Kalter Schlaf - Roman
war es auch in ihrer Ehe gewesen – allerdings etwas weniger scharf.
Danach herrschte kurzes Schweigen. Kate, die in den Garten hinausgesehen hatte, wandte sich wieder an Kevin. »Du hast gesagt, dass du Maisies Wochenendbesuch verschieben willst. Was hast du vor, Kevin? Wozu diese Verschiebung?«
Er stellte seine Tasse sorgfältig auf die Untertasse zurück. »Wie kommst du darauf, dass ich irgendwas vorhabe?«
»Erfahrung«, sagte sie nur .
Und Nüchternheit, die mich davor schützt, mich in alten Gefühlen zu verheddern.
Kevin beobachtete sie. »Ich will nichts absagen, aber die Dinge sind … im Augenblick ein bisschen kompliziert.«
»Hör zu, du weißt, was ich dir am Telefon erklärt habe. Maisie braucht regelmäßigen Kontakt zu dir. Sie wohnt hier, und ich versorge sie sieben Tage in der Woche, außer wenn du mal ein paar Stunden Zeit für sie hast …«
»Und du bist trotzdem noch Dozentin und arbeitest bei der Polizei mit. Fleißig, fleißig«, sagte er spöttisch.
Kate wartete, blickte auf ihn hinab und beobachtete sein Gesicht, als er weitersprach, ohne ihr in die Augen zu sehen. »Ich habe mir überlegt, dass ich mich irgendwann in nächster Zukunft mehr um Maisie kümmern möchte. Sie kommt in ein schwieriges Alter, weißt du.«
»In dem ist sie längst.«
»Sei nicht sarkastisch, Kate. Das steht dir nicht. Ich denke daran, dass es vielleicht gut für sie wäre, jeweils etwas länger bei mir zu sein.«
Kates Herz verkrampfte sich, als sie an den Tisch zurückkam.
»Kevin, in diesem Vierteljahr hast du zwei von Maisies Wochenendbesuchen ausfallen lassen. Jetzt sind wir beim dritten. Es wäre vollkommen unlogisch, gegen unsere Vereinbarung zu verstoßen, was bedeutet, dass Maisie dich weniger zu sehen bekommt, und im selben Atemzug zu behaupten, dir ginge es um eine Ausweitung eurer Kontakte.«
Er war aufgestanden. Sie musterte ihn kritisch. Und plötzlich war ihr alles klar.
»Ah! Lass mich raten. Deine großartige Affäre mit Stella ist zu Ende. Du fühlst dich einsam und weißt nicht, was du mit dir anfangen sollst. Aber zugleich wandelst du wieder auf Freiersfüßen. Deshalb sind Freitage, an denen Maisie zu dir kommt, plötzlich unpassend, weil du auf der Suche nach einer Neuen bist.«
Er griff nach Matchsack und Aktenkoffer und ging damit zur Küchentür. »Darüber reden wir ein andermal. Wenn du in besserer Laune bist.«
»Meine Laune ist in Ordnung.« Er wandte sich ihr zu, wirkte durchaus gelassen. »Irgendwann kommt der Tag, an dem Maisie ihre Entscheidungen selbst treffen kann. Für diesen Fall stehe ich bereit.«
»Das wäre mal was Neues.«
»Lass dir einen Rat geben, Kate. Gewöhne dir diese Bitterkeit nicht an. Frauen in deinem Alter steht sie nicht.«
Sie funkelte ihn an.
Dann verpiss dich!
Such dir irgendein neues Flittchen Anfang zwanzig.
Sie beobachtete schweigend, wie Kevin die Diele durchquerte.
Hörte das Klicken, mit dem sich die Haustür hinter ihm schloss.
Nachdem er gegangen war, spielte sie ihr Gespräch in Gedanken noch einmal ab. Er hatte nicht nach Maisie gefragt. Er hatte sich nicht einmal dafür interessiert, wo sie war. Sie fuhr geistesabwesend mit dem Zeigefinger über die Kochbücher, die sie selten genug aufschlug. Zwischen ihnen steckte ein kleiner, ziemlich abgegriffener Band mit dem Titel Kinder zuerst: Was Erwachsene nach Ansicht ihrer Kids über Trennung und Scheidung wissen sollten. Sie zog es heraus.
Kate dachte an ihre vergangenen sieben Jahre als alleinerziehende Mutter zurück. Allein, weil Kevin sich leicht ablenken ließ. Er hatte zahlreiche Beziehungen gehabt – aber bisher nicht eine einzige mit einer Frau, die lebensklug oder mutig genug gewesen wäre, um ein intelligentes, selbstbewusstes Kind als Erweiterung ihres Duos zu akzeptieren. Kate wusste recht gut, dass sie in weit besseren Verhältnissen lebte als die meisten alleinerziehenden Mütter. In letzter Konsequenz bedeutete das jedoch, dass sie diese Rolle in absehbarer Zukunft würde weiterspielen müssen. Sie würde weiter allein für Maisies Wohlergehen verantwortlich sein.
Ihre Gedanken drifteten in eine finstere Richtung ab.
Was war, wenn Kevin sich in den kommenden zwei bis drei Jahren etwas älteren Frauen zuwandte?
Was war, wenn er eine Frau fand, die nichts gegen die Anwesenheit eines Teenagers in ihrem Haushalt einzuwenden hatte?
Kates dunkle Gedanken gingen weiter.
Was dann?
11
Am Freitagmorgen um 7:45 Uhr, nach einer unruhigen Nacht, ließ Kate Maisie
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