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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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ihn schon mal hier gesehen.«
    »Ist er Dealer?«
    »Hören Sie, ich hab gesagt, ich hab ihn gesehen. Ich hab ihn nicht verhört. Hab auch nicht seinen Lebenslauf überprüft oder so.«
    Cardinal und Delorme traten an Sami vorbei in einen Raum, der einmal Wohnzimmer gewesen, jetzt aber in ein Schlafzimmer mit einer Matratze am Boden, einem Ghettoblaster und einem Dutzend verstreuter CDs sowie einem Razor-Roller an der Wand umfunktioniert war. Irgendwo oben war eine Toilettenspülung zu hören.
    »Setzen Sie sich, Sami«, sagte Delorme. »Sie sehen ja wie der Tod auf Socken aus.«
    »Geht schon, ich kann stehen.«
    »Setzen Sie sich, Sami.« Delorme drückte ihm auf die Schultern, und Sami sank auf die Matratze. »Jetzt denken Sie mal zurück. Wann haben Sie Morris Tilley das letzte Mal gesehen?«
    »Ich glaube, das war vor ungefähr drei Wochen. Ja, vor drei Wochen. Hab ihn in der Poolhall gesehen. Toof ist ein ziemlich guter Spieler.«
    »War«, stellte Delorme richtig.
    »War.«
    »Aber er hat das Haus mit Ihnen geteilt«, wandte Delorme ein. »Wieso haben Sie ihn so lange nicht gesehen?«
    Sami zupfte an seinem Pony. »Keine Ahnung. Toof hat sich ’n neuen Bekanntenkreis zugelegt.«
    »Tatsächlich?«
    »Irgend so ’n Indianer, der ihm über den Weg gelaufen ist. Toof tat ziemlich geheimnisvoll, aber er war offensichtlich total beeindruckt von dem Kerl.«
    »Und hat der Kerl vielleicht auch einen Namen?«, wollte Cardinal wissen. »Eine Adresse?«
    »Keine Adresse. Davon hat Toof nichts gesagt. Aber der Name, weiß nicht. Black Cloud. So was in der Art. Sie wissen schon, Indianername.«
    »Sind Sie dem Mann mal begegnet? Haben Sie ihn zu Gesicht gekriegt?«
    Sami schüttelte den Kopf. Er hatte die Arme um sich geschlungen, obwohl es viel zu heiß im Zimmer war, und auf seiner Oberlippe waren feine Schweißperlen zu sehen.
    »Sie haben nicht zufällig ’ne Zigarette für mich?«
    »Leider nein«, sagte Delorme.
    »Wer wohnt noch alles hier?«
    »Wir sind sieben, soviel ich weiß. Wenn Toof nicht wiederkommt.«
    »Tut er nicht. Und wir würden gerne den erwischen, der dafür gesorgt hat. Mit wem hängt er denn außer Ihnen noch so rum?«
    Sami schien geschockt. »Ich häng mit Toof nicht rum, Mann. Er wohnt nur hier. Hat hier gewohnt.«
    »Mit wem hing er also rum?«
    »Keine Ahnung, Mann. Lassen Sie mich in Frieden, ja?«
    Cardinal klopfte mit dem Fingerknöchel Sami auf die Stirn. »Hallo-o. Sami? Ich frag Sie nicht, bei wem er sein Dope gekauft hat. Ich frag nur, mit wem er rumgehangen hat.«
    »Weiß ich doch nicht. Irgend so ’n Depp, der sich für ’ne ganz heiße Nummer hält.«
    »Ein Name«, warf Delorme ein. »Wir brauchen einen Namen.«
    Sami brüllte die Treppe hoch. »Hey, Paco! Wie heißt noch der Blödmann, mit dem Toof rumhängt, Alter? Der Typ, der diesen Machoschlitten fährt.«
    Ein kleiner, dunkelhäutiger Mann erschien auf der Treppe, das Gesicht grotesk verzerrt vor Angst. »Scheiße, Mann. Du redest mit den Bullen?«
    »Toof ist tot. Sag mir nur den gottverdammten Namen.«
    Paco kam die übrigen Stufen herunter und kratzte sich am Kopf. Von seinen Kleidern gingen Dunstschwaden Marihuana aus.
    »Der Typ mit dem Batmobile? Leon Dingsbums. Nachnamen weiß ich nicht.«
    »Wie sieht er aus?«, fragte Cardinal.
    »Keine Ahnung, Mann. Ganz normal, wissen Sie? Braunes Haar, irgendwie dreckig. Fährt so ’nen idiotischen Angeberschlitten, schwarz. TransAm oder so.«
    »Oh, warte mal«, sagte Sami. »Jetzt fällt’s mir ein. Der hat irgendwie ’ne Narbe an der Stirn. So ’ne Zickzacklinie. Ungefähr so lang.« Er hielt Daumen und Zeigefinger etwa zwei, drei Zentimeter auseinander.
    »Der Typ ist wahrscheinlich mit der Birne an die Kloschüssel geknallt«, sagte Paco und drehte sich zur Treppe um.
    »Brr, Paco. Mal halblang, mein Sohn.« Cardinal trat zwischen ihn und die unterste Stufe. »Wir müssen mit Ihnen und allen anderen reden, die hier wohnen. Holen Sie die mal alle runter. Keine Angst – wenn wir auf Schnee aus wären, würden Sie längst in der grünen Minna sitzen.«
     
    Cardinal und Delorme befragten fünf weitere junge Männer, die im Haus wohnten, einer weggetretener als der andere. Das war etwas, das Cardinal schon oft bei Heroinsüchtigen beobachtethatte: Sie waren keine üblen Burschen; sie schienen einfach nur rettungslos verwirrt. Der eine oder andere der jungen Männer, mit denen sie sprachen, hätte durchaus etwas aus sich machen können, hätte er sich nicht in die Nadel

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