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Kalteis

Kalteis

Titel: Kalteis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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Nicht so wie die Hungerleider hier beim Soller. Und der Gustl ihr Künstler, der soll schon ein ganz »Spezieller« gewesen sein. Immer nackt mit einer Feder bekleidet soll er herumgelaufen sein.
    »Stell dir vor, mit einer Feder, weißt, wo der die hatte, die Feder? Am Arsch hatte er die! Am Arsch! Ein ganz Perverser, wie ein Pfau am Arsch soll der die Federn getragen haben. Hat mir die Mitzi erzählt, aber bezahlt hat er gut. Das Geld, das hat er ihr immer unter das Betttuch gelegt. Nur Münzen. So sind sie halt, die Herren Künstler, lassen sich was einfallen, legen dir das Geld nicht einfach hin. Eine Münze neben die andere hat er ins Bett gelegt, das Leintuch darüber und die Schwester der Mitzi hat sich darauflegen müssen. So tun, als wüsste sie nicht, dass ihr Lohn unter dem Tuch liegt. Das hat den so richtig wild gemacht und hinterher, wie sie das Geld dann zählte, das hat er dann auch noch sehen wollen. Jedem Tierchen sein Pläsierchen, gelebt hats ganz gut dabei. Ausgelacht hats uns immer, Geld hats gehabt und auf Reisen hat er sie mitgenommen, bis sie die Syphilis gekriegt hat. Das arme Luder. Jetzt liegts draußen in Thalkirchen, in der Dermatologie. Gesehen hast du sie ja, wie sie jetzt ausschaut. Die Haare sind ihr schon ausgefallen und aussehen tut sie wie ein altes Weib. Der Künstler hat halt auch andere Musen gehabt und was meinst, wie schnell der den Schwanz eingezogen hat. Fallen hat er sie lassen. Nix mehr mit Feder und Schampus.«
    Der Hans, der auch beim Soller war, der fand die Geschichte recht lustig. Gemeint hat er noch, »der Herr Künstler wird sich halt für einen Gockel gehalten haben«, und gekräht hat der Hans dazu, immer und immer wieder, und gelacht haben sie, der Hans, die Anna und die Kathie, bis ihnen die Tränen über die Wangen liefen.
    Aber im Laufe des Abends hatten sie die Geschichte ganz  vergessen. Beim Soller setzte sich dann noch ein Blonder zur Kathie. »Ob noch ein Platz neben ihr frei ist?«, und Kathie hat nicht nein gesagt. Gefallen hat ihr der Blonde, schöne Augen hats ihm gemacht und er hat sie angelacht. Ob sie neu hier ist? Er hat sie noch nie hier gesehen, und dabei kommt er doch fast jeden Tag zum Soller. Geneckt hat er sie und wie sie hungrig wurde, ließ sie sich von ihm zu einer Suppe einladen, hatte sie doch den ganzen Tag noch nichts Warmes gegessen, nur die Brotzeit auf der Wiesn und den Hafen Kaffee. Gegen Mitternacht ist Anna aufgebrochen und Kathie ist mitgegangen. Der Blonde begleitete die beiden noch ein Stück. Hätte er doch den gleichen Weg. Und so sind sie zu dritt zurück bis in die Ickstattstraße.

Kuni
    An den Tag, an dem ich dem Mädchen begegnet bin, kann ich mich genau erinnern. Es war der 29. September 1938. Ein Donnerstag. Der Tag, an dem Mussolini in München war. So etwas vergisst man nicht. Meine Frau wollte in die Stadt rein, sich den Duce anschauen. »Den sieht man ja nicht alle Tage, und wenn wir Glück haben, können wir ihn im offenen Wagen Richtung Feldherrenhalle fahren sehen.« Ganz auseinander war meine Lisbeth wegen dem Duce, unbedingt sehen wollte sie ihn. »Er ist doch so ein stattlicher Mann.« Ich wäre schon auch gern mit ihr in die Stadt reingefahren, aber ich konnte nicht mit, ich musste ausgerechnet an dem Tag meinen Kameraden, den Zimmermann, vertreten. Der Zimmermann, der sollte am Abend einen Vortrag im Luftschutzkurs halten. War er doch wie ich seinerzeit im Krieg bei den Sanitätern gewesen. Er ist aber dann kurzfristig krank geworden und so bin ich halt eingesprungen. Die Lisbeth, ein bisschen böse war sie mir schon, weil ich nicht mit bin, die ist dann alleine in die Stadt. Bereits am Morgen, mit der Bahn. Sie wollte noch was erledigen, sich mit ihrer Cousine treffen und dann am Abend bei ihr übernachten, für den Fall, dass es spät werden würde. Ich hatte frei, weil ich doch ursprünglich mit rein wollte nach München. Außerdem musste ich auch noch meine restlichen Urlaubstage nehmen, da hätte sich die Fahrt nach München gut ergeben.
    Der 29. war noch mal ein richtig schöner Sommertag. Darum wollte ich an meinem freien Tag nicht alleine in der  Wohnung rumsitzen, und so bin ich mit meinem Fahrrad in der Frühe los. Hab meine Lisbeth noch zum Bahnhof begleitet und gleich von dort aus bin ich rüber zum Hohen peißenberg. Einen alten Kollegen besuchen. Von uns aus ist das eine schöne Tour, gerade recht für einen Ausflug.
    Bei dem Kollegen bin ich dann auch den ganzen Tag geblieben. Er ist

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