Kalter Schlaf - Roman
Kate im Scherz mit der Zeitung nach ihm, weil sie wusste, dass er sie aufzuheitern versuchte. Joe hob sie mit Duldermiene auf, legte sie auf den Tisch, beugte sich nach vorn und sah unter zusammengezogenen Augenbrauen zu Kate auf.
»Du willst Finesse hab’n, Red? Die suchst du am falschen Ort, wenn du weißt, was ich mein.«
Kate erwiderte seinen Blick mit leicht schief gelegtem Kopf. »In deinem Südstaatenakzent liegt ungefähr so viel Finesse wie in dem Zeug, das ich gelesen habe. Ich fahre jetzt zu meinem zweiten Tagesjob«, sagte sie. »Solange ich ihn noch habe.«
Kate saß an dem schmiedeeisernen Tisch in ihrem Garten, hatte die Füße auf einem dazu passenden Stuhl hochgelegt. Nach dem Auftritt in der Rose Road und einigen Stunden konzentrierter Arbeit in der Universität fühlte sie sich ausgelaugt. Joes Anruf am Spätnachmittag mit dem Versprechen, später vorbeizukommen, hatte sie wieder etwas aufgerichtet. Aus der Küche klang weiter Pachelbels Kanon herüber, aber diesmal blieb seine Wirkung auf Kate aus. Als sie sich etwas anders hinsetzte, glänzten ihre braunen Beine im Licht der Gartenbeleuchtung.
Obwohl sie sich bemühte, nicht daran zu denken, kehrten ihre Gedanken immer wieder zu ihrer Situation zurück. Falls Furman ihre professionelle Integrität oder Teamfähigkeit öffentlich anzweifelte, konnte sich das auf ihre Zukunft auswirken. Dann würde es schwierig werden, weiter Karriere zu machen oder auch nur ihren Job zu behalten. Eine ähnliche Position mit gutem Gehalt würde vielleicht schwer zu finden sein, und dann würde es ihr irgendwann schwerfallen, Maisies und ihren gegenwärtigen Lebensstil zu finanzieren. Dieses Haus. Ihr Blick streifte die Klinkerwände, die Glyzinien und Sprossenfenster.
Kate trank kleine Schlucke von ihrem Wein, bis sie die Klingel hörte. Sie ging durchs Haus, um Joe hereinzulassen, und kam dann mit ihm in den Garten zurück.
Er beugte sich leicht nach vorn, stellte sein Glas auf dem Aktenkoffer zwischen seinen Füßen ab und sagte, was er auf dem Herzen hatte.
»Kate, glaub mir, wenn ich sage, dass Furman ein Schwachkopf ist. Er hat kein Recht, dich oder sonst jemanden so anzugehen, wie er es heute getan hat. In den Staaten würde er sich damit einen Prozess einhandeln. Ich habe Gander klargemacht, was ich davon halte.«
Sie schüttelte den Kopf. »Ich will dir keine Probleme machen, Joe. Oder Bernie oder … Julian. Tatsache ist, dass Furman – auch wenn er nicht beliebt ist – es verstanden hat, sich bei einigen Leuten in der Führung unserer Polizei einzuschmeicheln. Bei Leuten, die ihn nicht tagtäglich ertragen müssen. Seine Ansichten und Empfehlungen könnten Gewicht haben.«
»Dann sind diese Leute noch dümmer als er.« Joe sah auf sein Glas, bevor er wieder den Kopf hob. »Fahr bitte nicht aus der Haut, aber hast du schon mal überlegt, ob es taktisch klug wäre, sich ruhig zu verhalten und gutes Benehmen an den Tag zu legen? Oder vielleicht nur um des Effekts willen zuzugeben, dass du dich geirrt hast, um … Nein, das hab ich mir gedacht.«
»Joe, ich weiß, dass ich nicht ganz richtig gehandelt habe. Mir ist klar, dass ich mich theoretisch strafbar gemacht habe. Aber ich glaube, dass man manchmal Dinge für das … wie soll ich’s ausdrücken … Gemeinwohl tun muss.« Sie trank einen kleinen Schluck, dann sah sie ihn wieder an. »Aber damit habe ich Furman direkt in die Hände gespielt. Jetzt glaubt er, mich zu haben. Und in gewisser Weise stimmt das auch, nicht wahr?«
Kate kehrte zu einem früheren Gedanken zurück. Sie hatte sich stets über ihre Arbeit definiert, die sie liebte und die ihr in schwierigen Zeiten Halt gegeben hatte. Wie damals, als Kevin ausgezogen war. Sie hatte ihr ein emotionales Refugium geboten und gefordert, dass sie nachdachte, und hatte ihren Kopf mit theoretischen Überlegungen gefüllt. Und sie daran gehindert, sich zu sehr mit persönlichen Dingen zu beschäftigen. Aber diese Fälle nahm sie persönlich. Das Ehepaar Walker. Dianne James. Mrs. Luckman. Sie konnten nicht selbst Informationen verifizieren, um zu erfahren, was deren Töchtern zugestoßen war. Und weil sie diese Aufgabe übernommen hatte, war jetzt ihre berufliche, sogar ihre persönliche Zukunft in Gefahr. Das war doch sicher nicht richtig?
»Du bist ’ne taffe Mieze, Hanson«, sagte Joe und betrachtete sie aus halb zusammengekniffenen Augen.
Kate funkelte ihn scheinbar erbost an. »So redet niemand mehr. Nicht mal Amerikaner.«
»Raymond
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