Kalter Amok
Tagesschicht eintrafen und in Gruppen beisammenstanden, um die typische Morgenfaulheit zu vertreiben. Er ging direkt auf den Kaffeeautomaten zu, schenkte sich einen Becher ein, gab genug Milchpulver dazu, daß die Brühe die ölige Farbe von Klärschlamm annahm, und brachte den Becher mit in den Glasverschlag, den er mit Hirsch teilte. Hirsch und Mooney warteten bereits auf ihn.
Die beiden Kriminalbeamten, die eben noch über die neuesten Kürzungen im Etat der Stadt gemeckert hatten, blickten auf, sagten guten Morgen und kamen dann auf das Thema der verkommenen Straßen von Houston zu sprechen. Haydon nahm seine Beretta vom Gürtel und legte sie mit dem Halfter in die oberste Schublade des Aktenschranks, neben die Revolver von Hirsch und Mooney. Dann zog er sein Sakko aus und hängte es mit einem Drahtkleiderbügel an den Haken hinter der Tür. Als er schließlich an seinem Schreibtisch saß, nippte er an dem Kaffee, konnte kaum glauben, was die Maschine da ausgespien hatte, und trank es zuletzt doch.
»Eins nach dem anderen«, sagte er und schaute Hirsch an. »Hast du das Band zu Vanstraten gebracht?«
»Klar. Er war selbst noch da, also habe ich es ihm persönlich übergeben.«
»Gut.« Er schaute Mooney an. »Hat es Probleme gegeben, weil man dich für fünf oder sechs Tage hierher versetzt hat?«
»Ich glaube nicht. Dystal hatte schon alles vorbereitet, als ich heute morgen zum Dienst gekommen bin. Er sprach allerdings nicht von fünf oder sechs Tagen.«
»Noch besser. Ed, du solltest mit der Steen, der Parmer und der Kielman anfangen. Es muß da einen ziemlich guten Nachrichtendienst geben; Kunden, Bekannte, Freunde. Sieh zu, ob du irgendwas herausfinden kannst über diese farbigen Zimmer.«
»Okay, aber ich glaube, es wird ziemlich schwierig sein, nach gestern abend von den Mädchen was rauszukriegen«, erwiderte Mooney. »Die halten jetzt erst mal dicht. Soll ich auch mit der Croft reden? Die weiß bestimmt, was geschehen ist.«
»Nein. Das spare ich mir für später auf.«
»Glaubst du, daß sie in Gefahr ist? Sie hat bestimmt so eng mit ihnen zusammengearbeitet wie diese drei untereinander.«
»Und was denkst du?«
»Ich finde, sie ist schließlich erwachsen. Sie weiß, was gespielt wird. Wenn sie fürchtet, daß etwas faul ist, kann sie sich ja einschließen, bis sich die Situation geklärt hat.«
»Finde ich auch.«
»Habt ihr schon den Chronicle gelesen?« fragte Hirsch.
»Die haben viel Spaß gehabt mit dem roten Schlafzimmer, nicht wahr?« sagte Haydon. »Wer hat ihnen die Information gegeben?«
Hirsch schaute peinlich berührt drein. »Einer der Reporter hat einen neuen Labortechniker ausgequetscht. Der Bursche wußte noch nicht, wie man sich in einem solchen Fall verhält. Verständlich.«
»Aber nicht zu dulden. Hat schon jemand mit ihm gesprochen?«
Hirsch warf einen Blick auf Mooney. »Ich«, sagte er dann.
»Der Reporter hatte genug Details«, fuhr Haydon fort, »um die Geschichte saftig zu machen. Ich kann es ihm nicht verdenken. Es war ziemlich auffallend. Trotzdem ist es für die Presse bis jetzt ein einzelner Vorfall. Die Kielman war eine Frau, die krank wurde und starb. Die Geschichte der Steen erschien nur auf den hinteren Seiten, und von dem mexikanischen Mädchen hat überhaupt nichts in den Zeitungen gestanden. Solange niemand auf eine mögliche Beziehung zwischen den Fällen stolpert, ist es okay.«
Keiner sagte, was er dachte. Die Presse würde nicht lange stillhalten. Also mußten sie schnell arbeiten, bevor sie von den Schlagzeilen unter Druck gesetzt wurden.
Haydon schaute seine Kollegen an. »Leo, fahr im Leichenhaus vorbei und laß dir die Fotos von dem mexikanischen Mädchen geben. Dann fahr in den Magnolia Park und sieh zu, was du dort über sie herausfindest. Die anderen Mädchen haben vermutlich ein anderes Niveau, also könnte es sein, daß sie gar nicht in unsere Serie gehört. Andererseits stammt sie aus Lateinamerika.
Und damit wären wir bei den Klubs. Um die kümmere ich mich selbst. Man muß auch diese Burschen – «, Haydon langte nach einem Aktendeckel und schlug ihn auf, »– diesen Paolo Guimaraes und den Miguel de la Borda befragen. Das sind die zwei, deren Namen in den Verträgen mit der Steen auftauchen.«
Wieder nippte er an seinem Kaffee. Angewidert stellte er dann den Becher auf die andere Seite seines Schreibtisches, dicht vor die Wand.
Dann saßen sie schweigend da. Mooney betastete unwillkürlich den oberen Rand seines Magens mit
Weitere Kostenlose Bücher