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Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten

Titel: Kalte Zeiten - Toporski, W: Kalte Zeiten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Werner Toporski
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schlagen euch alle zusammen!«
    Sie haben Werkzeug dabei und bearbeiten damit die Tür.
    »Kommt!«, zischelt Mama uns zu.
    Sie nimmt den Säugling in ihren Arm und stellt sich im Dunklen mit uns drei anderen direkt neben den Eingang. Wolfi nimmt sie an die Hand und zu Huppe und mir sagt sie: »Sobald sie drinnen sind, rennen wir raus!«
    Ich bin gespannt wie eine Feder, kann sofort losschnellen.
    In diesem Moment brechen die Männer durch die Tür.
    Einen Augenblick stehen sie in der Finsternis des Raums, und ehe sie sich orientieren können, fliehen wir in ihrem Rücken hinaus, stürmen die Stufen hinauf und quer über den Hof in den Park.
    Im dichten Gebüsch verstecken wir uns und horchen. Es bleibt still, niemand ist hinter uns her! Aus dem Keller hört man die Männer. Was die wohl noch plündern wollen? Wir haben Angst.
    Es regnet und die Nässe dringt rasch durch unsere dünne Kleidung. Die Kleine fängt an zu weinen. Mama versucht sie zu beruhigen, aber es gelingt nicht. Auf Umwegen gehen wir zur Schreinerei und klopfen. Michał öffnet und sieht Mama tränenüberströmt.
    »Wchodźcie« 10 , sagt er.
    Diese Nacht schlafen wir in den Hobelspänen.
     
    Das Neugeborene will nicht gedeihen. Stillen kann Mama es kaum bei dem wenigen, das sie selber zu sich nimmt, und womit sonst soll sie es satt bekommen? Sie tut alles, was sie kann, um es durchzubringen, aber es kümmert dahin!
    Vorgestern hat es noch Fieber bekommen. Es wird immer weniger und ist jetzt auch ganz still.
    Wir gehen alle zusammen in den Park an den See und Mama tauft das Kleine. Dann sitzen wir lange da und Mama hält das Schwesterchen im Arm. Ich gucke immer wieder hin. Schließlich verlöscht es wie ein Lichtlein.
    Am Abend begraben wir es auf dem kleinen Friedhof, wo nur Deutsche begraben liegen.
    »Der Herr hat’s gegeben, der Herr hat’s genommen«, sagt Mama.
    Ich kann nur heulen.

TYPHUS
    Die Flöhe haben es schon lange herausgefunden, dass bei uns im Keller was zu holen ist. Aus der Deckung des Strohs fallen sie über uns her und wir können uns ihrer nur mühsam erwehren. Die Biester sind einfach zu schnell und man erwischt deswegen nur ganz selten einen von ihnen.
    Jetzt aber haben sich noch ärgere Gäste eingestellt: Läuse. Sosehr wir uns auch gegenseitig absuchen, so sorgfältig wir jede gefundene Laus knacken und die Nissen aus den Haaren entfernen, so peinlich genau wir uns vor dem Haus auskämmen, es nützt nichts! Es bleiben immer noch genügend übrig, um neue Nachkommen in die Welt zu setzen, die uns weiter plagen. Der Schmutz, in dem wir leben, zieht die Tiere geradezu magisch an.
    Das ständige Jucken kann einen fast zur Verzweiflung bringen. Aber schlimmer ist etwas anderes: die Angst vor Krankheiten. Die Biester übertragen Fleckfieber und das ist sowieso schon gefährlich. Wir aber, abgemagert, wie wir sind, und mit nichts zuzusetzen, wir hätten da wenig Chancen. Und es ist nicht allein das Fleckfieber, vor dem wir Angst haben, es ist die Gefahr von Krankheiten überhaupt. Dreck zieht nicht nur Läuse an. Und wir leben im Dreck, auch wenn wir immer wieder versuchen, dagegen anzugehen. Aber es gibt keine Toilette, keine Seife und nur eine einzige Waschschüssel für so viele Menschen!
    Dazu kommt, dass wir manchmal unseren Hunger mit allem stillen, was uns irgendwie essbar erscheint. Ich habe es noch gut, weil ich in der Schreinerei anständig versorgt werde. Aber Mama hat in der Gärtnerei schon Sämereien gegessen, von denen ihr ganz übel wurde, und andere essen grüne Äpfel oder durchsuchen sogar die Abfalltonnen.
     
    Wir haben Juli und es ist heiß draußen. Die Schwüle macht mich ganz schlapp und den anderen geht es nicht besser. Als ich zur Arbeit gehe, sagt Wolfi, dass er noch ein bisschen liegen bleiben möchte. Ich kann ihn gut verstehen.
    Aber abends liegt er immer noch auf seinem Lager, und als ich ihn anrede, antwortet er auf meine Fragen nur ganz abwesend und mit nicht viel mehr als »ja« oder »nein«.
    »Das gefällt mir gar nicht«, sagt Mama.
    In der Nacht hat er Durchfall. Er kann kaum gehen, so schlapp ist er, und wir müssen ihn jedes Mal hinausschaffen, fünf-, sechsmal die Nacht. Am Morgen ist er ganz heiß und fast bewusstlos.
    »Niemandem etwas erzählen!«, schärft Mama uns ein.
    Die Kranken werden in die Stadt gebracht, nach Kutno, und die Leute sagen, dass von dort nur die wenigsten zurückkehren. Eisern halten wir uns an Mamas Anweisung, und ich erzähle nicht einmal Władka, dass mein

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