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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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schwitzender, rotgesichtiger Engländer, der gelangweilt ihren Pass studierte, als sie an der Reihe war.
    An der Touristeninformation bat sie um einen Stadtplan und ließ sich die Adresse in der City Mill Lane markieren.
    »Gehen Sie über die Landebahn«, sagte der Fremdenführer und deutete durch die Tür. »Dann links hinauf über die Zugbrücke und durchs Stadttor, dann sind Sie schon auf der Main Street. Wenn Sie The Plaza erreichen, halten Sie sich wieder links, und die City Mill Lane liegt dann noch ein Stück den Berg hoch.«
    Sie bedankte sich, trat hinaus und befand sich unverkennbar in England, auf der Winston Churchill Avenue. Sie rückte die Tasche auf der Schulter zurecht und überquerte das Flugfeld, das sich vom einen Meer zum anderen erstreckte.
    Hier hatte Victoria Söderström gearbeitet. Jeden Tag hatte sie den Zoll passiert und die Landebahn überquert, um zu ihrem Büro zu kommen. Oder war sie mit dem Auto gefahren? Hatte sie sich in die lange Schlange gestellt oder einen Weg gefunden, sie zu umgehen? Wofür die ganzen Umstände?
    Es musste einen triftigen Grund dafür geben, dass sie ihr Büro in Gibraltar hatte.
    Nur wenige Leute gingen zu Fuß hinüber. Vom Atlantik blies ein kalter Seitenwind, sie zog die Schultern hoch und die Ärmel ihres Pullis über die Finger. Langsam beruhigte sich ihr Herzschlag wieder. Sie zwang Lottas Worte aus ihrem Kopf, glaubst du wirklich, dass ich scharf darauf war? Vier Tage mit dir?
    Sie schüttelte sich, als würde sie frieren.
    Vor ihr standen einige schrecklich hässliche Betongebäude, an deren Fassaden Wäsche hing. Die Autos davor waren alt und rostig.
    Hier muss es eine Menge Geld geben, dachte sie, aber im Stadtbild merkt man nichts davon.
    Der Stadtkern war deutlich älter, besser instand gehalten und restlos vom Kommerz beherrscht. Die Hauptstraße war gesäumt von verschnörkelten Parkbänken, auf denen niemand saß, verzierten Laternen und Papierkörben sowie Hunderten Souvenirläden. Hier drängten sich Juweliere, Schnapsläden und Boutiquen, Warenhäuser, Handyshops und Spielzeugläden und – Gott sei Dank – Fotogeschäfte.
    Sie betrat das erstbeste und bat um eine anständige Digitalkamera mit Weitwinkelobjektiv und einer einfachen Zoomfunktion, einer großen Speicherkarte und einer aufgeladenen Batterie.
    Später kann ich damit Fotos von den Kindern machen, dachte sie. Bald bekomme ich ja das Geld von der Versicherung.
    Sie ließ sich auf einer der schnörkeligen Parkbänke nieder und überflog die englischsprachige Gebrauchsanweisung der Kamera. Sie war genauso einfach, wie sie gehofft hatte. Draufhalten und abdrücken. Blende, Verschlusszeit und Schärfe stellte die Kamera automatisch ein. Annika verstaute den Apparat und ihren restlichen Kram in der Tasche und folgte weiter der Main Street.
    Zehn Minuten später hatte sie die City Mill Lane ausfindig gemacht, eine enge verwinkelte Gasse ohne Bürgersteig, die sich an der westlichen Seite der Klippe hinaufzog.
    Sie machte sich auf den Weg nach oben und kam schnell außer Atem, weil ihre Tasche so schwer war. Die Geräusche der Hauptstraße verblassten, und bald war es vollkommen still zwischen den Häusern. Es roch nach Staub und Fleischwurst.
    Die Nummer 34 war eine braune Tür zwischen einem Reisebüro und einem Herrenfriseur.
    Der dänische Rechtsanwalt Stig Seidenfaden hatte ein sehr bescheidenes Büro im zweiten Stock des alten Hauses in der City Mill Lane. Er empfing sie mit einer korrekten Verbeugung und bat sie in einen kleinen Konferenzraum, wo schon Tee und Scones bereitstanden.
    »Sie sind also eine gute Bekannte von Rickard Marmén?«, fragte er und sah sie interessiert an. »Wie lange kennen Sie sich schon?«
    Annika nahm an der Längsseite des Tisches Platz, Stig Seidenfaden machte es sich am Kopfende bequem.
    »Wir gehen gelegentlich zusammen mittagessen«, antwortete sie, ohne weiter auf die Frage einzugehen. »Rickard hilft mir mit Kontakten …«
    Eine Sekretärin betrat den Raum und stellte eine Zuckerdose auf den Tisch, dann glitt sie auf leisen Sohlen wieder hinaus und zog die Tür hinter sich zu.
    Es entstand eine kurze, leicht angespannte Pause. Annika sah sich um. Drei Fenster nahmen fast die gesamte Front zur Straße ein. Man konnte direkt ins gegenüberliegende Gebäude schauen, in einen großen Konferenzraum, der diesem hier recht ähnlich sah. Es war sehr still. Die Sonne suchte sich einen Weg durch den oberen Teil des Fensters und ließ den Staub unter der

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