Kalter Grund - Almstädt, E: Kalter Grund
gewesen sein. Nur – wer wusste denn schon, dass der Schlüssel der Gädekes sich hier befand?«
»Das genau werden wir herausfinden müssen.«
Nur widerwillig gewöhnte sich Marten Unruh an den Gedanken, dass dieses Ferienhaus doch wichtiger war, als er bisher angenommen hatte. Pia war natürlich aus dem Schneider, wenn sie Recht behielt und die Spurensicherung nicht umsonstbestellt hatte. Aber wer hatte sich im Gädekschen Ferienhaus ein Jagdgewehr und ein Fahrzeug besorgt und dann die Benneckes erschossen? Und warum? Und wo steckte dieses verschwundene Mädchen, um das Pia seiner Meinung nach viel zu viel Aufhebens machte?
Marten Unruh hatte am Nachmittag noch einen Termin bei seinem Chef in Lübeck, und er entschied sich dafür, Pia dieses Mal mitzunehmen. Es wurde Zeit, dass sie erlebte, unter was für einem Druck Ermittlungen dieser Art standen. Sollte sie doch Gabler erklären, weshalb sie einen ganzen Tag Agnes Kontos’ Spur verfolgt hatte, während der Mörder Zeit und Muße hatte, sein nächstes Opfer ins Visier zu nehmen. Erst nach dem Treffen mit Gabler machte es Sinn, eine erneute Einsatzbesprechung mit den Eutiner Kollegen zu organisieren.
Marten beschloss, erst einmal ins Hotel zurückzufahren, um zu frühstücken. Dann würde er sich den Anforderungen dieses Tages auch wieder gewachsen fühlen.
25. KAPITEL
I ch rufe Sie später noch mal an!«, blaffte Horst-Egon Gabler in den Hörer und schmiss ihn dann auf die Gabel seiner etwas betagten Telefonanlage. Marten Unruh lehnte lässig am Besprechungstisch, seinem Stammplatz in Gablers Büro. Pia stand in der Nähe des Fensters und sah über die verstaubten Topfpflanzen hinaus in den Nieselregen. Sie wartete auf die Vorwürfe, die da über sie hereinbrechen sollten.
Gabler forderte seine Mitarbeiter nicht dazu auf, Platz zu nehmen. Er fuhr stattdessen so schwungvoll hoch, dass seinBürostuhl zurückschoss und gegen einen Aktenschrank knallte, der an dieser Stelle schon einige Macken aufwies.
»Ach ja, der Fall Bennecke, eine ganz harte Nuss!«, sagte er sarkastisch und blickte herausfordernd von einem zum anderen. Als keiner ihm daraufhin den Gefallen tat, zu antworten, beschloss er, sich auch ohne Widerworte in Rage zu reden.
»Dann geben Sie mir doch mal einen Zwischenbericht! Aber ich weiß ja schon, dass Sie so gut wie nichts zu berichten haben. Keinen konkreten Verdächtigen, kein Motiv, nicht einmal eine konkrete Spur. Sie sind seit fast einer Woche da draußen und haben nichts als ein paar unhaltbare Theorien. Wenn der Staatsanwalt das in die Finger bekommt, zerreißt er mich in Stücke! Ach was, der dreht uns mitsamt unseren Mutmaßungen gleich durch den Wolf. Die Presse geifert seit Tagen diesem ungelösten Fall hinterher: ›Die Bluttat von Grevendorf ... Der Mörder schlägt ein zweites Mal zu ... Die Polizei tappt im Dunkeln ...‹ Wir haben hier einen Ruf zu verlieren. Ganz besonders Sie, Marten Unruh, und Sie, Frau Korittki, sollten langsam beginnen, mich von Ihren Qualitäten zu überzeugen. Bisher war das alles jedenfalls nichts ...«
Er wischte ihre Ergebnisse, deren schriftliche Form vor ihm auf dem Schreibtisch lag, mit einer symbolischen Geste vom Tisch.
Es war klar, dass in diesem Fall sachliche Argumentation fehl am Platze war. Kriminalrat Gabler hatte sein Urteil bereits gefällt und wahrscheinlich konnte ihn nur eine schnelle Festnahme des Täters noch vom Gegenteil überzeugen.
Marten räusperte sich, ehe er kurz und präzise die bisherigen Ergebnisse zusammenfasste. Er endete mit der glaubhaften Versicherung, dass sie der Lösung nahe seien und bald zu einem Endergebnis kämen. Pia hoffte, dass er selbst so überzeugt war, wie er klang. Es schien Horst-Egon aber fürs Erste zufrieden zustellen, denn er lockerte seine Haltung ein wenig. Er nahm die Hände von der Schreibtischplatte, auf die er sich bisher gestützt hatte, und ließ knackend die Handgelenke kreisen.
»Also gut, ich gebe Ihnen noch ein paar Tage Zeit. Wie läuft es denn so mit den Eutiner Kollegen? Die bringen doch hoffentlich etwas Schwung in die Ermittlungen ...«, sagte er mit hämischem Unterton. »Aber nun zu Ihnen speziell, Frau Korittki ... Sie haben sich für meinen Geschmack etwas zu viel herausgenommen bei Ihren ersten Ermittlungen in meinem Team.«
»Inwiefern?«, fragte sie, denn sie fühlte sich tatsächlich unschuldig. In ihrer letzten Stellung hatte sie weitestgehend selbstständig gearbeitet, und das war honoriert und nicht moniert
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