Kalter Schlaf - Roman
beschäftigt, die er von Bernie erhalten hatte. Kate hatte ihm ihre stenografischen Notizen übersetzen müssen, damit er die von ihr zusammengetragenen Informationen integrieren konnte.
Im Büro der KUF war es still, als Constable Whittaker hereingestürzt kam und irgendeine Hauspost auf den Tisch knallte. Er machte zackig kehrt und stürmte wieder hinaus.
Bernie sah ihm kopfschüttelnd nach. »Das hält er niemals durch, das garantiere ich euch. Viel zu diensteifrig! Hyperaktiv. Irgendwann zerstört er sich selbst. Was hat er uns gebracht?«
Er griff nach dem Umschlag, riss ihn auf. Danach herrschte einige Sekunden lang Schweigen.
»Verflucht, das darf doch nicht wahr sein! Die gottverdammte Personalabteilung bestellt mich zu einem Gesundheitscheck. Was zum … Blutdruck? Cholesterin? Übergewicht?« Er sah zu Kate hinüber. »Ah, ich verstehe. Du weißt, wer das veranlasst hat, stimmt’s?« Kate wusste, dass er keine Antwort erwartete. »Na, wartet nur! Ich gehe rauf und sage ihnen, was sie mit ihrem Check machen können!«
Die Tür knallte an die Wand.
Kate sah ihm geistesabwesend nach. Sie hatte die dürftigen Informationen über frühere Vergewaltigungsopfer durchgesehen, aber ihre Gedanken waren immer wieder zu Jody Westbrooke, der als vermisst gemeldeten jungen Frau, zurückgekehrt.
Um sich abzulenken, befasste sie sich wieder mit den Vergewaltigungen. Die KUF musste möglichst schnell mit diesen Opfern sprechen. Aber für Kate, die an die Skelette draußen an der Umgehungsstraße dachte, ragte ein Fall aus allen übrigen heraus.
Suzie Luckman. Blondes Haar, blaue Augen, einen Meter achtundsiebzig groß. Connie hatte gesagt, der in der Nähe von Janine Walkers Skelett gefundene Oberschenkelknochen stamme von einer großen Frau. Kate dachte an die drei vermissten jungen Frauen, deren Namen der Polizeicomputer ausgespuckt hatte. Keine von ihnen wurde als groß beschrieben. Die Pathologin hatte auch gesagt, sie werde eine DNA -Probe von dem Knochen nehmen, aber solange es keine Hinweise darauf gab, von wem er stammte, ließ sich vorläufig nicht viel mehr tun.
Kate las die Angaben über Suzie durch, aus denen hervorging, dass sie vor einigen Jahren nach London gezogen war. Wo mochte sie jetzt sein? Wie ließ sich feststellen, ob sie überhaupt noch lebte? Kate hatte eine Idee, war aber geneigt, sie aus Datenschutzgründen gleich wieder zu verwerfen. Dies schien jedoch die einzige Methode zu sein, Suzie Luckmans gegenwärtigen Aufenthaltsort festzustellen.
Sie massierte sich die Schläfen, dann setzte sie sich auf und spürte, wie ihr Herz jagte. Wie sie es häufig tat, wenn sie sich zwischen zwei gegensätzlichen Möglichkeiten entscheiden sollte, begann sie, die Advokatin des Teufels zu spielen.
Dass Julian überhaupt der KUF angehörte, verdankte er seinen früher bewiesenen Talenten. Als Hacker. Im Augenblick stand er unter Kates direkter Aufsicht.
Und jetzt willst du ihn um etwas bitten, das er nicht tun sollte.
Es muss getan werden.
Es hat Ähnlichkeit mit dem, was er bereits getan und wofür er großen Ärger bekommen hat.
Es gibt keine andere Möglichkeit, an diese Informationen heranzukommen. Und wir brauchen sie dringend.
Bittest du ihn um diesen Gefallen, bist du völlig im Unrecht – als seine Betreuerin, Kollegin … Freundin.
Drei junge Frauen sind bereits gestorben.
Das könnte Julians gesamte Zukunft gefährden.
Es gibt drei junge Frauen, die überhaupt keine Zukunft hatten.
Vielleicht täuschst du dich. Wahrscheinlich lebt Suzie Luckman gesund und munter. In London.
Und was ist, wenn sie nicht mehr lebt? Was ist, wenn er weitermordet?
Jody Westbrooke?
Kate schüttelte den Kopf über die möglichen Konsequenzen aus ihren Überlegungen.
»Kate …?«
Julians besorgte Stimme drang durch ihre Konzentration, und sie merkte, dass er sie beobachtete. Sie schaute zu ihm hinüber, sah sein sorgenvolles junges Gesicht, seine schmalen Schultern.
Not kennt kein Gebot. Hier geht’s um ein »übergeordnetes Ziel«.
Das behauptest du.
Die Stimme in ihrem Kopf erinnerte Kate eigentümlich an ihren Exmann.
»Julian? Sind Sie beschäftigt?«
Er hörte zu tippen auf, sah erneut zu ihr hinüber. »Ich habe noch eine halbe Stunde Zeit, bevor ich zu Matt gehe.«
Kate formulierte ihre Frage sehr sorgfältig. »Wie würde ich vorgehen, um die Adresse von jemandem herauszubekommen, der, sagen wir mal, in London lebt?«
Er starrte sie missmutig an, ohne zu antworten.
Sie machte eine
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