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Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund

Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund

Titel: Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Eva Almstädt
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worden.
    »Ich muss Sie ein paar Dinge fragen«, sagte Marten ohne weitere Einleitung, »machen Sie ruhig weiter, ich stelle mich hier zu Ihnen.«
    August Suhr sah überrascht aus, fuhr aber im Zeitlupentempo fort, die Tassen zu spülen.
    »Wie haben Sie Ihren Sohn heute Morgen gefunden?«
    »Ich habe Schlafstörungen. Ich werde oft so gegen drei Uhr nachts wach und kann nicht wieder einschlafen. Meistens steheich dann auf und hole mir ein Glas Wasser nebenan aus dem Badezimmer. Ich sehe dann automatisch aus dem Fenster, und gestern Nacht habe ich bemerkt, dass im Abferkelstall Licht brannte. Nicht nur das rötliche Leuchten der Wärmelampen, sondern Neonlicht. Ich dachte, dass Hanno vielleicht bei einer Sau wäre, die Schwierigkeiten hat, und überlegte noch, ob ich runtergehen soll, um ihm zu helfen ...« Er brach ab und wischte sich mit dem Handrücken über die Nase. »Aber ich bin dann doch zurück ins Bett gegangen, weil ich nicht wusste, wie mein Sohn reagieren würde. Er war manchmal etwas komisch, was meine Mithilfe im Stall betraf. Er betrachtete das wohl als Einmischung. Jedenfalls ging ich wieder ins Bett und muss wohl auch noch mal eingenickt sein. Mein Wecker klingelte um halb sechs. Ich zog mich an und ging hinunter. Ich wollte nachsehen, ob Hanno immer noch im Stall ist oder ob er nur vergessen hat, das Licht auszumachen.
    Ich betrat den Stall, rief meinen Sohn und fand ihn dann am Boden liegend vor. Ich sah sofort, dass er tot ist, auch wenn es länger dauerte, bis ich es richtig begriff. Ich rührte nichts an, sondern rannte hinaus und rief bei mir im Haus die Polizei an. Erst dann ging ich hinüber zu Petra. Ich wusste gar nicht, wie ich es ihr sagen sollte. Sie hat mich auch erst gar nicht verstanden ...«
    August Suhr brach seinen Bericht ab und starrte in das schaumige Spülwasser. Eine Träne tropfte ins Becken.
    »Was geschah dann? Ich meine, bevor die Polizei eintraf?«
    »Ich versuchte, Petra davon abzuhalten, aber sie ist trotzdem in Jogginghose und T-Shirt in den Stall hinübergerannt. Das arme Mädchen ... Als sie Hanno fand, brach sie zusammen. Ich hab nicht mehr so viel Kraft, es hat mich einige Mühe gekostet, sie schließlich von ihm wegzubekommen. Als Ihre Leute endlich eintrafen, saß sie, glaube ich, immer noch auf der Futterkiste, wo ich sie hingebracht hatte. Ich wollte ja auchnicht, dass zu viele Spuren verloren gehen. Das sieht man im Fernsehen ja immer, dass nichts angerührt werden darf. Ich hab dann noch etwa zehn Minuten bei Hanno gestanden. Ich wollte so gern irgendetwas für ihn tun, verstehen Sie? Ich hörte meine Schwiegertochter natürlich im Hintergrund heulen, aber ich wusste nicht, wie ich sie trösten soll. Tot ist tot, und unser Verhältnis war nie das Beste ...«
    Er stockte in seinem Bericht und versuchte, angebrannte Essensreste aus einer Pfanne zu kratzen. Marten konnte sehen, dass er während seiner heftigen Bemühungen um das verkrustete Teil mit den Tränen kämpfte. Es musste die Hölle sein, als Elternteil sein Kind zu überleben. Es war sinnlos und grausam. Marten wartete ab und tat so, als betrachte er den Fotokalender an der Küchenwand, der eine verschneite Seenlandschaft zeigte. Er kannte das Bild schon von seinem letzten Besuch.
    Als August Suhr wieder zu sprechen begann, war seine Stimme heiser:
    »Hanno war mein einziger Sohn. Meine Frau ist davongelaufen, als Hanno gerade zwei Jahre alt war. Ich habe ihn quasi allein großgezogen. Für das Haus hatte ich zeitweise eine Wirtschafterin, aber um meinen Sohn hab ich mich immer selbst gekümmert. Das war nicht einfach bei der ganzen sonstigen Arbeit, die ich zu tun hatte. Aber dadurch war unser Verhältnis sehr vertraut. Als er Petra kennen lernte, begannen die Schwierigkeiten zwischen uns. Er hatte vor ihr auch schon Freundinnen, aber bei der hab ich gleich gemerkt, dass es ernst ist. Wissen Sie, mit den Erfahrungen, die ich mit Frauen gemacht habe, ist man natürlich auf der Hut als Vater. Aber Hanno interessierte es nicht, dass ich Petra nicht für die Richtige hielt. Sie war mir zu selbstbewusst und zu unweiblich für ihn. Hanno war sehr kinderlieb und hat sich Kinder gewünscht, aber es hat nicht geklappt bei den beiden ... Darum bleibt jetzt auch nichts mehr ...«
    Er brach wieder ab, riss den Stöpsel aus dem trüben Wasser und wandte Marten den Rücken zu. Eine Weile starrte er aus dem Fenster, seine Haltung war verkrampft.
    »Wenn Sie einen Verdacht haben, irgendeine Idee, wer Ihrem Sohn das

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