Kalter Hauch (Ladykrimi) (German Edition)
Obduktion?«, fragte ich zaudernd.
»Ja, ich möchte wissen, ob das mit Peggys Unfruchtbarkeit stimmt.«
»Und wenn nicht?«
»Dann mache ich diesen Kerl kalt«, sagte Miriam Landsbury eisig. In ihren stahlblauen Augen war ein Glitzern, das mich erschreckte. Eine nahezu wilde Entschlossenheit lag in diesem funkelnden Blick. »Dann werde ich ihm heimzahlen, dass er vielleicht zwei Leben zerstört hat.«
»Wieso zwei Leben?«, fragte ich. »Du lebst doch noch?«
»Wie? Ach ja. Natürlich ja.« Sie sagte diese Worte ganz hastig und zerfahren. »Aber ich leide darunter, und ich weiß nicht, ob ich es verkraften kann. Mir ist, als hätte ich meine eigene Haut verlassen. Ich komme mir selber fremd vor. Aber das kann keiner verstehen.«
Diese Worte wirkten rätselhaft auf mich. Ich s chloss daraus, dass sie wirklich in einem desolaten Zustand war, diese arme Miriam. Sicherlich lag es an den Schuldgefühlen, mit denen sie sich quälte. Doch ob sie diesen Selbstmord mit finanzieller Hilfe hätte abwenden können, mochte man, angesichts der weiteren Umstände, dahingestellt sein lassen.
*
So kam ich also nach Highmoral und fand mich zurecht. Anne und Ben waren leicht zu handhaben. Beide begriffen wohl kaum, was ringsum geschah, Miss Festers kam mit den Kleinen wirklich nicht gut zurecht.
Kleinkinder quengeln nun mal gelegentlich. Man weiß nicht genau, was sie wollen, denn die Ausdrucksmöglichkeiten sind naturgemäß eingeschränkt.
Ich kam mit den Kindern zurecht. Anne war ein aufgewecktes Kind. Neugierig, wissbegierig und stets hellwach, Ben dagegen war eher träge und tapsig. Aber er konnte ganz schön eigensinnig sein.
Viel sprach er noch nicht. Seme Hauptworte waren: »Mir will nicht!« Er sagte das stets, wenn ihm etwas nicht passte.
Miriam schien durch die Kinder genervt. Sie wirkte überhaupt sehr nervös, auch noch nach der Beisetzung ihrer Schwester. Die hatte in der alten Schlossgruft stattgefunden. Nur wenige Leute waren dort gewesen, denn das Ereignis war nirgendwo bekanntgemacht worden. Die Presseleute hätten Highmoral überschwemmt ...
Man konnte sagen, dass Ruhe eingekehrt war. Und doch schien es mir, als sei gar nichts in Ordnung, als läge über allem ein Schatten, als würde eine Art von Gespenst durch die vielen Räume des alten Schlosses ziehen. Es war immer etwas von einem Gefühl der Gänsehaut da, das ich nicht greifen konnte. Ich ahnte ein Geheimnis, konnte mich aber auch täuschen ...
Ich weilte nun schon etwa drei Wochen im Schloss und dachte daran, meinen Aufenthalt zu beenden. Miriam, so schien es, hatte sich einigermaßen gefangen. Man war bemüht, ein neues Kindermädchen einzustellen. Dessen Ankunft wollte ich noch abwarten und dann wieder zu meinem gewohnten Alltag übergehen.
Doch es kam zu einem Eklat, Vorausschicken muss ich, dass Miriam eine besondere Vertraute hatte. Sie hieß Milly Burton, und ich schätzte sie auf etwas über sechzig. So weit ich wusste, hatte diese Milly Miriam seit früher Kindheit begleitet und betreut.
Sie war eine Frau, aus der man nicht richtig klug wurde. Unfreundlich war sie nicht. Aber auch nicht besonders aufgeschlossen. Nur war sie Miriam geradezu hündisch ergeben. Alles andere interessierte sie wenig. Sie genoss eine besondere Stellung, die sogar von Ken respektiert wurde.
Dann kam eben jener Tag, der sich nicht mehr aus meinem Gedächtnis verbannen ließ und der ein Auslöser war für meine seltsamen Vorahnungen.
Ich wollte mit Miriam etwas besprechen und war auf dem Weg zu ihren Räumen. Wie in vielen Familien der gehobenen Gesellschaftsschicht, bewohnten Ehepaare getrennte Räume und kamen - nun ja - zu einem bestimmten Zweck – gelegentlich zusammen.
Miriams Räume lagen im sonnigen Südflügel, wogegen Kendal den gegenüberhegenden Nordteil bewohnte. Um Miriams Trakt zu erreichen, musste man jedoch nur über einen Flur gehen.
Ich kam aus der Halle im Erdgeschoss und war ganz in Gedanken, als ich oben Miriams heftige Stimme vernahm.
»Hör endlich auf mit diesem abscheulichen Getue, Milly!«, hörte ich Miriam aufgebracht rufen. »Ich ertrage das einfach nicht länger.«
Ich stand vor der Tür.
»Aber - aber - ich bürste täglich dein Haar ...«, hörte ich die rundliche Milly erschrocken stammeln. »Ich tue es seit Jahren ...«
»Aber jetzt ist Schluss damit!«, schrie Miriam mit überkippender Stimme. »Geh mir endlich aus den Augen. Ich kann deine Gegenwart nicht länger ertragen. Dieses ständige Gefummel an
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