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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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Kaugummis. Darauf beschränkte es sich eigentlich bei den meisten. Sie lebten, pflanzten sich fort und starben, ohne einen Eindruck zu hinterlassen.
    Ich war bei meinem vierten Absinth, und Mark tanzte mit einem Kerl, den ich aus der Werbung kannte, zu Joy Division.Vielleicht derselbe Typ wie letztes Mal, ich wusste es nicht genau.
    »… und dazu diese schwarzen Stilettos. Eine Plastiktüte überm Kopf und dazu diese scheiß Stilettos!«
    »Kann nur hoffen, dass ich bei meinem Abgang genauso viel Spaß habe«, hatte Mark gesagt.
    In Zeiten wie diesen fühlte ich mich besonders allwissend. Niemand hier ahnte, wer ich war oder dass ich jeden von ihnen umbringen würde, wenn mich jemand dafür bezahlte. In meinem Ärmel war immer ein Messer versteckt, das binnen Sekunden lautlos Kleidung und Organe durchtrennen konnte.
    Der Typ, mit dem Mark tanzte, würde niemals erfahren, dass Mark sein Schreien ebenso genossen hätte, wie ihm sein Lachen zu gefallen schien.
    »Sie hat massenweise Narben an den Handgelenken, wirklich, massenweise.«
    »Wusstest du, dass dabei Endorphine freigesetzt werden?«
    »So was von spießig …«
    »He, man kann gar nicht glücklich genug sein.«
    Ein Typ, ein Skinhead, beobachtete Mark. Er sah ihm in die Augen und hielt seine Freundin wie ein Schutzschild vor sich, wahrscheinlich um den Ständer zu verbergen, den er von Marks anzüglichen Blicken bekam.
    Ich grinste in mich hinein.
    Und fragte mich, was Clare gerade machte.
    Mit dem nächsten Absinth verschwand die Nacht. Ich blinzelte, und der Club wurde durch meine Haustür ersetzt. Stunden waren in dem Glas verloren gegangen. Mark lachte über irgendwas, einen Arm um meine Schulter, wacklig auf den Beinen. Er hatte noch nie viel vertragen können. Kein Fett am Leib.
    »Immer im Kreis auf dem Gepäckband, in einer scheiß Kameratasche … Kannst du dir das vorstellen?«
    Ich hievte ihn über die Schwelle und brachte ihn zum Sofa, hatte selbst Schwierigkeiten, aufrecht zu stehen.
    »Ich bin nicht betrunken, ich muss nur … mal kurz hier liegen«, sagte er.
    Das Zimmer drehte sich, ich ließ mich ebenfalls aufs Sofa fallen. Marks Kopf lag auf meinem Knie, und er fing an, irgendwas Schiefes zu singen. Er lachte immer noch.
    Wir lachten beide, auch wenn ich nicht mehr wusste, warum.
    Plötzlich war ich müde.
    Ich fragte mich, was Clare gerade machte.
    Ich überlegte, Mark noch weiter nach ihr zu befragen, doch er war mit verschmiertem Lidstrich um die Augen eingeschlafen.

9
    Eine Adresse in meiner Tasche und eine Zigarette zwischen den Lippen.
    Durch Peckham hindurch.
    Dann Greenwich, verflucht dicker Schädel.
    Regen aus einer weißen Wolke trommelte auf die Windschutzscheibe, als ich am Fuß von Shooters Hill parkte. Mit aufgestelltem Kragen und gesenktem Kopf ging ich zu einem kleinen freistehenden Haus, betäubt vom Paracetamol.
    Ich hatte eine Adresse, eine Versicherungsnummer und eine kurze Beschreibung von Kyle Browning als kleinem Koksdealer. Schon seit Jahren vermutete ich, dass eine von Marks Quellen ein Computerhacker war, der Adressen, Telefonnummern, Fahrzeuge und sogar Krankenakten aufspüren konnte. Mark hatte nie darüber sprechen wollen, was schon in Ordnung war.
    Mitten auf der Tür prangte ein Fußabdruck, und das Holz um das Schloss war zersplittert. Ich trat leere Flaschen von der Stufe und klingelte. Nach einigen Sekunden klopfte ich, und die Tür wurde geöffnet. Vor mir stand ein kleiner hagerer Junge, der aussah, als käme er aus einem Tropensturm.
    »Hallo?«
    »Kyle da?«
    Es schien etwas zu dauern, bis die Bedeutung der beiden Worte bei ihm ankam.
    »… Kyle?«
    »Ja, Kyle. Ist er da?«
    Ein Achselzucken. »Glaub ja.«
    Der Junge ruckte mit dem Kopf und schwankte zurück ins Haus, fort von der Helligkeit.
    Ich folgte ihm und schloss die Tür. Im Halbdunkel konnte ich erkennen, dass im Flur und im Wohnzimmer junge Leute in unterschiedlichen Bewusstseinszuständen herumhingen. Plastik knirschte unter meinen Schuhen, und als ich nach unten schaute, sah ich eine zertretene Spritze.
    Schweiß, Urin und Kotze hingen in der Luft, dazu der Qualm.
    »Wo ist Kyle?«, fragte ich erneut und kämpfte gegen den Drang, mich zu übergeben.
    Der Junge drehte sich um, rieb sich die Augen und schob sich eine Strähne seines blonden Haars aus dem Gesicht. »Ähm … keine Ahnung, vielleicht oben? Gestern ist er mit ein paar Mädchen hochgegangen.«
    »Danke.«
    Der Junge brummte und schlurfte ins Wohnzimmer.
    Ich machte kehrt und

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