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Kalter Mond

Kalter Mond

Titel: Kalter Mond Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giles Blunt
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sich, während sie hinter ihnen herwankte, die Augen und dankte ihnen für ihre Freundlichkeit.
     
    »Weißt du, woran ich mich bei Mord nie gewöhnen werde?«, sagte Delorme, als sie wieder im Wagen saßen. »Daran, wie viele Opfer es gibt außer dem einen, das stirbt.«
    »Wir werden den Kerl finden, der das getan hat, Lise. Deshalb arbeiten wir in diesem Geschäft. Erzähl mir von diesem Sam Deans, den du erwähnt hast. Hat mich ziemlich fertig gemacht da drinnen.«
    »Siehst du, das meine ich ja. Ein hochrangiger Polizist wie du lernt nicht die richtigen Leute kennen.«
    »Und, verrätst du’s mir?«
    »Sami Deans. Lebt in einer WG sozusagen. In Greenwood, wie Mrs. Tilley sagte.«
    Greenwood war eine der ersten Wohnsiedlungen, die in Algonquin Bay gebaut wurden. Früher einmal eine gute Adresse, war Greenwood wie Algonquin Bay überhaupt ein wenig heruntergekommen. Inzwischen war das Viertel vor allem ein Zufluchtsort für Leute mit einer bescheidenen Pension, die ihre Kleinwagen neben Klinkerbungalows mit leuchtend grünem Rasen parkten.
    Bedauerlicherweise hatte einige Straßen ein weniger malerisches Schicksal ereilt.
    Eine solche Straße war die Marsden Road. Sie bestand aus nur drei Häusern. Im ersten wohnte ein alter Esel, der – nicht ganz richtig im Kopf – selbst bei sengender Sonne einen Trenchcoat aus dem Zweiten Weltkrieg trug. Das zweite war vor zwei Jahren völlig ausgebrannt und aus steuerlichen Gründen weder instand gesetzt noch abgerissen worden.
    Das letzte Haus im Block war einmal ein zweistöckiger weißer Klinkerbau gewesen, doch jetzt war der Klinker grau bis schwarz. Der Rasen glich, abgesehen von den völlig kahlen Stellen, einer Abfallhalde. Verzogenes Sperrholz ersetzte fehlende Fenster. In der Einfahrt, wo jemand, wie es schien, ein Siebzigerjahre-Malibu-Modell aus großer Höhe hatte fallen lassen, wuchs das Unkraut aus dem aufgebrochenen Teer.
    »Hör dir das an«, sagte Cardinal, als sie auf das Haus zurollten.
    »Hör dir was an?«, fragte Delorme.
    »Ich höre förmlich, wie dieser Wagen rostet. Man kann das hören.«
    »Wusste gar nicht, dass du ein Autonarr bist.«
    »Bin ich auch nicht. Ich hasse es nur, wenn Maschinen misshandelt werden.«
    Sie gingen zur Haustür hoch und klopften laut an.
    »Es ist erst Nachmittag«, sagte Cardinal. »Wieso meinst du, die sind schon auf?«
    Delorme klopfte noch einmal. »Also, mir ist es egal, ob sie schon auf sind oder nicht.«
    Von drinnen kam eine Stimme.
    »Wer ist da?«
    »Polizei. Öffnen Sie die Tür.«
    Cardinal sah auf die Uhr. »Wie viel Zeit willst du denen denn noch lassen, alles das Klo runterzuspülen?«
    »Eine Minute, schätze ich. Die dürften inzwischen eine ausgefeilte Routine haben.«
    Die Tür wurde von einem jungen Mann geöffnet, dessen Kleider ihm zwei Nummern zu groß zu sein schienen. Das fettige Haar hing ihm in einem spitz zulaufenden Pony über ein Auge.
    »Sie müssen wissen, dass ich schon einen Anwalt habe«, sagte er. »Ich hab daher nicht vor, selber Fragen zu beantworten.«
    Heroinsüchtige, dachte Cardinal. Als ob sie drei Meter unter Wasser wären. Sie formulieren ihre Worte mit größter Konzentration, als ob sie sich in Sprechblasen verständigen müssten.
    »Wir sind nicht wegen Ihnen hier, Sami«, erklärte Delorme. »Jedenfalls diesmal nicht.«
    »Haben Sie einen Durchsuchungsbefehl?«
    »Wir kommen nicht, um das Haus zu durchsuchen«, sagte Cardinal. »Wir kommen nur, um Ihnen ein paar Fragen zu Morris Tilley zu stellen.«
    »Toof? Den hab ich seit Tagen nicht gesehen.«
    »Wann denn das letzte Mal?«
    Sami schüttelte sich den Pony zurück. Er blieb, wo er war.
    »Keine Ahnung. Ewigkeit her, graue Vorzeit, Mann.«
    »Geht’s etwas präziser?«, fragte Cardinal.
    »Wieso eigentlich? Habt ihr ihn schon wieder eingebuchtet?«
    »Jemand hat ihm zwei Schüsse und einen Baseballschläger über den Kopf verpasst.«
    »Oh Mann. Das ist ungeheuerlich. Das ist echt traumatisch.«
    »Es ist ein Verbrechen, Sami. Dafür werden wir jemanden hinter Gitter bringen – vorausgesetzt, wir kriegen ein paar vernünftige Informationen.«
    »Scheiße. Tut mir leid, Mann, aber ich bin gerade erst aufgewacht. Ich weiß einfach nicht, wie ich reagieren soll.«
    Wie weggetreten kann man eigentlich sein?, fragte sich Cardinal. Und die Antwort stellte sich von selber ein: So weggetreten, wie man will.
    »Kennen Sie einen Typ namens Kevin Tait?«, fragte Delorme.
    Sami zuckte die Achseln. »Ist ein Freund von Toof. Hab

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