Kalter Schlaf - Roman
verrottet. Irgendeine Theorie dazu?«
Kate nickte. »Das steht in meinem Handbuch sexueller Abartigkeiten: ›Jede Veränderung oder Handlung an einem Körper bei der Ausführung eines Mordes, die nicht ausschließlich dazu dient, das Opfer wehrlos zu machen oder seinen Tod herbeizuführen, wird als Signatur bezeichnet.‹« Sie runzelte leicht die Stirn. »Tatsächlich habe ich gewisse Zweifel an Signaturen, Connie. Die Theorie, dass Mörder Visitenkarten hinterlassen, wird von vielen Seiten angezweifelt. Kommt das wirklich einmal vor, was selten genug ist, will der Täter sich in Pose werfen oder stellt sein Opfer zur Schau, um die Polizei oder die Öffentlichkeit zu schockieren. Diese ›Ihr-könnt-mich-mal‹-Geste ist vor allem typisch für Serientäter.«
Kate betrachtete erneut die Reste von Gewebeband an dem Skelett, während im Hintergrund Gummistiefel quietschten, als Igor seiner Arbeit nachging. »Das Klebeband und das Tuch könnten Signaturen sein. Was lässt sich also über den Täter sagen? Wobei ich von dem Täter spreche, weil das einfacher und wahrscheinlicher ist. Jedenfalls ist er ein Bondage-Fetischist. Daraus und aus der Tatsache, dass es vor der Ermordung dieser jungen Frau anscheinend eine Interaktion mit ihr gegeben hat, damit er diese persönlichen ›Akzente‹ anbringen konnte, schließe ich auf eindeutig sadistische Tendenzen. Er hat diese Tat sorgfältig geplant. Sie war – ist – ein Ausdruck seiner hochkomplizierten Fantasie.«
Connie trat erneut an die Arbeitsfläche und kam mit etwas zurück, das an ihrem langen Skalpell baumelte. »Dann dürfte das hier wohl keine Überraschung sein?«
Kate begutachtete das verrostete Metallding, das leicht hin und her schwang.
»Nein. Wo?«
»Am linken Arm. In der Nähe des Handgelenks.«
Kate wandte sich an Bernie.
»Wer diese junge Frau ermordet hat, war darauf versessen, sie zu einem Objekt zu machen und in seiner Gewalt zu haben, solange sie lebte. Und ich bezweifle, dass der Mörder jemand war, zu dem sie eine gefühlsmäßige Bindung hatte.«
Arme Molly.
»Scheißkerl«, murmelte Bernie, der ihre Gebeine immer noch nicht ansah.
Kate schaute Connie fragend an. »Ist sie am Fundort ermordet worden?«
»Nein.«
»Molly James ist also entführt und von ihrem Mörder an einen Ort verschleppt worden, an dem er sie gefangen gehalten hat, um ihr dies hier anzutun … und weiß Gott was sonst noch«, schloss Kate leise.
Connie nickte schweigend. Bernies Blick glitt über das Skelett.
»Hat er sonst noch was hinterlassen?«, fragte er.
»Nicht in dem Sinn, den du meinst.«
Bernie schüttelte den Kopf und trat ein paar Schritte von dem Untersuchungstisch zurück. »Nur ein Mal, wirklich nur für einen Fall, möchte ich im CSI -Land leben.«
Connie nickte erneut. »Ich weiß, was du meinst. Massenhaft Täter- DNA , dazu Fasern, Pflanzensporen und Fußabdrücke. Wünschen wir uns das nicht alle? Auf dem Planeten, auf dem wir gegenwärtig leben, habe ich die Überreste sehr sorgfältig untersucht. Hier gibt es nichts, was von anderen Menschen stammt.«
Sie sah die beiden an. »Aus diesen Überresten kann ich nicht auf eine Todesursache schließen. Aber bevor ihr geht, möchte ich euch noch etwas zeigen, das möglicherweise in Verbindung mit den ›Visitenkarten‹ steht, die Katie angesprochen hat.« Connie ging erneut zu der Arbeitsfläche und kam mit einem kleinen Gegenstand zurück, der auf einem Blatt Löschpapier lag. Kate und Bernie traten näher heran, um ihn zu betrachten.
12
Der fast gleichseitige Gegenstand war nur wenige Quadratzentimeter groß und stellenweise stark verfärbt. Als Kate sich nach vorn beugte, verstellte Connie eine der Lampen, sodass sie besseres Licht gab. Auch Bernie beugte sich nach vorn. Beide starrten den kleinen Gegenstand an.
»Drehst du ihn bitte um, Connie, damit wir die Rückseite sehen können?«
Connie nickte und benützte dazu eine schmale Pinzette. Kate starrte die Rückseite an, bis ihre Augen brannten. Einige Sekunden später richtete sie sich auf.
»Auf dieser Seite sehe ich nichts. Du vielleicht, Bernie?«
Bernie, der seine Brille vergessen hatte, beugte sich tiefer darüber. »Nichts zu erkennen«, bestätigte er.
Kate wandte sich an Connie. »Können wir das etwas genauer sehen?«
Die Pathologin griff in eine Tasche und zog ein Vergrößerungsglas heraus, das sie Kate gab. »Hier. Augenblick, ich drehe nur die meiner Ansicht nach wichtige Seite wieder nach oben.«
Kate benutzte
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