde langsamer und stapfte über den festgefrorenen Schnee, bis er die Läden erreicht hatte; dann passierte er einen modernen, arkadenähnlichen Eingang, der zu nichts anderem führte als einer gewundenen Treppe. Der Eingang war mit Marmor gepflastert, und auf einem Schild stand
Cafe Sigrist.
Erster Stock.
Palewski hatte gesagt, das Cafe befände sich im ersten Stock.
Er ging langsam an einer teuer aussehenden Konditorei vorbei, in deren Schaufenster Torten mit massenhaft Schokolade und Sahne ausgestellt waren. Dann drehte er sich um, als wollte er die Aussicht bewundern. Das auffallendste Gebäude am anderen Ufer war der Österreichische Hof. Jetzt, im vollen
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