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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Luft mit sich. Sie fror in ihren kurzen Shorts.
    Gibraltar würde ein Höllentrip werden. Sie benötigten Bilder von dort, und dann musste noch ein brauchbares Porträt von dem schwedischen Jetset-Girl her. Unter Umständen war das Mädchen die einzige Person, die sie in der gesamten Artikelserie zeigen konnten, je nachdem, ob der Anwalt mitspielte oder nicht.
    Einen großen Journalistenpreis konnte man mit dieser Serie jedenfalls nicht gewinnen, das war ihr jetzt schon klar.
    Aber den würde sie mit ihren Artikeln ohnehin nie bekommen. Sie berichtete über die falschen Dinge im falschen Medium. Großpolitik mit wackeliger Handkamera war ein sicheres Mittel für eine Nominierung. Das Gleiche galt für einfühlsame Reportagen über Kinder oder alte Leute, deren Existenz von staatlichen Kürzungen bedroht war. Und natürlich Krieg. Krieg war eigentlich am einfachsten. Da reichte ein Mann mit weißer Flagge auf einer Straße im Irak, um in der Kategorie »Bild des Jahres« zu gewinnen.
    Ein paar Minuten hielt sie das Gesicht in die blutrote Sonne, dann machte sie sich auf den Rückweg zum Hotel. Mit ein bisschen Glück schaffte sie es, mit dem Frühstück fertig zu sein, bevor Lotta herunterkam.
    Sie trafen sich am Aufzug. Lotta kam heraus, als Annika gerade in den anderen Fahrstuhl einsteigen wollte.
    »Großbritannien ist kein Schengen-Staat«, sagte Annika.
»Du musst deinen Pass mitnehmen. Wir fahren in einer halben Stunde.«
    Dann schoben sich die Türen zu, und Annika entschwebte in den dritten Stock.
    Sie duschte, zog sich um, sammelte ihre Sachen zusammen und überlegte, wie sie Lotta dazu bringen sollte, Fotos zu machen.
    Ist doch total bescheuert, dass es mich bei so einer schwierigen Sache am meisten Kraft kostet, die Fotografin dazu zu bringen, ihren Job zu machen, schoss es ihr durch den Kopf.
    Sie wusste, dass Patrik sich einen total korrupten Anwalt erhoffte, natürlich einen Schweden, der mit Name und Bild darüber berichtete, wie viele Millionen er schon für die Drogenmafia gewaschen hatte.
    Sie bezweifelte stark, dass Rickard Marméns guter Freund die Absicht hatte, derlei Informationen anzubieten.
    Die Zeichen für ein ziemlich gezwungenes Interview standen nicht schlecht.
    Wie nett, dass Sie mich empfangen konnten, sagen Sie, sind Sie von der Mafia gekauft? Ach, nein? Ihre Kollegen aber schon, oder?
    Sie würde ihn schlicht und ergreifend erklären lassen, wie das System der gegen Kontrolle geschützten Unternehmen aufgebaut war, ihn fragen, ob er darin irgendwelche Gefahren oder Gesetzeslücken sah, musste den Text anschließend mit Rickard Marméns Erklärungen zur Geldwäsche ausschmücken und das Ganze auf eine Art und Weise zusammenschustern, dass der Däne am Ende als Quelle für einen Artikel dastand, für deren Inhalt er eigentlich gar nicht stand – natürlich am besten so, dass die Zeitung nicht verklagt wurde.
    Im Geiste hörte sie Anders Schymans Stimme: Alles eine Frage der Formulierung.
    Sie verließ ihr Zimmer, schloss die Tür und ging zum Aufzug.
    Lotta hatte noch mehr Ausrüstung dabei als am Tag zuvor: den Rucksack mit Kamera und Objektiven, einen großen Blitz, ein Stativ für die Kamera und ein weiteres für den Blitz, einen runden Schirm, um das Licht auszurichten, und noch eine Tasche, deren Inhalt Annika nicht einmal zu erraten vermochte.
    »Glaubst du wirklich, dass du diesen ganzen Kram brauchst?«, fragte sie.
    Lotta antwortete nicht, sondern transportierte ihre Sachen zielstrebig zum Auto. Zuerst den Rucksack, dann die beiden Stative und zuletzt den Schirm und die Tasche.
    »Wir brauchen ganz einfache Fotos«, sagte Annika. »Eigentlich nur vier Stück: ein Übersichtsbild von Gibraltar, ein Straßenbild von der Main Street, ein Porträt vom Anwalt und eines von dem Mädchen in Estepona.«
    Lotta stieg ins Auto und ließ den Motor an. Annika setzte sich auf den Beifahrersitz und nahm ihre Tasche auf die Knie. Sie zog sofort einen Packen mit Papieren, Notizen und Ausdrucken heraus und begann zu lesen. Ihr würde mit Sicherheit übel werden, aber das war ihr das Schweigen wert.
    Die Fotografin fuhr auf die N 340 und bog dann nach rechts auf die Mautautobahn. Sie sprach kein Wort, bis die Hälfte der Strecke nach Estepona hinter ihnen lag.
    »Dein Ausbruch gestern war absolut inakzeptabel«, brach Lotta das Schweigen und starrte wütend durch die Windschutzscheibe.
    »Nicht jetzt«, sagte Annika, ohne von ihrem Papierhaufen aufzusehen. »Nicht auf der Autobahn.«
    Lotta

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