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Kalteis

Kalteis

Titel: Kalteis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Maria Schenkel
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gelacht. Da habe ich gewusst, das ist mein Mädel. So eine findet man nur einmal. Ich hatte mich auf der Stelle in sie verliebt. Am 7. Mai, da haben wir dann geheiratet. Eine so lebenslustige Person kann sich nicht umbringen, die kann sich nichts antun. Sie hat wirklich keinen Grund dazu. Keinen. Wir waren doch voller Pläne für unsere Zukunft. Der Salon, die Wohnung, Reisen. Nach Italien wollten wir. Sie hat sich das schon immer gewünscht und im Winter wollten wir zum Schifahren. Mit Freunden gemeinsam auf eine Hütte. Alles ist schon geplant.
    Wir haben schon überall nach ihr gesucht. In meiner Verzweiflung habe ich mich sogar von meiner Schwiegermutter überreden lassen und bin mit ihr zu einer Hellseherin. Marlis würde mich auslachen, wenn sie davon erfährt. Aber was soll ich machen, ich klammere mich halt an jeden Strohhalm, der sich mir bietet. Ich hätte nie geglaubt, dass ich jemals so etwas machen würde, eine Hellseherin aufsuchen. Eine gute Bekannte meiner Schwiegermutter hat den Kontakt hergestellt, und meine Schwiegermutter und ich, wir sind beide zu diesem Treffen. Ich sollte einen persönlichen Gegenstand meiner Frau mitbringen, so habe ich ihr Lieblingskleid mitgenommen. Sie trug es zu unserer Verlobung. Das Medium legte das Kleid in einem abgedunkelten Raum auf einen kleinen, runden Tisch, notierte sich das Geburtsdatum meiner Frau und legte den Zettel zu dem Kleid. Sie hatte so ein kleines Lot an einer Kette und begann die Gegenstände auszupendeln. Ich bin mir vorgekommen wie im Film Dr. Mabuse. Ich habe diesen Film mit meiner Frau gesehen und ich wusste, wie komisch sie das finden würde. In diesem Augenblick wurde mir klar, dass das Ganze nichts bringt. Dass es Unsinn ist. Und zum ersten Mal hatte ich das Gefühl, ich würde  Marlis nie mehr sehen, ich wusste, sie würde nie mehr zurückkommen. Ich wollte gehen, konnte es aber meiner Schwiegermutter nicht antun, konnte sie nicht alieine bei dieser Dame zurücklassen. Nur deshalb bin ich geblieben. Meine Schwiegermutter hatte so große Hoffnung in diesen Besuch gesetzt, ich konnte sie nicht enttäuschen. Die Hellseherin behauptete, meine Frau sei nach Südamerika ausgewandert und wohne dort in einem großen, weißen Haus. Sie müsse aber um ihr Leben fürchten, da ein Zahnarzt ihr nicht wohl gesonnen sei. Sie sehen selbst, was für ein Unsinn das Ganze war. Aber in meiner Verzweiflung war ich sogar bereit, mich auf diesen Schmarren einzulassen, ich weiß nicht mehr, was ich machen soll, ein Mensch kann doch nicht einfach verschwinden, sich in Luft auflösen?
    *
    Raus musste er. Er hielt es zu Hause nicht mehr aus. Ziellos ist er durch die Gegend gefahren. Wie immer, wenn er auf Tour war. Wie lange er schon unterwegs war? Stunden vielleicht? Er hatte keine Ahnung. Er war auf der Suche. Rastlos.
    Mit dem Fahrrad kam sie ihm entgegen. Blau-weißes Dirndlkleid. Weiße Socken und Halbschuhe. Beugte er sich beim Fahren etwas nach vorne über den Lenker, konnte er ihr unter den Rock sehen. Dieser war etwas hochgerutscht vom Auf- und Niedertreten der Pedale. Feste, stramme Beine hatte sie. Er liebte Beine wie diese. In seinen Gedanken strich er mit den Händen an ihnen entlang. Sein Blick glitt weiter. Die Beine hinauf. Die Oberschenkel rieben aneinander. Er sah, wie die weiche, warme Haut aneinanderstrich, feucht von Schweiß. Wenn er sich ganz stark konzentrierte, glaubte er sogar ihre Unterwäsche, ihren Schlüpfer sehen zu können. Weiß. Weiße Seide. Mädchen  wie dieses trugen weiße Seidenunterwäsche. Nicht diese billige graue Trikotware. Seidenwäsche, wie man sie in den feinen Wäschegeschäften kaufen konnte. Wie würde sich diese Wäsche auf der Haut anfühlen? Kühl. Kühl auf der Haut, glatt zwischen den Fingern. Er merkte, wie ihn der Gedanke in Erregung versetzte. Der Anblick der sich auf und nieder bewegenden Beine, der aneinanderreihenden Oberschenkel. Er stellte es sich vor, wie es sein würde, sie auseinanderzudrücken. Auseinanderzuschieben gegen ihren Widerstand. Er wollte ihre Gegenwehr spüren. Wollte spüren, wie sie sich unter ihm windet. Er drosselte sein Tempo. Wollte nicht zu früh an ihr vorbeifahren. Wollte den Anblick auskosten bis zum letzten Augenblick. Dachte an die seidene Wäsche und an die sich aneinanderreihenden Oberschenkel. Daran, wie er zwischen sie eindringen würde.
    Hoffte, sie würde sich wehren. Sich mit ihrer ganzen Kraft gegen ihn stemmen. Er wollte ihre Angst riechen, den Schweiß schmecken.

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