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Kalter Süden

Kalter Süden

Titel: Kalter Süden Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Liza Marklund
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Annika war herzlich eingeladen, gleich vorbeizuschauen.
    Die Wohnung lag im dritten Stock eines ziemlich traurigen Sechzigerjahre-Baus. Das Treppenhaus war dunkel und roch muffig. Das einzig Neue im ganzen Aufgang schien die Tür mit der Aufschrift LINDHOLM über dem Briefschlitz zu sein.
    Vermutlich hatte die Polizei die alte Tür aufgebrochen, um in die Wohnung zu gelangen, als David ermordet worden war, dachte Annika.
    Sie klingelte und hörte von drinnen ein langgezogenes Dingdong.
    »Willkommen«, sagte Julia und machte die neue Tür weit auf. »Schön, dass du vorbeikommst. Stimmt’s, Alexander?«
    Der Junge, der im Laufe des Frühlings enorm gewachsen war, stand an der Schwelle zu seinem Zimmer und starrte Annika an. Er antwortete nicht.
    Annika stellte ihre Tasche im Flur ab und hängte die Jacke an einen Haken. Dann ging sie zu Alexander und beugte sich zu ihm hinunter.
    »Hallo, Alexander«, begrüßte sie ihn. »Gefällt es dir, dass du wieder in deinem eigenen Zimmer spielen kannst?«
    Der Junge wandte sich ab, ging ins Kinderzimmer und schloss die Tür.
    »Nächste Woche fängt er wieder in seiner alten Kita-Gruppe an«, sagte Julia. »Die Therapeuten sagen, dass er jetzt so weit ist. Bist du schon einmal hier gewesen?«
    Annika schüttelte den Kopf.
    »Es gibt auch nicht so viel zu sehen. Meine Eltern haben alles neu tapeziert und schön gemacht, während Alexander und ich draußen in Lejongården gewohnt haben. Hier ist die Küche.«
    Mit stolzer Geste präsentierte sie eine ganz gewöhnliche Sechzigerjahre-Küche mit bunten Schränken und einer zerkratzten Edelstahlspüle.
    »Genial!«, lobte Annika.
    »Ja, nicht wahr? Ich mag sie wirklich. Und hier ist das Wohnzimmer …«
    Sie betraten ein Fernsehzimmer mit Eichenparkett und Fenstern in zwei Richtungen.
    »Leider haben wir keinen Balkon«, sagte Julia, »das ist das Einzige, was mir noch fehlt. Mein Schlafzimmer …«
    Sie schob die Tür zu dem Raum auf, in dem ihr Mann ermordet worden war. Das Bett war ordentlich gemacht. Die Gardinen waren zur Seite geschoben.
    Annika blieb auf der Schwelle stehen.
    Falls Davids Interesse an der Drogenmafia finanziellen Ursprungs gewesen war, hatte er das Geld jedenfalls nicht in sein Zuhause investiert.
    »Ich weiß, was du denkst«, sagte Julia. »Du fragst dich, wie ich hier schlafen kann.«
    Annika holte Luft, um zu widersprechen, überlegte es sich jedoch anders.
    »Er ist weg, aber wir sind noch da. Das ist nicht zu ändern«, sagte Julia. »Hast du schon zu Mittag gegessen?«
    Annika schüttelte den Kopf.
    »Ich wollte Hackfleischbällchen mit Kartoffelpüree machen. Ist zwar nur ein Fertiggericht, aber es macht satt. Magst du?«
    »Gerne.«
    Sie gingen zurück in den Flur. Aus Alexanders Zimmer war Gehämmer zu hören.
    »Er hat sich in den Kopf gesetzt, eine fliegende Untertasse zu bauen«, sagte Julia. »Die Therapeuten sagen, ich soll ihn lassen.«
    Annika nahm am Küchentisch Platz, und Julia holte eine Packung Kartoffelpüree und eine Tüte vorgebratene Hackfleischbällchen heraus.
    »Wie geht es mit ihm?«
    Julia druckste um eine Antwort herum.
    »Er ist nicht mehr derselbe Junge wie früher, aber ich weiß auch nicht, was ich erwarten soll. Er war damals ja anderthalb Jahre jünger.«
    Sie hielt inne, den Pfannenwender erhoben.
    »Weißt du was?«, sagte sie und drehte sich zu Annika um. »Eigentlich ist es auch egal. Ich bin einfach unglaublich dankbar, dass ich ihn wiederhabe.«
    Annika nickte. Julia kümmerte sich wieder um ihre Hackfleischbällchen. Kurz darauf zischte die Margarine in der Bratpfanne, ein beruhigendes und heimeliges Geräusch. Die Küche war frisch gestrichen und sauber, Julia summte vor sich hin.
    Es könnte so gemütlich sein, dachte Annika, und doch störte etwas die Idylle. Vielleicht das unrhythmische Hämmern aus Alexanders Zimmer, vielleicht etwas an der spartanischen Einrichtung. Vielleicht das Echo von Davids Lügen. Er war niemals als Undercover-Polizist an der spanischen Küste eingesetzt worden.
    Aber es gab ja keine Gespenster.
    »Wie kommt ihr finanziell zurecht?«, fragte sie und versuchte, nicht zu neugierig zu klingen.
    »Die Wohnung haben wir geerbt, sonst gab es nichts. Aber David hat eine Lebensversicherung auf seine Angehörigen abgeschlossen, und das sind ja Alexander, Hannelore und ich. Das ist sogar eine ganz ordentliche Summe, davon leben wir im Moment.«
    »Und was hast du vor? Willst du zurück zur Polizei?«
    Julia schüttelte den Kopf.
    »Ich will

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