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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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… ach, scheiß drauf.«
    Ich seufzte und lehnte den Ellenbogen gegen das Fenster. Als ich wieder zu Pat hinübersah, betrachtete er, die Hände noch immer am Lenkrad, das Blut auf seinen Fingerknöcheln.
    »Geben Sie mir die Schlüssel, ich fahre Sie zurück.«
    »Am Arsch …«
    »Halt’s Maul und gib mir die Schlüssel!« Ich streckte die Hand aus.
    Nach kurzem Zögern holte er sie aus der Tasche und öffnete die Tür. »Hätte wissen müssen, dass du eine komplizierte Schwuchtel bist, mit so einem Nachnamen.«
    Als ich zurück an der Victoria Station war, um meinen Wagen abzuholen, dämmerte es schon. Es war erst vier Uhr. Brinks hatte mir eine SMS geschrieben, deshalb machte ich auf dem Heimweg einen kleinen Abstecher und parkte in einiger Entfernung zu seinem Haus.
    Eine Horde Spendensammler, eine Frau mit fünf oder sechs Kindern, zog von Tür zu Tür. Die kleinsten Kinder, vier oder fünf Jahre alt, waren als Engel verkleidet, wollten wohl davon profitieren, dass der Dezember drohend bevorstand. Ich beobachtete sie so lange, wie es möglich war, ohne unangenehm aufzufallen, dann stieg ich aus und dachte darüber nach, was Pat gesagt hatte. Die Vorstellung, dass mein Leben so gefährlich mit dem eines anderen verwoben war, fand ich abartig.
    Brinks stand rauchend vor seiner Hintertür und bemerkte mich erst, als ich seinen Garten betrat.
    »Verdammt noch mal!« Hastig entfernte er sich von der Tür und lief zu der Seite des Hauses, wo ich stehen blieb und im Nieselregen wartete. »So kann sie dich sehen, wenn sie aus dem Fenster guckt.«
    »Oh, schämst du dich meinetwegen?«
    »Leck mich.« Er schob mich in die Gasse neben dem Haus, wo wir an einem schlammbespritzten gelben Dreirad stehen blieben.
    »Hab deine SMS gekriegt, dass du mich sehen willst«, sagte ich.
    »Und da dachtest du, du kommst mich einfach wieder zu Hause besuchen?«
    »Ähm, ja.« Die Hände in den Taschen, zitterte ich. »Was hast du für mich?«
    Brinks’ Empörung währte nicht lange. Tat sie nie.
    »Konnte nicht viel besorgen. Wir haben das Mädchen befragt, mit dem sie sich treffen wollte, Jenny Hillier, und ihre Geschichte passt. Sie scheint wirklich zu trauern. Wir glauben nicht, dass sie lügt.«
    »Wie lautet ihre Geschichte?«
    »Dass sie sich mit Emma vor der U-Bahnstation Tottenham Court Road treffen wollte, um mit ihr zusammen einen Freund zu besuchen. Emma tauchte aber nicht auf, und ihr Handy war ausgeschaltet, deshalb dachte Jenny, Emma wäre wohl krank, und ging allein zum Haus dieses Freundes. Sie wusste überhaupt nicht, was los war, bis Pat am Abend bei ihr anrief und nach Emma fragte.«
    »Ist sonst noch was aufgetaucht bei der Obduktion?«
    »Sie hatte nichts getrunken, und Drogen konnten auch nicht nachgewiesen werden.« Er blies den Qualm in den Wind, in mein Gesicht. »Aber zwei verschiedene Spermaproben.«
    Aus dem Umriss in meinem Kopf wurden zwei. Ein grässliches Bild.
    »Wirklich?«
    »Hm. Kranke Schweine. Passt nicht zum Taxifahrer, wenn es zwei waren. Bei dem Typen gab es keinen Hinweis auf einen Komplizen.«
    »Kann ich seinen Namen haben?«
    »Ha! Kein Stück.« Brinks’ Grinsen wirkte gequält. »Noch was, in letzter Zeit wurde gegen Beamte ermittelt, die Schmiergeld angenommen haben, es gibt einige, die mich im Visier haben. In der Presse wird das heiß diskutiert, und ich weiß, dass derSuperintendent jemanden sucht, an dem er ein Exempel statuieren kann.«
    Es war eine langweilige Geschichte, die ich alle paar Monate zu hören bekam.
    »Willst du mehr Geld?«, fragte ich.
    »Ich will gar nichts.« Sein Gesicht war abgespannt, die Wangen eingefallen über der Zigarette. »Ich will einfach nur aufhören.«
    »Das geht nicht, ich habe dir schon Geld gegeben.«
    »Das kannst du zurückhaben!«
    Wenn ich mich nicht irrte, war er den Tränen nahe.
    »Das geht nicht«, sagte ich, von seiner Miene verwirrt. »Du hast dich entschieden. Ich hab keine Zeit, jemand anderes zu finden, der mit diesem Fall zu tun hat.«
    Er machte den Mund auf, als wollte er etwas sagen, besann sich aber eines Besseren.
    Es gab für ihn nichts mehr zu sagen, umgeben von der Dunkelheit, im gelben Licht, das vom Bürgersteig herüberfiel, im Wind und im grauen Regen und mit dem Blut in unseren Köpfen.
    »Tja«, meinte er schließlich. »Wir können nur hoffen, dass sie erst erschossen wurde.«
    »Ah ja, das ist bestimmt ein großer Trost für ihre Eltern … Keine Fingerabdrücke?«
    Sie kam mir einfach sinnlos vor, diese endlose

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