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Kalter Schmerz

Kalter Schmerz

Titel: Kalter Schmerz Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hanna Jameson
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inne.
    »He, Moment mal … bist du breit?«
    Sie sah mich kurz mit schwarzen Augen an und seufzte.
    »Bist du, oder?«
    »Gott, hör doch mal auf, du nervst echt wie so eine meckrige Alte.«
    Sie streckte die Arme aus, Handflächen nach oben, um zu sehen, ob es wieder angefangen hatte zu regnen. Es war schwer zu beurteilen, was man sagen sollte, wenn sie nicht mehr wütend war.
    Es war ein müßiger Streit, die Wut war schal und zu Zweifel geworden. Keiner von uns hatte die Kraft, sich noch eine originelle Beleidigung auszudenken.
    »Weißt du, ich kann mich kaum noch erinnern, wie Tony aussah«, sagte ich und setzte mich auf die Treppenstufe, wärmte meine Hand an der Glut der Zigarette. »Ist das nicht verdammt traurig?«
    Harriet zuckte wieder mit den Schultern, den Blick auf den Zaun, das Efeu und die violetten Blumen gerichtet. Abgesehen von der Augenfarbe sahen wir beide aus wie Dad, doch die dramatischen Gesichtszüge standen ihr besser.
    »Hör doch auf, so griesgrämig zu sein«, sagte sie.
    »Das ist griesgrämig?« Ich schüttelte den Kopf und musste grinsen. »Dann nehme ich dasselbe Crack, was du dir reinpfeifst.«
    »Das ist guter Shit.« Sie hob die Augenbrauen. »Du wohnst also immer noch mit Mark zusammen?«
    »Ha! Und?«
    »Na, sagen wir mal, Dad erkennt langsam einen Zusammenhang damit, dass du ihnen nie ein Mädchen vorgestellt hast.«
    Ich verzog das Gesicht. »Komm, Tony und du, ihr habt doch diese Frau mal kennengelernt, weißt du nicht mehr? Die von der Privatschule, mit dem komischen Tattoo?«
    »Egal, ich hätte kein Problem damit. Hast du momentan eine Beziehung?«
    »Nicht richtig. Es gibt da eine Frau …«, begann ich mit schiefem Grinsen. »Na ja, sie ist verheiratet, und es ist alles etwas seltsam …«
    »Verheiratet?«
    »Ja.«
    »Skandal! Wie heißt sie?«
    »Dave.«
    Harriet lachte. Es war cool, sie zum Lachen zu bringen.
    Sie setzte sich neben mich und schloss lange die Augen.
    »Schade, nicht?«, sagte sie, als sie die Augen wieder öffnete. »Dass sie den Besten von uns verlieren mussten.«
    Ich spürte einen stechenden Schmerz, tief in den Eingeweiden, und Tränen sprangen mir aus den Augen, ehe ich sie aufhalten konnte. »O Gott, Harri …«
    »Es stimmt doch.«
    »Ja, ich weiß.«
    »Weißt du, ich hab überlegt, ob ich aufhöre. Nicht komplett, aber die harten Sachen sind so teuer.«
    »Hör doch auf, so was zu sagen!« Ich warf ihr einen Seitenblick zu. »Du bist doch sogar jetzt schweinebreit.«
    »Tz, natürlich bin ich sogar jetzt schweinebreit.«
    Es gab nichts, was ich darauf erwidern konnte, ich schaute stattdessen auf mein Telefon. Ein Anruf in Abwesenheit von einer Nummer, die ich nicht kannte, eine Nachricht auf der Mailbox. Ich hielt das Telefon ans Ohr.
    » Mach dir nicht die Mühe herauszufinden, woher ich deine Nummer habe. «
    Ich hatte ein Gesicht zu der Stimme, bevor er überhaupt seinen Namen nannte. Ich stand auf und bewegte mich auf das rückwärtige Gartentor zu, ohne mir gänzlich dessen bewusst zu sein, was ich gerade tat.
    » Hier ist Matt. Wir müssen reden. In anderthalb Stunden bin ich an der South Bank vor dem National Theater. Deine Entscheidung, ob du kommst oder nicht. «
    Ende der Durchsage.
    »Was ist?«, rief Harriet von der Hintertür.
    Ich ging einige Schritte auf sie zu und warf die Zigarette weg. »Harri, ich muss los.«
    »Das ist ja wohl ein schlechter Witz.«
    »Es ist wirklich wichtig.« Ich umfasste ihre Arme, drückte sie leicht an mich. »Ich komme zurück, wenn ich’s schaffe.«
    Ihr Blick war glasig vor Enttäuschung. »Das machst du immer, du lässt mich immer in der Scheiße sitzen.«
    »Ich muss los …«
    »Hast du irgendeine Vorstellung, wie es hier ist, wenn sonst keiner da ist?«
    »Ach, komm, spiel dich nicht so auf!«
    »Das ist die Hölle, Nic! Wie sie einen angucken! Für dich ist das kein Problem, dich sehen sie nicht so oft, als dass sie denken, sie könnten dich geradebiegen!«
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. »Ich verspreche dir … ich … erklär’s dir später.«
    »Ah, leck mich!« Sie stieß mich von sich, setzte sich mit ihrer Zigarette wieder auf die Stufe und schüttelte den Kopf. »Ich wusste, dass es so kommt. Ich wusste, wenn du lange genug hier bist, würdest du merken, dass einer von ihnen früher oder später deinen ganzen Schwachsinn durchschaut. Verfluchter Feigling …«
    Fast bebend vor Wut ignorierte ich ihren Versuch, Schuldgefühle bei mir zu erwecken, ging ins Haus und gleich in

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