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Kalter Amok

Titel: Kalter Amok Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: David L. Lindsay
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der Hand, als versuche er auf diese Weise, mit seinem Geschwür zu sprechen, während es Hirsch insgeheim vor dem Klinkenputzen in den Seitenstraßen rings um den Magnolia Park graute. Er roch schon die ranzigen Chemiedüfte, die im Mexikanerviertel wie ein Industriefurz in der Luft hingen.
    Mooney merkte als erster, daß Haydon nichts mehr sagen würde. Er schaute Hirsch an, der die Augenbrauen hochzog und dann mit den Achseln zuckte. Haydon war in Gedanken versunken und schien mit seinen Anweisungen am Ende zu sein.
    Mooney ergriff die Initiative, stand auf und nahm seinen Dienstrevolver aus dem Aktenschrank. Er schaute Hirsch an, der nickte, sich ebenfalls erhob und sich seinen Revolver von Mooney geben ließ.
    »Es ist uns peinlich, gleich nach dem Essen aufbrechen zu müssen…« scherzte Mooney.
    »Ed«, unterbrach ihn Haydon und schaute immer noch gedankenverloren ins Leere, »kannst du dir eine Kopie von dem Foto besorgen? Nimm es mit und zeig es herum. Es ist natürlich ein Schuß ins Blaue.«
    »Wird gemacht.«
    »Und laßt von euch hören«, sagte Haydon.
    Wieder warfen sich Mooney und Hirsch Blicke zu.
    »Wird gemacht«, wiederholte Mooney, dann gingen sie hinaus.
    Bevor sie durch den langen, grauen Korridor zu den Aufzügen gekommen waren, hatte Haydon bereits die Schachtel hervorgeholt, in der die Fotoalben der Steen lagen. Er nahm die drei Seiten mit den Bildern heraus, die in den bunten Zimmern entstanden waren, und ging mit ihnen hinunter ins Fotolabor.
    Nachdem er durch die Schwingtüren aus Milchglas gegangen war, drückte er auf den Klingelknopf auf der Theke, die den Warteraum vom Labor trennte. Auf der anderen Seite der Theke standen mehrere Schreibtische, alle verlassen, und eine Wand war mit fotografischen Kuriositäten vollgepflastert, manche alt und vergilbt, andere in überraschenden, unrealen Farben moderner, wissenschaftlicher Fotografie – Vergrößerungen, Luftaufnahmen, Mikrofotos und Kodak-Schnappschüsse. Der stechende Geruch der Entwickler-Chemikalien stach Haydon in die Nase.
    Aus dem einen der beiden Gänge, die neben der Fotowand begannen, kam ein hagerer junger Mann in einer schlechtsitzenden Uniform und wischte sich die braunfleckigen Hände an einem Papierhandtuch ab. Er schaute auf die leeren Schreibtische und schüttelte den Kopf.
    »Ich glaube, Delores ist blasenkrank«, sagte er. »Sie ist ständig auf dem Klo.« Dann kam er zur Theke herüber. »Was haben Sie?«
    Haydon legte die Blätter auf die Theke vor Randal Murray, dessen öliges, schulterlanges Haar die Regeln der Polizei aufs schwerste verletzte. Dieses Haar war Gegenstand eines fortgesetzten Kampfes gewesen, in dem Murrays Vorgesetzter den Kopfschmuck des Fotografen gegenüber dem Captain verteidigte, und zwar mit allem, was ein erwachsener Mensch als Rechtfertigung vorbringen konnte. Er erklärte, Murray sei ein »fotografisches Genie«, der beste Labormann zwischen New York und Los Angeles, und man müsse eben kreativen Persönlichkeiten gewisse Zugeständnisse machen, um den besten Mann für den Job zu bekommen. Er erklärte sogar, daß sich Murray ohnehin die meiste Zeit in der Dunkelkammer aufhalte und daß nach persönlicher Schätzung des Lieutenants nur neunzehneinhalb Prozent der Leute, die das Labor betraten, Murray zu sehen bekamen, und dann meist auch nur für Sekunden.
    Der Captain hatte sich von alledem nicht rühren lassen. Er meinte, es sei ihm egal, ob Murray hundert Prozent seiner Zeit in der untersten Schublade eines Aktenschranks verbringe – wenn er die Uniform der Polizei trage, müsse er sich auch ihren Bestimmungen unterwerfen. Entweder er lasse sich das Haar schneiden, oder der Lieutenant könnte ihm den Kündigungsbrief schicken.
    Der derart bedrängte Lieutenant versuchte den launischen Murray zu überreden, daß er sich doch das Haar schneiden ließ – drei Zentimeter, und dann vergeudete er eine Menge Energie mit dem Bemühen, den Fotografen und den Captain voneinander fernzuhalten. Diese Insubordination wurde immerhin dadurch belohnt, daß das Labor im Rufe stand, eines der besten Polizei-Fotolabors in den USA zu sein.
    »Oh, gut, Bilder aus dem wirklichen Leben«, sagte Murray, während er die Abzüge betrachtete. »Sehr aus dem Leben gegriffen. Sind Sie nicht mehr beim Morddezernat?«
    »O doch, sicher«, sagte Haydon.
    »Dann ist das eine Untersuchung, wie?« fragte Murray mit unbewegter Miene.
    »Richtig.«
    Murray lachte. »Na, ihr habt es schön.«
    »Ich brauche von jedem

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