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Kalter Schlaf - Roman

Kalter Schlaf - Roman

Titel: Kalter Schlaf - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A J Cross
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in Phyllis’ verlässlicher Obhut zurück und war als Erste bei der KUF .
    Sie öffnete die Tür des hohen Wandschranks neben dem Erfrischungsbereich und begutachtete ihr Aussehen in dem innen angebrachten Spiegel. »Schlimm siehst du aus!«, murmelte sie. Nachdem sie versucht hatte, ihre Haare zu bändigen, betrachtete sie ihr Gesicht genauer und seufzte. »Wie etwas, das Mugger ins Haus gebracht hat.« Sie begann, in der kleinen Kosmetiktasche zu wühlen, die sie auf die Abtropffläche gestellt hatte.
    »Tee oder Kaffee?«
    Kate machte einen Satz zur Seite, dann wandte sie sich um. »Jesus! Seit wann bist du da?«, rief sie und griff sich mit einer Hand an die Brust.
    Joe stand grinsend vor ihr, hielt mit Daumen und Zeigefinger einen frischen Teebeutel hoch und hatte in der anderen Hand einen Becher Kaffee.
    »Kommt mir wie ’ne Ewigkeit vor. Ich wollte bloß abwarten, ob aus deinem Monolog irgendwann ein Dialog wird.«
    Kate entdeckte verdächtiges Mitgefühl hinter seinem Grinsen und reagierte ungehalten.
    »Idiot. Hat deine Mutter dir nicht gesagt, dass man sich nicht an ahnungslose Frauen heranpirscht?«, fauchte sie, während sie weiter versuchte, ihre Haare zu glätten.
    »Nein. Diesen guten Rat hat sie sich gespart. Wie so vieles andere auch.«
    Kate schloss die Schranktür, verstaute Kamm und Kosmetikbeutel in ihrer Umhängetasche und nahm den Kaffee, den er ihr anbot.
    »Danke. Tee wäre mir lieber gewesen.«
    Bernie kam mit einer Papiertüte mit Fettflecken in der Hand hereingestürmt.
    »Sehr gut, Corrigan! Tee für mich. Mit drei Stück Zucker. Lass den Teebeutel mindestens zwei Minuten drin.«
    Kate nahm ihren Becher an den Tisch mit. Als sie sich hinsetzte, klingelte das Telefon. Joe kam herüber und nahm den Hörer ab. Er hörte kurz zu, legte auf, warf einen Blick auf die Wanduhr und sah dann zu seinen Kollegen hinüber.
    »Ich muss heute Morgen die Schießausbildung leiten, aber Connie ist bereit, euch an ›ein paar tollen Sachen‹ teilhaben zu lassen.«
    Zehn Minuten später klopfte Kate in Begleitung von Bernie an die grün verspiegelte Glastür der Abteilung Autopsie. Durch das kreisförmige Fenster konnte sie Igor, Dr. Connie Chongs Pathologie-Assistent, herankommen sehen. In Wirklichkeit hieß er Tony oder hatte einen ähnlich prosaischen Namen. Er schloss auf und ließ Kate und Bernie eintreten. Sie blieben vor den Spendern rechts neben der Tür stehen und nahmen sich Mund- und Nasenschutz und Latexhandschuhe.
    Während Kate die Handschuhe überstreifte, betrachtete sie die glatten, kalten Oberflächen der Abteilung Autopsie und überlegte sich, wie sehr Connies Beruf sich von ihrem unterschied. Obwohl sie beide mit Menschen arbeiteten, waren es für Connie Menschen ohne Stimme, während Kate beruflich mit Studenten und Neugierigen zu tun hatte, die wissbegierig und voller Fragen waren, oder mit Straftätern, die gegen gesellschaftliche Normen verstoßen hatten und voller negativer Emotionen waren, die sie unbedingt loswerden wollten – Hass, Angst, Zorn, Ablehnung. Nur sehr selten Schuldgefühle. Trotzdem hatten Connies und Kates Berufe etwas gemeinsam: Beide wurden von Theorien gesteuert, die eine gewisse Distanziertheit bewirkten.
    Als sie auf Connie zugingen, die am Untersuchungstisch wartete, spürte Kate, dass Bernie zögerte, und konnte sich denken, dass er bedauerte, vorhin im Breakfast Club in Harborne gewesen zu sein.
    Bernie horchte auf die leise surrenden, großen Deckenventilatoren und sog prüfend die Luft ein. Chemikalien. Und noch etwas anderes. Mit einem Blick zu Connie hinüber zog er seine Gesichtsmaske hoch und blieb neben Kate stehen, die hoffentlich nicht merken würde, dass seine Magennerven rebellierten.
    Connie, die weiße Gummistiefel und einen weißen Overall trug, musterte Bernie sekundenlang, dann lächelte sie ihm beruhigend zu.
    »Im Vergleich zu manchen meiner Gäste ist der Geruch sehr schwach. Bloß ein bisschen erdig«, sagte sie.
    Bernie nickte.
    Connie wandte sich kopfschüttelnd wieder dem Untersuchungstisch zu, der mit einer Folie bedeckt war. Auf dieser glatten Fläche lagen die an der Umgehungsstraße ausgegrabenen, menschlichen Gebeine.
    Kate, deren Biologieunterricht schon ziemlich lange zurücklag, konnte nur vermuten, dass sie ein mehr oder weniger vollständiges Skelett vor sich hatte. Durch den tonhaltigen Boden, in dem die Knochen mindestens fünf Jahre lang gelegen hatten, waren diese rotbraun verfärbt. Ober- und Unterkiefer waren

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