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Kalter Schlaf - Roman

Kalter Schlaf - Roman

Titel: Kalter Schlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A J Cross
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hinausgetragen wurde, aber nicht, bevor sie gesehen hatte, wie das Mädchen behutsam auf den Rücken gedreht wurde. Chelsey. Ein blaues Auge, das Gesicht entlang des Unterkiefers geschwollen. Noch immer eine Schönheit.

74
    Am späten Samstagnachmittag wurde die Frau ins KUF -Büro begleitet, wo sie sich auf die vordere Kante eines Stuhls hockte. Joe studierte die zierliche Gestalt in einem zu weiten Regenmantel, während Bernie ihr einen Tee machte. In der Stille schweifte der Blick der Besucherin nervös umher.
    Als sie plötzlich merkte, dass Joe sich für sie interessierte, lächelte sie verkrampft. Bernie stellte ihr den Tee hin. Dann warteten sie, bis Harry Creeds Tante das Schweigen brach.
    »Er war so ein netter Junge. Ich kann nicht glauben, was er getan haben soll!« Sie verstummte und kramte ein Papiertaschentuch aus ihrer Handtasche. Dann sah sie von einem zum anderen und schüttelte den Kopf. »Dafür kann er nichts. Die Familie hat sich nicht richtig verhalten. Sie war meine Cousine. Ich war ein paar Jahre jünger, aber sogar ich konnte sehen, dass das nicht recht war.«
    Bernie, der sich ebenfalls gesetzt hatte, beobachtete sie aufmerksam. Er sah zu Joe auf. Beide schwiegen weiter.
    »Sie war sehr jung, als sie ihn bekommen hat, müssen Sie wissen.«
    Die kleine Frau biss sich auf die Unterlippe.
    »Wozu das Theater?«, fragte Joe verständnislos. »Das war in den Siebzigerjahren. Damals hat sich kein Mensch mehr über so etwas aufgeregt. Oder vielleicht doch?« Er sah Bernie mit hochgezogenen Augenbrauen an. Bernie zuckte mit den Schultern, während sie fortfuhr:
    »Sie verstehen das nicht richtig. Seine Mutter war noch nicht mal fünfzehn Jahre alt, als er geboren wurde! Die Sache ist … innerhalb der Familie geblieben.« Sie schüttelte den Kopf. »Hören Sie, ich bin nicht hergekommen, um Familiengeschichten … Ich habe das hier mitgebracht. Ich dachte, er würde es haben wollen. Versprechen Sie mir, es ihm zu geben?«
    Sie legte ein Foto auf den Tisch. Die beiden Kriminalbeamten betrachteten es schweigend.
    »Harry muss damals ungefähr dreizehn Jahre alt gewesen sein.« Sie sah zu Joe auf, dann zu Bernie hinüber. »Sie sorgen dafür, dass er es bekommt? Bitte!«
    Sie hastete hinaus, ohne den Tee getrunken zu haben, während Joe und Bernie weiterhin das Foto betrachteten. Und darüber spekulierten, wer aus der Familie Creed diese Frau geschwängert hatte, als sie noch keine fünfzehn Jahre alt gewesen war.
    »Ich tippe auf ihren Vater«, lautete Bernies abschließende Bemerkung.

75
    Am Montagmorgen wurde Kate, die blass und übermüdet war, in den Zellenblock eingelassen. Dort erwartete Superintendent Gus Stirling sie. Als sie hereinkam, trat er rasch auf sie zu.
    »Wollen Sie sich das wirklich antun, Kate?«
    Kate nickte. »Es muss sein.«
    Ihre Entschlossenheit schloss Diskussionen oder Überredungsversuche aus. Die hatte es schon in der KUF gegeben, doch Kate hatte darauf bestanden, allein hier herunterzukommen. Sie betrat mit ihrem Notizbuch in der Hand den Vernehmungsraum, in dem sie vor einer Ewigkeit mit Malins gesprochen hatte.
    Mit Stirlings Unterstützung erreichte sie den Stuhl und setzte sich langsam.
    In der Nacht zum Samstag war sie in der Notaufnahme des neuen Queen Elizabeth Hospitals versorgt und dann in ein Privatzimmer verlegt worden. Die Stiche, mit denen die neun Zentimeter lange Wunde auf der Innenseite des rechten Oberschenkels genäht worden waren, zwickten und pochten.
    Entschlossen, sich nichts anmerken zu lassen, beobachtete Kate, wie die Tür aufging. Die beiden Uniformierten, die ihn hereinführten, schienen noch immer unter Schock zu stehen. Er war viele Jahre lang einer der ihren gewesen. Fast. Kate wusste, dass sie im Raum bleiben würden. Dagegen hatte sie nichts einzuwenden.
    Er kam zwischen den beiden Beamten, die ihn begleiteten, hereingeschlendert und setzte sich Kate gegenüber an den Tisch. Sie betrachtete seine Hände. Die Handflächen lagen fast wie zum Gebet aneinander. Er trug Handschellen und einen weißen Overall, der an die Schutzanzüge der Spurensicherer erinnerte.
    Angesichts dieser Ironie lächelte Kate, dann sah sie ihm ins Gesicht. Er starrte zurück. Kate glaubte, unterdrückte Erregung zu entdecken. Sie brach das Schweigen als Erste.
    »Eine sehenswerte Vorstellung. Vielleicht etwas abgedroschen, aber …«
    »Hab dich getäuscht«, murmelte er undeutlich, während er ihr weiter ins Gesicht starrte. In die Augen. »Hab alle

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